Die Botin des Koenigs reiter2
spielen wirst.«
Nein, Karigan gefiel ganz und gar nicht, in welche Richtung sich dieses Gespräch entwickelte.
»Wie mein Vater, König Santanara, habe ich die Gabe der Voraussicht. Ich sehe dich heute nicht zum ersten Mal.«
Das Gefühl, im Netz eines Träumers gefangen zu sein, drohte Karigan zu überwältigen.
»Ich habe gesehen, wie du auf die Ausbesserung des D’Yer-Walls Einfluss nimmst. Deine Taten könnten eine Katastrophe für das Land bringen oder aber die Vernichtung für einige Zeit aufhalten.«
»N-nein! Das kannst du mir nicht auferlegen!«
»Nicht ich.« Die Stimme des Prinzen war streng. »Aber die vergiftete wilde Magie hat eine Zwiespältigkeit in dir geschaffen. Ich sehe die Fäden von Leben und Zeit, aus denen das Gewebe des Schicksals besteht, Galadheon, und du schwankst zwischen Licht und Dunkelheit.«
Karigan sprang wütend auf. »Es ist unverschämt zu behaupten, dass ich so etwas tun werde!« Sie zitterte vor Zorn. »Wie kannst du es wagen! Ich würde niemals wissentlich etwas tun, das das Land gefährdet. Niemals!«
Grae und Telagioth waren plötzlich neben ihr. Die tiendan kamen näher. Licht glitzerte auf Pfeilspitzen, und das machte sie nur noch wütender. Als sie auf den Prinzen zuging, um weiterzureden, packten Grae und Telagioth sie an den Armen.
Sie wehrte sich wild und spuckte Worte aus, die sogar einen Frachtmeister hätten erbleichen lassen.
Und dann saß sie wieder ruhig am Boden, und alles war wie zuvor.
Was ist passiert? Silberstaub hing noch in der Luft. Sie schüttelte den Kopf, um klarer denken zu können. Die Eleter hatten ihren Ausbruch vielleicht gedämpft, aber der Zorn brannte immer noch in ihr.
»Willst du mehr hören?«, fragte Prinz Jametari.
Karigan verzog mürrisch das Gesicht und weigerte sich zu antworten.
»Nun gut. Ich habe meine Vision allen im Alluvium mitgeteilt, und du solltest wissen, dass dich das in einige Gefahr bringt. Es gibt Eleter, die der Ansicht sind, dass dein Tod alle Fragen darüber beantworten würde, welche Rolle du bei der Reparatur des Walls spielst.«
Karigans Blick zuckte zum Rand der Lichtung, suchte nach einem Pfeil, der auf ihr Herz zielte, oder einem Dolch, der im Licht der Mondsteine blitzte, aber die tiendan hatten sich wieder in den Nebel zurückgezogen, und sie konnte keine Waffen mehr erkennen. Sie mochte hier bei Prinz Jametari sicher sein, aber was war, wenn sie die Lichtung verließ?
»Es gibt andere«, erklärte der Prinz, »die glauben, dass du das Potenzial hast, viel Gutes zu tun, denn du wurdest von Laurelyns Gunst berührt. Ich kann die Zukunft nicht mit Absolutheit vorhersagen. So funktionieren Visionen nun einmal nicht, und auch nicht die Zukunft, denn sie ist stets in Bewegung und wird weiterhin von jedem einzelnen Augenblick beeinflusst. «
»Ich will das alles nicht«, sagte Karigan verzweifelt. »Ich will diese wilde Magie nicht. Ich will nichts mit den Eletern zu tun haben. Ich wollte nicht einmal ein Grüner Reiter sein.«
»So ergeht es häufig jenen, die gegen ihren Willen in große Ereignisse verwickelt werden. Es wäre nicht das erste Mal. Gegen all diese Dinge habe ich kein Heilmittel, nur ein Angebot – ich biete dir an, in den Spiegel des Mondes zu schauen.«
»Warum?«
Prinz Jametari blinzelte und legte die schlanken Hände auf die Oberschenkel. »Du würdest ein so seltenes Geschenk ablehnen? «
»Was würde ich sehen?«
»Vielleicht die Fäden, die ich bereits gesehen habe, oder gar nichts. Vielleicht wirst du Menschen sehen, die du liebst, oder dich selbst. Ich weiß es nicht. Du hast dich in einigen deiner Worte als weise erwiesen, und nun ist es an dir zu entscheiden, ob du ein Geschenk annimmst, das dir ohne Zwang gegeben wird.«
Karigan seufzte müde, gleichzeitig fasziniert und verängstigt. Wenn der Spiegel ihr etwas zeigen konnte, das ihr mehr über ihre Lage mitteilte, könnte das hilfreich sein. Aber wenn die Zukunft so im Fluss war, wie der Prinz behauptete, konnte sie dann dem, was sie sah, überhaupt trauen?
Nach einem Augenblick des Zögerns sagte sie: »Also gut, ich versuche es.«
»Du brauchst nur hineinzuschauen.«
Karigan beugte sich über die Schale, blickte in das silberne Wasser und sah nur ihr Spiegelbild. Einige Zeit geschah überhaupt nichts, und sie hatte schon fast beschlossen, sich zurückzulehnen und aufzugeben, als sich Dunkelheit in der Schale ausbreitete wie eine Wolke schwarzer Tinte. Das Gesicht eines Mannes bildete sich heraus und starrte sie
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