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Die Botin des Koenigs reiter2

Die Botin des Koenigs reiter2

Titel: Die Botin des Koenigs reiter2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: britain
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zusammengerollten Landkarten und warfen es um. Wieder schrie der Mann leise auf, als er sah, dass die Tinte von seiner Feder über seine Papiere geflossen war. Hastig griff er nach einem Sandbehälter und
wollte Sand auf die nassen Flecken streuen, aber der Deckel des Behälters fiel ab, und der gesamte Inhalt kippte in Form eines kleinen Bergs auf das Papier.
    Der Schreiber konnte das Durcheinander nur fassungslos anstarren.
    Er war so unglaublich verlegen, dass Karigan beinahe gelacht hätte, aber sie wusste, das würde er gewiss nicht gut aufnehmen, also riss sie sich zusammen. Sie ging zwei Schritte vorwärts, und der kleine Mann zuckte abermals zusammen, seine Augen hinter der dicken Brille weiteten sich entsetzt, und er presste die Hand aufs Herz.
    »Es tut mir leid«, sagte Karigan, »ich wollte Euch nicht erschrecken. «
    »Ich dachte, Ihr wärt ein …« Aber dann verstummte er, schüttelte den Kopf und murmelte vor sich hin.
    Karigan fühlte sich selbst ebenfalls für das Durcheinander verantwortlich, legte Hauptmann Mebstones Papiere auf einem anderen Tisch ab und sagte: »Ich helfe Euch.« Sie machte sich daran, das Fass mit den Landkarten wieder aufzurichten, und dann stapelte sie die Bücher auf.
    Der Schreiber beobachtete sie einen Augenblick, dann schüttelte er sich und fing an, sich um seine sandbedeckten Papiere zu kümmern.
    »Ihr habt hier wohl nicht viele Besucher, wie?«, fragte Karigan.
    »Sehr selten.«
    Es überraschte sie nicht, dass sie ihn erschreckt hatte, wenn er nicht an Besucher gewöhnt war. Er hatte sich auch sehr auf seine Arbeit konzentriert und dabei seine Umgebung vermutlich vollkommen vergessen. Dennoch, das erklärte nicht, wie hektisch er sich jetzt umsah, als erwarte er, dass jeden Augenblick jemand aus dem Schatten springen würde.

    Bei der düsteren Atmosphäre hier und dieser offenbar sehr einsamen Arbeit ging vermutlich hin und wieder die Fantasie mit ihm durch. Diese uralten Mauern, das Eigenleben, das ein Gebäude führen konnte – das Ächzen der Gemäuer, die Geräusche, wenn Luftströme durch Flure zogen, die flackernden Schatten …
    Ja, alles Nahrung für die Fantasie.
    War ihre eigene Fantasie auf ähnliche Weise ausgelöst worden, als sie in dem verlassenen Gang gestanden hatte?
    Als sie das letzte Buch oben auf den Stapel gelegt hatte – ein Band mit einem zehn Jahre alten Inventar des Viehbestands der Burg –, wandte sie sich wieder dem Schreiber zu. Er hatte die Sache mit dem Sand inzwischen offenbar unter Kontrolle, aber er würde das Memorandum, an dem er gearbeitet hatte, noch einmal schreiben müssen. Die Tintenflecken hatten es praktisch unleserlich gemacht.
    In der Hoffnung, ihn nicht wieder zu erschrecken, sagte sie: »Es tut mir leid, dass Ihr noch einmal von vorne anfangen müsst.«
    Der Schreiber seufzte und zupfte nervös an seinen schwarzen Ärmelschonern. »Das wäre nicht das erste Mal.« Dann blinzelte er kurzsichtig. »Ihr seid nicht Mara.«
    »Nein, ich heiße Karigan, und ich helfe Mara und Hauptmann Mebstone aus. Ich habe ein paar Dokumente gebracht. Und Ihr seid …«
    »Dakrias Brown, Archivar.«
    »Sagt, Dakrias, ist noch jemand kurz vor mir hier gewesen?«
    »Nein. Niemand war hier, den ganzen Tag nicht, außer dem Vorsteher, und das ist schon Stunden her.« Er sah sich nervös um. »Warum fragt Ihr?«
    »Ich dachte, ich hätte vor ein paar Minuten jemanden hier in der Nähe gesehen.«

    Dakrias sah sie forschend an. »So etwas passiert mitunter. «
    »Was? Ihr sagtet doch, dass kaum Leute hierherkommen und …«
    »Ja. Das habe ich gesagt, in der Tat. Es kommen nicht viele Leute hierher.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich bin häufig allein hier«, sagte Dakrias. »Ich lege Akten ab, kopiere Korrespondenz, solche Dinge. Die anderen Schreiber nennen diesen Ort die Krypta.« Er verzog angewidert das Gesicht. »Sie arbeiten alle in den oberen Stockwerken, in einem belebteren Teil der Burg. Sie haben dort Fenster. Sie verstehen einfach nicht, wie es hier unten für mich ist.«
    »Warum seid Ihr hier, so weit weg vom Rest der Verwaltung? «
    Dakrias zuckte mit den Achseln. »Es wäre zu viel Arbeit, Hunderte von Jahren von Akten zu transportieren, all die Geburts-, Eheschließungs- und Sterberegister, die offiziellen Erhebungen … Keiner will sich damit abgeben. Keiner. Es ist leichter, es so zu lassen, wie es ist, denn schließlich wissen sie ja, dass Dakrias Brown sich darum kümmern wird, und dann vergessen sie mich einfach.

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