Die Botin des Koenigs reiter2
Land bestellen, bringt das durcheinander, und ich sage Euch jetzt schon, zur Erntezeit wird es Ärger geben. Selbst die Städte leiden. Sie betteln auf der Straße, diese Flüchtlinge, und wenn ihnen niemand etwas gibt, fangen sie an zu stehlen.«
Vieles von dem, was D’Ivary sagte, stimmte bis zu einem gewissen Grad – das wusste Laren, auch ohne dass sie dazu ihre besondere Fähigkeit einsetzte, die ihr half, wahre Aussagen von Lügen zu unterscheiden. Jason Adolind, der Lordstatthalter einer weiteren Provinz, in die besonders viele Flüchtlinge geströmt waren, hatte ähnliche Beschwerden vorgetragen. Erdriesenangriffe im Norden hatten die Siedler dort so verschreckt, dass die Bewohner ganzer Dörfer das Nötigste gepackt hatten und nach Süden gezogen waren, in zivilisiertere
und geschütztere Provinzen. Die Siedlungen und Bauernhöfe dort waren jedoch nicht auf so etwas vorbereitet. Adolind, die ärmste der Provinzen, litt erheblich mehr als D’Ivary. Aber obwohl es unter den Flüchtlingen sicher auch ein paar Banditen gab, waren die meisten doch nur Familien, die Sicherheit suchten.
»Könnte es sein«, sagte Colin Dovekey verärgert, »dass es sich dabei um eine interne Angelegenheit handelt, die Ihr innerhalb Eurer eigenen Provinz lösen solltet?«
D’Ivary wandte sich ihm zu, schob den Bauch vor und hob das Kinn – genauer gesagt die Kinne, dachte Laren. »Ich wäre nicht hier, wenn es ausschließlich eine interne Angelegenheit wäre. Ich habe nicht die Mittel, mit diesen Leuten fertig zu werden.«
Colin zog die buschigen grauen Brauen hoch und starrte D’Ivary mit seinen Falkenaugen an, und das mit einer Intensität, die er im Lauf von fünfundzwanzig Jahren wie eine Klinge geschliffen hatte. »Euer Land gehört zu den fruchtbarsten und reichsten Provinzen in ganz Sacoridien, Mylord. Ihr habt nicht die Mittel?«
»Ja, ich habe fruchtbares Land, das nun von Leuten besetzt wird, die die Ernte niedertrampeln und das Vieh stehlen. Die Adligen, die sich an mich gewandt haben, haben ebenfalls nicht die Mittel, jeden einzelnen Acker zu bewachen, um diese Leute zu entfernen, bevor die Ernten zerstört werden.«
»Ah«, sagte der König leise. »Jetzt verstehe ich, von welchen Mitteln Ihr sprecht. Ihr habt versucht, diese Flüchtlinge mit Gewalt zu entfernen, und Ihr hattet nicht genug Soldaten.«
D’Ivary schien froh, endlich ein mitfühlendes Ohr gefunden zu haben. »Ja, Sire. Wir in D’Ivary sind Bauern, keine Soldaten. Wir können das nicht selbst tun.«
»Verratet mir eins«, sagte der König und legte die Fingerspitzen
aneinander, »was würdet Ihr tun, wenn Ihr die erforderlichen Leute hättet?«
»Ich würde Patrouillen durchs Land schicken und alle, die sich auf den Feldern niederlassen, wieder nach Norden treiben lassen. Dann würde ich die Nordgrenzen abriegeln und nur diejenigen durchlassen, die rechtmäßig bei uns zu tun haben. Bewaffnete wären genau das Richtige. Eine Demonstration von Macht ist das Einzige, was diese Leute verstehen. Sie haben den örtlichen Autoritäten und denen der Provinz gegenüber nichts als Unverschämtheit an den Tag gelegt.«
»Wenn ich Euch also richtig verstehe«, sagte der König mit dünnem Lächeln, »wollt Ihr, dass ich Euch die Soldaten schicke, die Ihr braucht, um diese Leute zu entfernen. Eine Streitmacht unter dem königlichen Banner von Sacoridien.«
D’Ivary strahlte. »Ihr versteht, was ich will, Sire. Ein König muss seinem Volk seine Macht zeigen.«
Schweigen senkte sich herab.
Als der König schließlich antwortete, wirkte er vollkommen ruhig und sachlich. Er schrie nicht, aber er erteilte seinen Verweis mit königlicher Entschlossenheit. »Ihr vergesst Euch, Lord D’Ivary. Diese Menschen, die Ihr mit Gewalt und unter dem königlichen Banner aus Sacoridien entfernen wollt, sind Sacorider. Sie unterwerfen sich vielleicht keinem Lord – nicht einmal mir, ihrem König –, aber sie leben immer noch innerhalb der Grenzen Sacoridiens. Versteht Ihr denn nicht, wie wichtig diese Leute bisher für den Handel waren? Sie liefern das Holz und die Felle, die unsere Kaufleute brauchen. Sie haben auch im Norden als Puffer gedient, haben Überfälle abgewehrt. Diese Menschen sind daran gewöhnt, um ihr Überleben zu kämpfen, und das hat sie gelehrt, unabhängig zu denken. Erst jetzt hat die Häufigkeit und die Intensität der Angriffe durch Erdriesen sie veranlasst, eine sichere Zuflucht
zu suchen. Und Ihr wollt sie vertreiben und weigert Euch,
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