Die Botin des Koenigs reiter2
seine eigenen Schritte.
Er blieb an Fennings Tisch stehen. Der junge Schreiber machte nichts falsch. Im Gegenteil. Er kam mit dem Brief, den er kopierte, rasch voran, und seine Schrift war sauber und ordentlich, aber es erfreute Spurlock gewaltig zu sehen, dass schon seine Nähe den jungen Mann veranlasste, noch fiebriger zu arbeiten. Rote Flecken bildeten sich auf seinen Wangen. Schließlich wurde er so nervös, dass er Tinte aufs Papier spritzte.
Spurlock schlug mit seinem Holzstock auf Fennings Schreibtisch. Der Schreiber zuckte zusammen, die Augen weit aufgerissen.
»Nachlässige Arbeit, Fenning«, sagte Spurlock. »Fangt noch mal von vorne an.«
»Ja, Herr.«
Als der junge Mann zitternd nach einem frischen Blatt Papier tastete, ging Spurlock weiter an den Schreibtischen entlang, ein selbstzufriedenes Grinsen auf den Lippen. Er genoss es, seine Schreiber und Sekretäre auf Trab zu halten, sie
daran zu erinnern, wer hier der Vorgesetzte war. Wenn es sie nervös machte, umso besser. Angst war ein hervorragender Antrieb.
Oh, er wusste, dass sie hinter seinem Rücken über ihn redeten, aber seine Anwesenheit bedrückte sie, und er bestrafte sie mit zusätzlicher Arbeit, falls er etwas von dem Gerede mitbekam. Häufig hatten sie keine Ahnung, wofür sie bestraft wurden, und das machte ihn unberechenbar und sie noch nervöser. Sie wussten nie, was sie als Nächstes erwarten sollten.
Ich bin hier der Vorsteher, und das ist mein Reich. Es war ein bitterer Gedanke – schauten die Adligen denn nicht auf ihn herab, als wäre er nur ein unwichtiger Bürokrat? Verachteten ihn seine Untergebenen nicht? Sein direkter Vorgesetzter, Kastellan Sperren, war ein tattriger alter Knacker, der ihm alle Arbeit überließ, ihn aber laut ausschimpfte, wenn etwas verspätet fertig oder auch nur im Geringsten ungenau war. Zweifellos wusste der König gar nicht, was er an Spurlock und seiner Arbeit hatte.
Es war ein jämmerliches Amt für jemanden, der für so viel größere Dinge geboren war. Eines Tages würde er diesen Schreibern wirklich beibringen, was Angst war. Tatsächlich würde ganz Sacoridien zu seinen Füßen zittern, besonders der König. Er würde …
Irell starrte verträumt aus dem Fenster, als wünschte er sich sehnlichst, dass die Mittagsglocke läutete. Spurlock grinste boshaft und schlug mit dem Stock auf den Boden. Irell zuckte zusammen und schluckte, als er Spurlocks Blick auf sich spürte.
»Hungrig, wie, Irell?«, fragte Spurlock sehr leise.
Verlegen schob der Schreiber seine Papiere zurecht und errötete. »Nein, Herr.« Aber als wollte er ihn verraten, fing
sein umfangreicher Bauch lautstark zu knurren an. Gedemütigt errötete der Mann. Die anderen Schreiber warfen ihm Seitenblicke zu, und einige lachten leise.
»Ihr träumt wohl von diesen Pasteten drunten im Speisesaal, die frisch aus dem Ofen kommen, hm?«
Irell starrte seine Schreibtischplatte an.
Wie aufs Stichwort begann die Mittagsglocke zu läuten. Die Schreiber warfen Spurlock neugierige Blicke zu und warteten darauf, dass er sie in die Mittagspause entließ. Aber selbst nachdem der zwölfte Schlag verklungen war, ließ er sie nicht gehen. Er behielt sie dort, streckte ihre Erwartung bis an die Grenze des Erträglichen. Aber Spurlock konnte seine Zeit hier nicht mit Spielchen verschwenden – er hatte andere Dinge zu erledigen. Wichtige Dinge.
»Ihr könnt zum Mittagessen gehen«, sagte er. »Mit Ausnahme von Irell. Ihr bleibt hier und setzt Eure Arbeit fort.«
Stühle kratzten über den Boden, als die Schreiber aufstanden und aus dem Zimmer rannten, und sei es nur, um ihn für einige Zeit los zu sein. Alle außer Irell, der weiter mit verdrießlicher Miene seinen Schreibtisch anstarrte.
»Wenn ich bei meiner Rückkehr diese Arbeit nicht erfolgreich beendet vorfinde«, sagte Spurlock, »werde ich Euch nach fünf noch dabehalten. Verstanden?«
»Ja, mein Herr.«
»Gut.« Spurlock wusste, dass Irell bleiben und fleißig arbeiten würde. Der Schreiber konnte es sich nicht leisten, entlassen zu werden, denn er hatte eine wachsende Familie zu ernähren. Wie viele Gören hatte er inzwischen? Zehn? Und ein elftes war unterwegs.
Spurlock verließ den Raum und nahm die Wendeltreppe, die ihn zum untersten Geschoss des Verwaltungsflügels bringen würde. Sein Ziel war jedoch nicht das Archiv mit seinem
lächerlichen, abergläubischen Archivar. Nein, er hatte anderes vor.
Als er die unterste Ebene erreichte, nahm er eine Lampe von der Wand,
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