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Die Botin des Koenigs reiter2

Die Botin des Koenigs reiter2

Titel: Die Botin des Koenigs reiter2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: britain
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viele geblieben waren.
    Immer wieder die gleiche alte Geschichte, sagte Lil Ambrioth.
    Ihre Stimme und Gegenwart erschreckten Karigan nicht mehr. Die Erscheinung saß ein Stück entfernt auf einem Heuhaufen, und das dunstige Morgenlicht ließ sie irgendwie stofflicher wirken als sonst.
    Wie oft habe ich das schon erleben müssen! Wie viele Reiter habe ich im Lauf des Krieges in den Tod geführt? Einige waren gute Freunde, und Kameraden waren sie alle. Und dennoch haben wir weitergemacht, obwohl bei jedem Feldzug
mehr von uns fielen. Weißt du, warum wir weitergemacht haben?
    »Weil ihr musstet«, sagte Karigan.
    Lil nickte. Weil wir mussten. Wir mussten Mornhavon einfach besiegen, denn sonst hätte all die, die am Leben blieben, ein noch schlimmeres Schicksal als der Tod erwartet: der Verlust des freien Willens. Hätten wir aufgegeben, dann hätte das bedeutet, das Opfer derer, die im Kampf um das Wohl des Landes gestorben waren, nicht zu respektieren. In ihrem Tod fanden wir den Kampfgeist und den Mut weiterzumachen. Das hat uns wieder ein Ziel gegeben.
    Auf der Ebene der Vernunft verstand Karigan, was Lil ihr sagen wollte, aber die Wunde in ihrem Herzen war zu frisch.
    Ich erwarte, dass andere Reiter zurückkehren und ebenso bekümmert und entsetzt sein werden wie du, sagte Lil. Sie werden Trost und Führung brauchen, genau wie du letzte Nacht. Wer wird für sie da sein? Wer wird ihnen Kraft geben?
    »Ich kann keine Kraft mehr geben; mir ist selbst keine geblieben.«
    Nein? Dann wird es wohl der König tun müssen, schnaubte Lil. Oder würde er das nur für einen ganz besonderen Reiter tun?
    Karigan schloss die Augen und erinnerte sich an die Umarmung und die tröstenden Worte des Königs. Ein ganz besonderer Reiter. Er hatte es für sie getan, für Karigan G’ladheon, nicht für irgendeinen seiner Reiter. Das verblüffte sie.
    Was ist mit deinem Hauptmann?, fragte Lil. Glaubst du, dass sie in der Verfassung ist, ihren Leuten beizustehen?
    Plötzlich stand Karigan wieder vor Augen, wie gequält Hauptmann Mebstone ausgesehen hatte, und sie schämte sich, als sie sich daran erinnerte, wie sie sie angeschrien hatte.

    Es gab niemanden außer ihr.
    Lil begann zu verblassen, und nur die schwache Färbung einer Wange und ein Augenzwinkern waren noch deutlich zu sehen.
    Was war aus Lils Reitern geworden, nachdem sie gestorben war? Hatten sie weitergekämpft, oder waren sie ohne ihre Führung ins Wanken geraten? Karigan hatte wiederum das Gefühl, dass dieser Geschichte das Ende fehlte.
    »Sag mir noch eins«, forderte sie. »Bist du an dieser Pfeilwunde gestorben?«
    Die Luft flirrte, als Lil aufstand. Sie fegte über den Heuboden auf Karigan zu, schaute auf sie nieder, und bevor sie vollkommen verblasste, fragte sie: Wie bist du gestorben?
    Karigan sank wie betäubt ins Heu zurück und fand nur noch Trost in der Jacke des Königs.
     
    Sehr vorsichtig kletterte Karigan über die Überreste der Reiterunterkunft und wich den Trümmern so gut sie konnte aus. Arbeiter hatten erst an diesem Morgen die einsturzgefährdeten Kamine umgerissen und verkohlte Balken abgesägt, die immer noch standen oder herabhingen.
    Sie hatten alles verloren. Karigan fand nur noch winzige Überreste der Leben, die hier einmal geführt worden waren: ein Stiefelabsatz, die verkohlten Seiten eines Buchs – als sie sie berührte, wurden sie zu Asche und wehten im Wind davon. Sie fand verzogene Schnallen und Essgeschirre und zerbrochene Keramikschalen, die wie Knochenfragmente aus dem Ruß ragten.
    Zweihundert Jahre Reitergeschichte waren verschwunden, die Flure, die Gwyer Warhein einmal durchschritten hatte, die Räume, in denen Barde Martin und Ereal M’Farthon gewohnt hatten, und der Gemeinschaftsraum, in dem Generationen
von Reitern ihre Stimmen zu Lachen und Liedern erhoben hatten.
    Sie blieb stehen, wo ihr eigenes Zimmer gewesen war. Der Schaden war hier noch größer als in den anderen Teilen der Unterkunft. Hep hatte ihr gesagt, dass das Feuer in der Nähe ihres Zimmers ausgebrochen sein musste. Ihre wenigen Bücher und die Ersatzuniformen waren zerstört und auch alles andere, was sie besessen hatte.
    Dann bemerkte sie ein Glitzern in den Trümmern. Sie trat vorsichtig über halb verkohlte Dielen, hockte sich nieder und sah genauer hin. Etwas schimmerte in Regenbogenfarben. Mondsteinsplitter.
    Sie nahm einen in die Hand. Scharf und klar brach er das Sonnenlicht, als sie ihn hin und her drehte. Sie schloss die Finger darum. Das Feuer hatte

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