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Die Botschaft Der Novizin

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Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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liefen sie durch einen zweiten Gang und standen, nachdem sie eine schmale Tür in einem breiten Tor aufgestoßen hatten, im zweiten Hof. Er wurde von den Nonnen als Garten benutzt, in dem in steinernen Kübeln und kleinen Beeten Kräuter gezogen wurden. Ansonsten war er gepflastert. In einer Ecke stand eine Zielscheibe. Isabella erinnerte sich, einige Nonnen mit Armbrüsten in der Hand gesehen zu haben. Offenbar übten sie dort das Schießen. In der Mitte ragte der Brunnen einer Zisterne empor, überragt von einem metallenen Galgen, mit dessen Hilfe man die Abdeckung heben und Wasser schöpfen konnte. Der Brunnenstein war mit einem schlichten Sockel versehen. Nicht einmal mit einer Skulptur war dieser Brunnen geschmückt, so wie der Zisternenbrunnen im Kreuzgang mit einem Triton, einem Fischwesen; fast hatte es den Anschein, als habe man bewusst jeglichen Schmuck vermieden. Der Hof wurde auf zwei Seiten von Mauern begrenzt; hinter der Nordmauer sah man die Wipfel von Bäumen über die Mauerkante ragen. Die Mauer im Osten schloss gegen den Kanal ab. Auf den beiden übrigen Seiten ragten Gebäude empor, einmal der Haupttrakt des Klosters, zum anderen die Vorbauten der Kirche San Lorenzo mit dem Nonnenchor. Beide hatten Säulenumgänge im Obergeschoss, aber glatte Wände zu ebener Erde. Isabella und der Pater suchtenalle Wände ab, fanden aber nichts, was ihnen aufgefallen wäre – keinerlei Inschrift, kein Epitaph, keine Sonnenuhr an den Wänden oder am Boden, weder Bemalungen noch Reste von Ziermustern. Nichts.
    »Es ist der langweiligste Hof der Welt«, brachte Isabella ihre Enttäuschung auf den Punkt, und Padre Antonio konnte nicht umhin, ihr zuzustimmen.
    »Oder wir sehen nur den Wald vor lauter Bäumen nicht«, gab der Pater zurück. Er stand neben Isabella am Brunnen und drehte sich rundum. Doch es ging ihm wie dem Mädchen, er konnte nichts Auffälliges entdecken.
    »Ich muss das Chorbuch noch einmal einsehen!«, flüsterte Isabella. Zugleich stampfte sie mit dem Fuß energisch auf.
    »Ich dachte, Ihr habt den Schlüssel dazu Suor Artella ausgehändigt!«
    »Das habe ich auch«, sagte Isabella. »Aber vielleicht gibt es doch noch einen Weg.« Sie lief zweimal auf und ab, als müsse sie sich für etwas entscheiden, eine innere Barriere überwinden, denn plötzlich richtete sie sich auf, straffte sich und sagte nur. »Folgt mir!«
    Padre Antonio konnte nicht so schnell reagieren. Bevor er noch wusste, was geschah, hatte Isabella bereits das Tor erreicht und war in den Gang geschlüpft. Er musste sich sputen und beeilte sich derart, dass seine Rockschöße flogen.
    »Es ist das erste Mal, dass ich einer Frau nachlaufe«, schmunzelte er halblaut und bemühte sich, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Vor einer Zellentür in der Nähe des Nonnenchors hielt sie inne. »Wartet hier draußen!«, flüsterte sie dem Pater zu.
    »Was habt Ihr vor?« Erschrocken fuhr er sich mit der Hand an den Mund. »Tut nichts, was Euch nachher reuen würde.« Isabella lachte lautlos und schüttelte den Kopf. »Wofür haltet Ihr mich? Ich besuche nur kurz die ehrwürdige Mutter Ablata und verabschiede mich von ihr. Allerdings«, sie zögerte, dann wandte sie sich an ihn und flüsterte verschwörerisch, »müsstIhr mir einen Gefallen tun. Ihr seid doch ein päpstlicher Nuntius! Verhaltet Euch einmal so!« In kurzen Worten erklärte sie ihm ihr Vorhaben. Was er zu hören bekam, trieb ihm die Schamröte ins Gesicht.

KAPITEL 39 Die alte Chornonne hatte sich bei Isabella untergehakt, und diese führte sie zum Nonnenchor.
    »Du bist sicher, dass du das Tuch hinter dem Altar vergessen hast?«
    Isabella nickte. Sie wollte die alte Frau nicht weiter belügen, doch die Neugier der Alten ließ ihr keine Wahl.
    »Ich habe dort nichts bemerkt!«, sagte Suor Ablata.
    »Es liegt dort, Ihr werdet sehen!«, beschwichtigte Isabella. Schlurfend näherten sie sich der Tür. Die alte Frau fingerte aus den Tiefen ihres Rocks einen enormen Schlüssel mit einem merkwürdig verdrehten Bart zutage, den sie ins Schloss steckte. Sie musste dabei beide Hände benutzen, so zitterte sie. Aufzusperren gelang ihr nicht mehr, dazu waren die mageren, nur noch von faltiger, fleckiger Haut zusammengehaltenen Knochenfinger nicht mehr in der Lage. »Jetzt hilf mir schon«, zischte sie ungeduldig, als Isabella nicht sogleich zugriff. »Ich bin keine zwanzig mehr.«
    »Wie alt seid Ihr denn?«, fragte Isabella beiläufig.
    »Älter, als ein Klosterleben ertragen kann«,

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