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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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eingetreten, um sich die Beute zu holen. Wilder Gesang drang aus der Schankstube herauf und nahm ihnen langsam die Luft zum Atmen.
    »Ich muss hier raus!«, wimmerte Isabella unter den Trommelschlägen der Matrosen unten. »Keine Macht der Welt kann mich länger hier halten!«
    »Was wird aus mir und Francesca?« Suor Anna blickte ebenso verstört wie ängstlich zu Isabella hinüber. »Du kannst mich nicht einfach alleinlassen!«
    »Wie sollen wir gemeinsam hier herauskommen? Selbst wenn das gelänge, wie sollte ich Euch und das Kind mitnehmen?« Verzweifelt schüttelte Isabella den Kopf und vergrub ihr Gesicht zwischen den Knien. »Es gibt nur zwei Wege nach draußen, zum einen durch die Schankstube und zum anderen über den Nebeneingang, von dem Suor Patina gesprochen hat. Aber der führt durch die Küche. So wie es im Moment dort unten aussieht, glaube ich nicht, dass wir uns unbemerkt rausschleichen können. Und wenn die Kerle uns entdecken, dann gnade uns Gott!«
    »Also sitzen wir hier fest?«
    »Es muss noch eine weitere Möglichkeit geben.« Isabella überlegte angestrengt. Bislang war ihr noch zu jedem Problem eine Lösung eingefallen. Frauen mussten ihren Verstand einsetzen, denn der Weg der Gewalt war ihnen versperrt. Die Kerle unten hätten sie mit roher Kraft überwältigt.
    »Das Dach!«, rief Suor Anna aus. »Wir könnten versuchen, übers Dach ins nächste Haus zu gelangen ...«
    Isabella hob den Kopf und grinste. »Die beste Idee, seit Dächer gebaut wurden!«, verkündete sie. »Wie kommen wir aufs Dach?«
    Suor Anna zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.« Isabella verdrehte die Augen und seufzte. Ein Dachzugang war sicher leicht zu finden – solange er nicht im anderen Teil des Hauses lag, in der Zimmerflucht des Gästetrakts.
    Sie stand auf und schlich zur Zimmertür. Langsam drückte sie die Klinke und öffnete. Das Geschrei wurde lauter; ansonsten reagierte niemand auf die Geräusche. Das Stöhnen und Wimmern im Nachbargang, verbunden mit dem Knarren der Bettgestelle, verschluckte alles.
    Isabella sah sich draußen um und fühlte plötzlich eine Berührung in ihrem Rücken. Sie wandte den Kopf. Hinter ihr stand Suor Anna, das Baby auf dem Arm. Mit einem Knoten band sich diese noch das Tuch fest, mit dem sie sich ihr Kind vor die Brust hängte. »Du hast doch wohl nicht im Ernst geglaubt, dass ich hierbleibe. Ich komme mit.«
    Unmerklich nickte Isabella. »Dann kommt!«
    Sie betraten den kleinen Flur und blickten sich lange und genau um. Isabellas Herz schlug schneller, als sie direkt gegenüber der Tür zum Gästetrakt den Zugang zu einem Holzverschlag entdeckte. Da die gesamte Wand mit rohen Holzpaneelen verkleidet war, entdeckte ihn nur, wer genau hinsah. Wenn sie nicht alles täuschte, dann war dies der Aufgang zum Dach.
    Beherzt versuchte sie das Gatter nach innen zu drücken, dann nach außen zu ziehen. Doch es rührte sich nicht. Der Rahmen klemmte.
    »Jetzt steht nicht so herum, sondern helft mir!«, fuhr sie die Nonne an, die sich sofort aus ihrer Starre löste, sich neben sie stellte und zugriff. Gemeinsam zogen sie am Gatter.
    Beide waren sie trotz der Geräuschkulisse um sie her darauf bedacht,möglichst wenig Lärm zu machen. Vermutlich war das Gatter seit Jahren nicht geöffnet worden, und das Holz hatte sich verzogen. In der venezianischen Feuchtigkeit, die alle Dinge auf dieser Laguneninsel durchtränkte wie einen riesigen Schwamm, bogen sich nach Jahrzehnten Holzbalken wie Weidenruten, und Türen ließen sich nicht mehr aufmachen, weil sie gequollen waren.
    Mit einer letzten Kraftanstrengung zogen beide Frauen an den Paneelen. Mit einem hässlichen Krachen und lautem Kreischen schwang die Tür auf.
    Isabella erstarrte für einen Augenblick und lauschte. Doch der Lärm war offenbar im allgemeinen Krach untergegangen. Beruhigt nahm sie den Raum hinter dem Gatter in Augenschein. Tatsächlich lief eine hölzerne Stiege die Wand entlang ins Dachgeschoss hinauf. Stumm winkte sie Suor Anna.
    Plötzlich hämmerte jemand gegen die Tür zum Gästetrakt, und die Stimme eines Betrunkenen fragte nach, ob dort jemand sei. Isabella wandte sich Suor Anna zu und hielt den Finger vor den Mund.
    Wieder hämmerte der Mann mit der Hartnäckigkeit eines Betrunkenen.
    Und dann schrie das Kind vor Annas Brust. Es hatte sich offenbar erschreckt.
    »He, da ist doch jemand!«, brüllte es von der anderen Seite, diesmal energischer, während Suor Anna gleichzeitig ihr Mädchen zu beruhigen

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