Die Botin des Koenigs reiter2
tatsächlich verschwunden war, war Karigan beunruhigt. Etwas hatte sich verändert, und ob dieses Versagen ihrer Fähigkeit nun ein persönliches Versagen war oder andere Gründe hatte – es konnte wohl kaum etwas Gutes bedeuten.
Im Augenblick würde sie es verschweigen. Es hatte keinen Sinn, wenn andere sich Sorgen machten, die vielleicht sogar unbegründet waren.
»Karigan?«
Sie schreckte aus ihren Gedanken auf. »Nein, Hauptmann, ich wüsste wirklich nicht, was ich noch hinzufügen könnte.« Sie hoffte, dass der Hauptmann annahm, sie hätte so lange geschwiegen, um noch einmal alles im Kopf genauestens durchzugehen, damit sie auch ja keine Einzelheit vergaß.
Der Hauptmann nickte zufrieden und unterzeichnete den Bericht. Karigan wusste, dass Laren nicht ihre eigene besondere Fähigkeit heraufbeschwören würde, um zu überprüfen, ob Karigan ehrlich gewesen war. Sie vertraute ihren Reitern, was bewirkte, dass sich Karigan nun auch noch mit Schuldgefühlen herumschlagen musste.
Der Hauptmann legte die Feder hin und sah Karigan direkt an. »Du solltest wissen, wie stolz der König und ich auf das sind, was du getan hast. Major Everson war so beeindruckt von deinem Verhalten auf dem Heimweg, dass er angeboten hat, dich für die Leichte Reiterei zu empfehlen.«
Karigans Abscheu musste sich so deutlich auf ihrem Gesicht gezeigt haben, dass Hauptmann Mebstone zerstreut über die gezackte braune Narbe fuhr, sie sich über ihren Hals zog, und sagte: »Du scheinst kein Interesse daran zu haben.«
»Wenn ich die Wahl hätte, wohin ich gehen könnte, würde ich zu meinem Clan zurückkehren«, erwiderte Karigan, »aber
ich glaube nicht, dass der Ruf mich gehen ließe. Nicht einmal zur Leichten Reiterei.«
Hauptmann Mebstone schien zutiefst erleichtert zu sein – sie hatte sich offenbar tatsächlich Sorgen gemacht! Sie nahm die Hand von der Narbe. »Ich würde dich wirklich ungern verlieren«, sagte sie leise. »Ich denke, du hast dich zu einem sehr guten Grünen Reiter entwickelt.«
Karigan versuchte, den Hauptmann nicht anzusehen. Wieder starrte sie ihre Hände an, dann die Landkarte auf dem Tisch des Hauptmanns, deren Enden von einer halb vollen Teetasse und einem Stück Brot niedergehalten wurden, und die Regale an der gegenüberliegenden Wand, auf denen sich Bücher stapelten. Freude und Schuldgefühle bewirkten, dass sie errötete. Sie freute sich darüber, dieses seltene Lob von einer Vorgesetzten zu erhalten, vor der sie großen Respekt hatte. Und sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie nicht freiwillig zum Grünen Reiter geworden war.
Der Hauptmann seufzte. »Das Leben im Königreich geht weiter, und das Gleiche gilt für die Korrespondenz des Königs. Wenn du dich gut genug fühlst, würde ich dich gern wieder für Botenritte einsetzen. Am Anfang nichts Anstrengendes oder Langes, nur ein paar einfache Kurzstreckenritte, um wieder in Form zu kommen. Was meinst du?«
»Ich bin bereit.« Karigan war nun schon seit einigen Wochen in Sacor und brannte darauf, wieder an die Arbeit zu gehen. Im Augenblick hatte sie zu viel Freizeit, um über Dinge nachzudenken … diese schrecklichen Dinge, die der Delegation zugestoßen waren. Und über den Tod von Kollegen, die auch Freunde gewesen waren.
Hauptmann Mebstone lächelte. »Hervorragend. Ich lasse es Mara wissen. Du kannst gehen.«
Karigan beschloss, einen Spaziergang zu machen, um sich
nach dem langen Gespräch mit Hauptmann Mebstone ein wenig zu bewegen. Der Nachmittagshimmel war sonnig, aber ein paar Wolken und ein Wechsel der Windrichtung zeigten an, dass das Wetter sich bald ändern könnte.
Sie ging an den Unterkünften der regulären Miliz vorbei und an dem Reitplatz, auf dem Pferde und Reiter ausgebildet wurden. Manchmal fanden hier Übungskämpfe statt, bei denen die einzelnen Einheiten gegeneinander antraten. Diese Übungskämpfe waren freundschaftlich, aber auch ernst. Keine Abteilung wollte ihre Ehre verlieren, indem sie sich besiegen ließ.
Ein paar Angehörige der Leichten Reiterei nutzten den Reitplatz derzeit, um ihre Pferde auszubilden. Karigan schüttelte den Kopf, unfähig, sich auszumalen, dass sie selbst eine dieser dunkelblauen Uniformen tragen würde und dazu diesen Helm mit dem lächerlichen roten Federbusch. Selbst wenn der Reiterruf sie gehen ließe, hätte sie nicht den Wunsch, zusammen mit einem Haufen von Aristokraten zu dienen, die bei ihrem Eskortendienst für die Überlebenden der Delegation die Abende in ihren Zelten
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