Die Botin des Koenigs reiter2
tausend Jahren gewartet haben, und dir fällt nichts weiter ein, als dass man da wohl nichts machen kann.«
Uxton hakte den Daumen in seinen Gürtel. »Habt Ihr eine Idee, wie wir weiterkommen könnten?«
Spurlock runzelte die Stirn. Warum war immer er es, der die Antworten finden musste? Warum war er von Einfältigen umgeben? »Wir müssen sie vom König und seinen Leibwächtern weglocken, und weg aus dem Diplomatenflügel, an eine Stelle, wo wir sie fangen können.«
»Wir brauchen nur einen Köder«, sagte Uxton. »Und ich glaube, ich habe eine Idee. Es wird allerdings ein bisschen Planung und die Hilfe unserer Brüder und Schwestern brauchen. «
Spurlock beruhigte sich. Endlich würde etwas geschehen. Er würde die Helden aus Arcosia, die ihr Blut in diesem Land vergossen hatten, rächen und damit der Macht im Schwarzschleierwald beweisen können, dass er würdig war. Eines Tages würde man ihn zu den Großen des Zweiten Reichs zählen, und seine Nachfahren würden ihn in hohen Ehren halten.
Es war viel zu früh, um schon wach zu sein, und vor allem, um den Gewunden Weg zur Burg hinaufzutraben. Die Sonne hatte noch nicht einmal über den Rand der Welt gespäht. Laternen brannten, und die Wachen auf der Mauer am Tor schauten auf den müden Archivar hinab und lachten leise.
»Der alte Spurlock lässt dich wirklich schwer schuften, Junge«, rief einer nach unten.
»Ja«, antwortete Dakrias Brown, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber er würde diesen hart gesottenen Soldaten den wahren Grund, wieso er mit seiner Arbeit hinterherhing, lieber nicht nennen: dass alles von den Geistern der Toten auf den Kopf gestellt worden war.
Die Wachen betrachteten ihn mitfühlend und ließen ihn durch das »kleine« Tor herein, eine Tür von normaler Größe in dem großen Tor. Seit dem Brand in der Reiterunterkunft wurde das große Tor bei Sonnenuntergang geschlossen und erst wieder geöffnet, wenn die Sonne aufging.
Dakrias hatte seit der Nacht der Eindringlinge im Archiv wie ein Sklave geschuftet. Er hatte die Burg in dieser Nacht nur kurz verlassen, um sich das Chaos draußen und die Flammen über der Reiterunterkunft anzusehen. Jemand war in den Flammen umgekommen, und Reiter Brennyn war schwer verwundet. Er hatte Ephram Neddick nicht gekannt, aber er kannte Mara Brennyn, und es tat ihm weh, sie so schwer verletzt zu wissen.
Laut gähnend ging er auf die Burg zu. Er hätte sich viel lieber in seinem Zimmer bei Frau Charon versteckt. Es war zwar klein, aber wunderbar gespensterfrei. Was hatten die Geister wohl an diesem Morgen für ihn vorbereitet?, fragte er sich. Mehr zerbrochene Kisten? Ein umgekippter Tisch oder umgeworfene Regale? Papiere, die er in langen Stunden ordentlich sortiert und abgelegt hatte, in einem Haufen auf dem Boden?
Dieser Tage verbrachte Dakrias mehr Zeit auf alle vieren und mit dem Aufräumen von Durcheinander als mit seinen anderen Pflichten. Zum Glück war Vorsteher Spurlock in letzter Zeit mit anderen Dingen beschäftigt. Er ließ sich selten
im Archiv blicken, und wenn er es tat, schien er nicht zu bemerken, was los war.
Widerstrebend ging Dakrias nun die Treppe zum Haupteingang der Burg hinauf. Seit Tagen war er jeden Morgen früh aufgestanden, um mehr Zeit zum Aufräumen zu haben. Er hatte auch insgeheim ein wenig in der Burgbibliothek nachgeforscht. Sie hatten dort viel zu wenig Bücher über Geister, und die meisten dieser Berichte scheinen zu fantasievoll, um der Wahrheit zu entsprechen, wie es die Autoren behaupteten.
Ein Buch jedoch hatte sich als nützlicher erwiesen, denn es setzte sich ernsthaft mit Geistern auseinander, indem es ihre Eigenschaften untersuchte und klassifizierte. Es hieß Phantome auf meinem Speicher, und der Autor war ein gewisser Lord Eldred Faintly. Als Dakrias es las, glaubte er zunächst, dass er es vielleicht mit Poltergeistern zu tun hatte: » … einer Art von Geistern, die stets unangenehmes Durcheinander zurücklassen«, hatte Lord Faintly über sie geschrieben. Aber Poltergeister neigten angeblich auch zu »gewalttätigen Manifestationen und unerträglichem Heulen«. Dakrias’ Geister waren nicht wirklich gewalttätig, und sie heulten auch nicht.
Zu den anderen Typen gehörten »der neugierige Geist, der freundliche Geist, der kummervolle Geist und der boshafte Geist«. Dakrias war nicht ganz sicher, in welche Kategorie seine Geister denn nun gehörten, obwohl man sie sicher als boshaft bezeichnen konnte, da sie solches
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