Die Botin des Koenigs reiter2
Durcheinander im Archiv anrichteten. Er verdrehte die Augen.
Die meisten Geister sind der Ansicht, dass sie etwas unvollendet hinterlassen haben, schrieb Lord Faintly, und so wandeln sie für immer auf Erden und versuchen, ein Unrecht wiedergutzumachen oder eine gewisse Aktivität zu Ende zu bringen. Ehe diese Ziele nicht erreicht sind, wird der Geist nicht ruhen.
Es gibt aber auch noch eine andere Art von Geistern, die einfach verstört sind und Aufmerksamkeit suchen. Sie können der Albtraum einer jeden Hausfrau sein.
Diese Beschreibung schien Dakrias am ehesten auf seine Geister zuzutreffen. Sie waren nicht nur der Albtraum einer jeden Hausfrau, sondern auch der eines Archivars. Warum sie jedoch seine Aufmerksamkeit suchten, oder wieso sie so verstört waren, würde er wahrscheinlich nie erfahren. Leider behauptete Lord Faintly auch, dass die Lösung ihrer Probleme die einzige Möglichkeit wäre, sie loszuwerden. Aber wie sollte Dakrias herausfinden, was diese Geister umtrieb?
Seufzend schlurfte er den Flur zum Verwaltungsflügel entlang. Die Einzige, die bei seiner Behauptung, dass Geister das Archiv heimsuchten, nicht gelacht hatte, war Karigan G’ladheon gewesen. Sie hatte nicht nur nicht gelacht, sondern ihr Blick hatte ihm deutlich gezeigt, dass sie ihm glaubte.
Wenn Dakrias sich nicht zutiefst seinem König und dem Volk von Sacoridien verpflichtet gefühlt hätte, wäre er einfach davongelaufen, den ganzen Weg von der Burg bis zum Bauernhof seines Onkels in D’Ivary, und er hätte nicht einen einzigen Blick zurückgeworfen.
Der Spuk brachte sein ganzes Leben in Unordnung. Er hatte einmal ein makellos ordentliches Archiv gehabt, und nun war fast nur noch Chaos geblieben, genau wie in seinem Privatleben. Inzwischen zuckte er schon beim geringsten Geräusch zusammen, und er fühlte sich wie eine Katze, die sich vor ihrem eigenen Schatten fürchtet. Die anderen Schreiber ließen manchmal Bücher hinter ihm fallen, nur um zu sehen, wie hoch er sprang.
Er wusste nicht, wie viel er noch ertragen konnte, wie viel Flüstern in seinen Ohren, wie viele kalte Berührungen im
Nacken, und wer wusste schon, welche neuen Streiche sie sich heute wieder ausdachten?
Geister ändern ihr Verhalten nur selten, versicherte Lord Faintly jedoch. Sie sind dazu verflucht, die gleichen Handlungen wieder und wieder auszuführen, bis sich mit einigem Glück ein Ende dessen findet, was sie an die Erde bindet, und nur dann können sie endlich in Frieden ruhen.
Dakrias blieb am Eingang zum Archiv stehen, um eine Kerze anzuzünden, mit der er die Lampen drinnen entzünden konnte, dann schloss er die Tür auf. Sie schwang mit einem Kreischen nach innen. Ansonsten war es still.
Dakrias holte tief Luft und betrat das Archiv; sofort wurde im Kreis seines Kerzenlichts ein Durcheinander von verstreuten Büchern und Papieren sichtbar. Er stöhnte.
Dann erklangen Stimmen, entfernte, flüsternde Stimmen, und Dakrias’ Nackenhaare sträubten sich. Langsam schaute er nach oben. Dort, hoch über ihm, waren zwei Geister, die sich als bunte Lichtkugeln manifestierten.
Dakrias Browns Geister hatten Lord Eldred Faintleys Buch nicht gelesen. Nein, wirklich nicht. Sie hatten etwas vollkommen Neues und Unerwartetes getan.
Dakrias verdrehte die Augen, und seine Kerze erlosch, als er ohnmächtig zu Boden sank.
TAGEBUCH DES HADRIAX EL FEX
Das Gesicht der jungen Frau, das ich vor so langer Zeit im Spiegelsee gesehen habe, sucht mich in meinen Träumen heim. Warum ist sie mir erschienen? War sie ein Bote Gottes? Wenn das der Fall war, habe ich die Botschaft nicht vernommen; ich weiß nicht, was es zu bedeuten hat. Ich weiß nur, dass sie aus der Ethera erschien, als wolle sie mich betrachten, und dass sie eine Brosche in Form eines geflügelten Pferdes trug, so wie es Lil Ambriodhe und ihre Reiter tun.
KARIGAN REITET
»Nein«, sagte Karigan.
»Nein?« Drent zog die Augen zusammen und starrte auf sie herab. Er ragte über ihr auf, riesenhaft und borstig.
»Nein.« Ihre äußerliche Ruhe spiegelte nichts von dem Zorn wider, der in ihr tobte. Ihre Gefühle waren viel zu aufgerieben, um Drent und seine Misshandlungen noch länger ertragen zu können.
»Auf den Balken«, knurrte er. »Sofort.«
Drent hatte den Balken erhöht und ihn eingefettet, um ihre »Trittsicherheit« zu prüfen. Alles, was sie sah, war eine neue Gelegenheit, sie mit dem Übungsschwert grün und blau zu schlagen und den Zuschauern ein Spektakel zu bieten.
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