Die Botin des Koenigs reiter2
Ereal kurz nacheinander trafen. Die Wucht des doppelten Treffers riss sie zu Boden, wo sie liegen blieb wie eine weggeworfene Lumpenpuppe.
»Nein!«, schrie Karigan.
Sie konnte nichts tun, als weiter auf Ereal zuzurennen, dicht gefolgt von dem Erdriesen, denn ihr Säbel lag neben dem gefallenen Reiter.
Zuckte Ereals Hand? Lebte sie noch? Unglaublicherweise hob sich Karigans Säbel in die Luft und trieb ein wenig zögernd auf sie zu. Ereals besondere Fähigkeit bestand darin, Gegenstände mit dem Geist zu bewegen.
Karigan schöpfte wieder Hoffnung, selbst als sie bemerkte, dass der Erdriese sie einholte.
Der Säbel flog nun rasch auf sie zu. Sie streckte die Hand aus, um ihn festzuhalten. Nur ein paar Zoll von ihren Fingerspitzen entfernt blieb die Waffe hängen und fiel dann zu Boden. Karigan warf sich darauf und spürte das Sausen der Sense dicht über ihrem Nacken.
Sie stieß einen Triumphschrei aus, als sie den Griff ihres Säbels in die Hand bekam und ihn aus der Scheide zog. Im nächsten Atemzug rollte sie sich weg, und als die Sense ein weiteres Mal herabsauste, fuhr sie nur mit einem lauten Krachen in eine Baumwurzel, wo Karigan noch einen Augenblick zuvor gelegen hatte.
Die Klinge der Sense blieb in der Wurzel hängen, aber der Riese riss sie wieder heraus und grinste mit spitzen gelben Zähnen. Er hielt seine Beute schon für so gut wie geschlagen und schwang die Sense abermals.
Karigan, zutiefst im Nachteil – auf den Knien und erheblich schwächer –, wusste sofort, dass sie den Schwung und die Kraft hinter dieser Sense, die da auf sie zuraste, niemals würde aufhalten können.
ANGRIFF AUS DEM SCHATTEN
Karigan ließ sich flach auf den Boden fallen, sodass die Sense über sie hinwegfegte. Rasch kroch sie auf allen vieren unter ein dichtes Gebüsch aus jungen Bäumen mit tief hängenden Ästen. Die Sense fuhr knapp hinter ihr ins Buschwerk, riss Äste ab und überschüttete sie mit Kiefernnadeln.
Sie wand sich dichter ins Gebüsch, beinahe blind wegen der Dunkelheit, schob Zweige weg, die nach ihr stachen. Ihre Hände sanken in tiefen Humus, und sie stieß sich die Knie an einem Stein an, aber sie bemerkte die Schmerzen nicht einmal.
Hinter ihr brach der Erdriese unaufhaltsam weiter durchs Unterholz. Karigan packte ihren Säbel fester und drehte sich geduckt um; es war an der Zeit, sich ihrem Feind zu stellen.
Der Erdriese nahm an, dass sie sich vor ihm duckte, und gab ein beunruhigendes, knurrendes Lachen von sich. Er hob die Sense zum Schlag, aber sie blieb – genau wie Karigan gehofft hatte – in den Zweigen des Gebüschs hängen, und er konnte sie nicht rasch genug wieder herausreißen. Das Lachen des Erdriesen verstummte abrupt.
Karigan schoss zwischen den Ästen hervor und stieß dem Riesen die Waffe in den Bauch. Er blickte überrascht nach unten, während er noch immer an der Sense zerrte. Sie riss den Säbel aus der Wunde, und der Riese fiel um wie ein gefällter
Baum. Die Sense löste sich erst jetzt aus den wirren Ästen und Zweigen und fiel auf ihn nieder.
Karigan blieb einen Augenblick stehen und atmete keuchend. Die Luft war erfüllt vom Geruch nach Blut und Harz.
Sie brauchte einige Zeit, um wirklich zu begreifen, was geschehen war. Danach hätte sie sich am liebsten ihrer Panik überlassen, hätte geweint, sich übergeben und in einem Versteck zusammengerollt. Aber das konnte sie nicht. Die Schlacht tobte weiter, und ihr Schwert wurde anderswo gebraucht.
Sie stieg über den toten Erdriesen hinweg, drängte sich durchs Unterholz und wieder ins eigentliche Lager hinein. Nach allem, was sie erkennen konnte, konzentrierte sich der Hauptangriff der Erdriesen, abgesehen von ein paar kleinen Scharmützeln, auf die Lichtung. Im nahen Wald gab es nur noch Tote.
Karigan rannte über den blutigen Boden, auf dem überall Waffen, Ausrüstung und andere Dinge verstreut waren. Sie hielt bei Ereal inne, die in einer Blutlache lag, und wie sie schon erwartet hatte, fand sie dort kein Leben mehr.
Erst ein paar Stunden zuvor hatten vier Reiter lachend um ein Lagerfeuer gesessen. Wie hatte sich alles so schnell verändern können? Sie schluckte ein Schluchzen hinunter und trabte weiter. Sie begegnete einem verwundeten Soldaten, der von einem Erdriesen beinahe überwältigt wurde. Der Mann konnte kaum mehr stehen und sich noch weniger gegen die Axt verteidigen, die der Riese schwang. Als der Gigant die Axt erneut zu einem Schlag hob, der den Soldaten zweifellos fällen würde, kam Karigan
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