Die Botin des Koenigs reiter2
Hmpf. Sie müssen ja schließlich nicht hier drunten sitzen.« Er sah sich im Raum um. »Das hier war einmal die Bibliothek, bevor die Burg vor den Clankriegen weiter ausgebaut wurde.« Eine Bibliothek … Und eine so dunkle und finstere.
Als wolle er ihre Gedanken aufgreifen, zeigte Dakrias mit dem Finger zur Decke, die im Schatten lag. »Sie hatte Oberlichter aus Glas, aber sie haben direkt darüber gebaut.«
Karigan wäre gern in der Zeit zurückgereist und hätte sich einmal angesehen, wie die Dinge früher waren. Es gehörte wohl zur Zivilisation, dachte sie, abzureißen und neu zu bauen
oder umzubauen und zu erweitern, sodass die ursprünglichen Gebäude nicht mehr zu erkennen waren.
»Also bin ich allein hier«, sagte Dakrias, »an diesem erbärmlichen Ort, allein bis auf die Ratten und seltene Besucher wie Euch. Und …« Er brach ab, als wäre er nicht sicher, ob er weitersprechen sollte.
»Und?«, bohrte Karigan nach.
Er beugte sich vor und senkte die Stimme zum Flüsterton. »Manchmal … manchmal sehe ich etwas aus dem Augenwinkel, als ginge jemand dort an der Tür vorbei, aber wenn ich hinschaue, ist niemand da. Manchmal höre ich Dinge wie entferntes Flüstern, aber wenn ich nachsehe, ist niemand da. Und ein- oder zweimal habe ich gespürt, dass jemand an mir vorbeiging, aber es war niemand da.« Dakrias schauderte.
Karigan schauderte ebenfalls.
»BROWN!«
Beide zuckten zusammen und schnappten nach Luft. Sie waren so in Dakrias’ Geschichte versunken gewesen, dass sie nicht bemerkt hatten, wie derselbe unangenehme Mensch hereingekommen war, mit dem Karigan im Garten zusammengestoßen war. Er schritt herrisch zu Dakrias’ Schreibtisch.
»Brown, wo ist das Memorandum, das ich haben wollte?«
Dakrias schluckte. »Ich habe – es tut mir leid, ich …«
Der Mann folgte Dakrias’ Blick zum Schreibtisch, sah die Tintenflecken und verzog missbilligend das Gesicht. Seine Brille blitzte im Lampenlicht, als er Dakrias wütend anstarrte.
»Diese Kopie ist vollkommen unleserlich. Was ist passiert? Ist einer von Euren kleinen Geistern vorbeigekommen und hat Euch in den Hintern gezwickt?«
»N-nein, ich …«
»Es war meine Schuld«, sagte Karigan, »weil ich ihn gestört habe, als er sich auf seine Arbeit konzentrierte.« Der Mann wandte ihr seinen erzürnten Blick zu, aber sie hob trotzig das Kinn. Sie hatte keine Angst vor ihm.
»Ihr schon wieder«, murmelte er. »Was wollt Ihr hier?«
»Ich bringe auf Befehl meines Hauptmanns Dokumente.«
Sie nahm sie vom Tisch und reichte sie ihm. Er warf einen abfälligen Blick darauf und ließ sie zurück auf Dakrias’ Tisch fallen. Karigan sah einen schwarzen Fleck in seiner Handfläche. Wahrscheinlich war er ein erheblich schlechterer Schreiber als Dakrias.
»Ich brauche dieses Memorandum in drei Ausfertigungen«, sagte er zu Dakrias«, »und zwar sofort.«
»Ja, mein Herr«, murmelte Dakrias ergeben, und der Mann drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verließ das Archiv.
Karigan wartete, bis sie sicher war, dass er außer Hörweite war. »Wer war das?«
Der vollkommen erschütterte Dakrias erwiderte: »Der Vorsteher der Verwaltung, Weldon Spurlock.«
»Oh.« Es war ihr also gelungen, mit der Verwaltung auf schlechtem Fuß zu stehen, was keine gute Idee war, wenn der Hauptmann ihr weitere Verwaltungspflichten übertrug. Sie hoffte, dass ihr Ellbogen wirklich schnell heilen würde.
Sie verabschiedete sich von Dakrias, damit er wieder an die Arbeit gehen konnte. Als sie an dem verlassenen Flur vorbeikam, ging sie schnell weiter, damit sie nicht Gefahr lief, noch eine Erscheinung zu sehen.
Auf dem Weg zum Offiziersquartier blieb sie wie angewurzelt stehen, als sie sah, dass Mara Reita Mapps aus Hauptmann Mebstones Tür hinausführte. Reita war nur ein paar Monate länger Reiter als Karigan und hatte ihr in der schwierigen ersten Zeit viel moralische Unterstützung gegeben.
Nun war Reitas Gesicht aschgrau. Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie schien nicht wahrzunehmen, was um sie herum vorging.
»Was …«, begann Karigan, aber Mara schüttelte nur den Kopf, um Fragen zuvorzukommen. Sie legte Reita den Arm um die Schultern und führte sie zur Unterkunft.
Reita musste schreckliche Nachrichten erhalten haben. Vielleicht würde der Hauptmann Karigan mehr sagen können, aber als sie das Offiziersquartier betrat, fand sie Laren hinter dem Schreibtisch, die Hände vors Gesicht geschlagen. Eine Brosche mit geflügeltem Pferd glitzerte neben
Weitere Kostenlose Bücher