Die Botin des Koenigs reiter2
warf einen Blick auf ihren Lockenkopf und schnaubte. »Das erklärt einiges.«
Mara seufzte ausgiebig. »Jetzt besteht mein Schicksal darin, in Besprechungen zu verschmachten, neben Stallknechten, die sich seit Monaten nicht mehr gewaschen haben und sich um Getreidesäcke streiten.«
Danach erklärte sie sich für erledigt und zog sich zurück. Karigan machte sich ebenfalls daran, ihre Papiere wegzuräumen. Wie Mara träumte sie davon, dass all ihre Sorgen verschwunden wären, sie in einer Schänke saß – in einer netteren als dem Hahn – und kühles dunkles Bier trank. Das einzige Problem war, dass sie das Bild von Lil Ambrioth nicht loswerden konnte, die sie missbilligend anstarrte, und die Schuldgefühle, die dieser missbilligende Blick auslöste.
Sie stolperte den Flur entlang zu ihrem eigenen Zimmer. Gähnend zog sie die Stiefel aus und löschte die Lampe. Zu müde, um noch ihr Nachthemd anzuziehen, warf sie sich vollständig bekleidet aufs Bett.
Hauptmann Mebstone würde wieder gesund werden; sie musste einfach. Vielleicht würde Connli bald zurückkehren und die Verantwortung übernehmen, die sie und Mara sich jetzt teilten. Vielleicht hatte sie das Bild von Lil Ambrioth ja nie in ihrem Spiegel gesehen …
Innerhalb von Sekunden war sie eingeschlafen.
IM WASSEREIMER
Leider wurde am nächsten Tag keiner von Karigans Wünschen wahr. Hauptmann Mebstone blieb weiter eingeschlossen in ihrem Quartier und weigerte sich, mit jemandem zu reden. Connli war nicht wundersamerweise aufgetaucht, und Karigan musste sich immer noch um die Zeitpläne kümmern.
An diesem Morgen freute sie sich tatsächlich auf ihre Übungsstunde mit Drent. Sie brauchte eine Abwechslung von all dem Sitzen und dem Papierkram, und sie musste sich von den Problemen bei den Reitern ablenken. Wie gewöhnlich verdrosch Drent sie im Übungsring, aber zumindest gab ihr der Schmerz das Gefühl, dass sie »richtige« Arbeit leistete.
Später besuchte sie den Quartiermeister, um sich zu überzeugen, dass genügend Ausrüstung für die Reiter vorhanden war, die im Lauf der nächsten Woche ausgeschickt werden würden. Sie zählte die Zaumzeuge und Uniformen, Regale mit Bettzeug, Waffen, Feuersteinpäckchen und Kochgeschirre. Als Nächstes ging sie in die Küche, wo der Erste Koch ihr geduldig erklärte, dass der Reiseproviant, den die Reiter brauchten, Tag und Nacht verfügbar sei – sie brauche nur hereinzukommen und ihn sich abzuholen.
Karigan merkte, für wie selbstverständlich sie es immer gehalten hatte, dass der Oberste Reiter sich um eine vollständige Ausrüstung für sie und ihre Kollegen kümmerte, die jederzeit
bereit war. Wenn sie zu einem Ritt aufgebrochen war, war Kondor stets aufgezäumt und gesattelt gewesen, und die Satteltaschen waren mit allem Nötigen gefüllt. Sie hatte nie daran gedacht, dass dies das Werk des Obersten Reiters gewesen war, der sich um alles gekümmert hatte, damit sie das nicht tun musste.
Wenn der Oberste Reiter etwas vergaß, konnte das die Mission des Boten gefährden. Es war Karigan nie passiert, dass irgendetwas unterwegs gefehlt hatte, und die Sorgfalt des Obersten Reiters war ein Beispiel, dem sie folgen wollte. Sie würde sich darum kümmern, dass die Reiter gut versorgt waren.
Sie nahm sich fest vor, sich, wenn alles erst wieder normal wäre, bei Connli öfter für seine Arbeit zu bedanken.
Als sie über das Burggelände ging und die Punkte auf ihrer Liste abhakte, entdeckte sie Mara am anderen Ende des Burghofs, die wahrscheinlich auf dem Weg zu einer weiteren Besprechung war.
Karigan schüttelte den Kopf und fragte sich, ob es je wieder normal sein würde. Und was war schon »normal«? Sie seufzte und ging zur Unterkunft, wo weitere Papiere auf sie warteten.
Gegen vier Uhr hatte Karigan genug. Sie konnte es nicht mehr aushalten. Sie legte die Feder nieder und schob den Stuhl vom Tisch weg.
Keine Schreibarbeit mehr, sagte sie sich.
Sie ging zum Stall. Es war Zeit für die Nachmittagsfütterung, und als sie in den Stall kam, wurde sie von leise wiehernden Pferden begrüßt, die die Köpfe über die Boxentüren reckten. Andere bewegten sich ungeduldig in ihrer Box und traten gegen die Wände, um ihre menschlichen Betreuer zu drängen, sich zu beeilen.
Hep hatte das Heu schon vom Heuboden geschaufelt und kam nun die Leiter heruntergestiegen. Er grinste breit, als er Karigan sah.
»Warum fängst du nicht mit dem Getreide an?«, schlug er vor.
Gehorsam ging sie in den kleinen Raum, in
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