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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte sie es nicht geschafft, das Buch wieder zu verschließen. Irgendjemand musste dies bemerkt und daraus seine Folgerungen gezogen haben. Die Äbtissin vielleicht? Oder Signora Artella? Hatte sie deshalb dafür gesorgt, dass Isabella aus dem Kloster entfernt und in das Gasthaus verlegt worden war? »Ich glaube, ich kenne die Person, die es hat verschwinden lassen. Als Ihr mich hier ... gestellt habt, sind wir mit Signora Artella zusammengetroffen. Erinnert Ihr Euch?«
    Der Pater nickte. »Ihr glaubt, sie weiß, dass wir den Durchgang kennen, und hat ihn deshalb nicht als Versteck verwendet.« Der Pater biss sich auf die Lippen. »Wo könnte die Handschrift sonst sein?«
    Einer Eingebung folgend kniete sich Isabella nieder und tastete den Hals der Nonne ab. Um ihren Hals musste die Kette hängen, an der der Schlüssel für das Neumenbuch befestigt war. Doch sosehr sie suchte, sie fand nichts. Das war unmöglich. Sie prahlte regelrecht damit, den Schlüssel niemals abzulegen und ihn an ihrem Herzen zu bewahren.
    »Ihr habt den Schlüssel gestohlen!«, fuhr sie den Pater an, als sie begriff, was eben geschehen war. Padre Antonio hatte bei der Alten nicht nur die Halsschlagader ertastet.
    »Meint Ihr den?« Zwischen den Fingern des Paters pendelte der Schlüssel, dessen eingelegte Inschrift am Schaft matt glänzte. Während ihr das entschuldigende Grinsen des Paters einen Spruch ihres Vaters ins Gedächtnis rief, begann sich die Nonne zu regen. »Trau keinem Schwarzrock!«, hatte ihr Vater immer wieder betont – und jetzt musste sie feststellen, dass dieser Pater, den sie nicht unsympathisch fand, das Talent zu einem Taschendieb besaß.
    »Wenn die Schwester bemerkt, dass ihr Schlüssel fehlt, wird sie mich ...« Isabella verstummte, denn der Pater hatte sich von ihr weggedreht und war auf das Bild zugegangen, das ihr beim Eintritt selbst aufgefallen war. Als wollte er die Zeichnung mitden Fingern ertasten, berührte er das Spruchband. Isabella war hin-und hergerissen zwischen ihrer Pflicht, der Alten zu helfen, und ihrer Neugier. Sollte sie Suor Ablata, die leise stöhnte, liegen lassen, und sollte sie beim Pater wegen der Abkürzung nachfragen?
    »Was hat das zu bedeuten?«, entfuhr es ihrem Mund, noch ehe sie sich entschieden hatte.
    Der Pater wurde durch ihre Frage aufgeschreckt, denn er zuckte zusammen. Seine Augen irrten zwischen ihr und der Darstellung an der Wand hin und her. »Warum wollt Ihr das wissen?« Seine Stimme klang ungehalten, als störe ihn ihre Neugier.
    »Weil es mich interessiert, Padre Antonio«, blaffte sie zurück. »Custodes Domini« , flüsterte er. »Die Wächter des Herrn! Maria übergibt eine Schrift, lässt dafür ein Kloster bauen und setzt Wächter ein, sie zu bewahren.«
    Der Pater sagte dies alles leise und so, dass Isabella sich anstrengen musste, der Ausführung zu folgen.
    »Was könnte so wertvoll sein, dass man ...«, Isabella zögerte, weil ihr etwas einfiel, »... Wächter einsetzen und ein Kloster dafür bauen muss?« Sie hatte den Gedanken kaum ausgesprochen, als es ihr wie Schuppen von den Augen fiel. »Ihr meint doch nicht ... Maria, die Mutter des Herrn, könnte ... etwas Schriftliches ...« In ihrem Kopf schwirrte es. Hatte Suor Francesca davon gewusst? Plötzlich kam ihr die merkwürdige Äußerung ihres Vaters in den Sinn, seine Schwester habe etwas entdeckt, was ihm und seiner Offizin wertvoll sein könnte. Ihr Vater! Siedend heiß fiel ihr ein, dass er auf sie gewartet hatte. Gestern. Nach der Sext. Und heute würde sie ihm begegnen, wenn er sie abholte.
    »Wohin könnte man die Handschrift bringen«, überlegte der Pater laut, »wenn man sie nicht allzu weit entfernen und doch verbergen will? Man braucht eine entsprechend große Nische hinter einem Teppich, einen Schrank, eine ...«
    »Ich glaube, ich weiß, wo die Handschrift liegt!«, entfuhr esIsabella. Sie entsann sich ihres Abenteuers mit Signora Artella, ihrer Beinahe-Begegnung im Gang.
    »Und wo?« Der Pater drehte sich zu ihr um. Seine Pupillen waren geweitet, als hätte ein Rausch von ihm Besitz genommen. Doch Isabella streckte nur die Hand nach dem Schlüssel aus, der noch immer an der Hand des Paters hin und her pendelte. »Wir sind aufeinander angewiesen. Ihr wollt wissen, wo die Handschrift ist, ich will Suor Ablata den Schrecken ersparen, der sie treffen würde, wenn der Schlüssel verschwunden wäre. Seid also so nett.« Sie winkte energisch mit der Hand.
    Padre Antonio gab sich geschlagen. Mit

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