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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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und fondamente aus nicht gesehen werden konnten.
    »Wie die Heuschrecken sind sie«, bestätigte Marcello. »Es sind vor allem die Galeotti der Familie Contarini, die Unruhe verbreiten. Den Galeotti genügt das tristissimo nicht mehr, der aus Bohnen, Schiffszwieback und Pökelfleisch gekochte Eintopf. Sie fordern eine gute Ernährung auf See. Nur wer nichthungrig sei, kämpfe freudig, sagen sie. Außerdem verhindert die Bedrohung durch die Türken, dass sie in den angelaufenen Häfen selbst Handel treiben können. Die Ruderbänke werden niedriger, unter denen sie ihre Waren unterbringen könnten, die Bezahlung schlechter und die Handelszeiten in den Häfen des Ostens kürzer. Alles das sind Vorwürfe, die von den freien Galeotti erhoben werden – zu Recht erhoben werden.«
    Isabella hatte nur mit halbem Ohr mitgehört, aber der Name Contarini hatte sie aufmerken lassen. Das konnte alles kein Zufall sein: die provozierenden Contarini-Ruderer, der Tod Julias. All das, während Isabella gleichzeitig nach dem Versteck des Klosterschatzes suchte.
    Mit einigen raschen Schlägen entfernte sich die Gondel vom Ort ihres Schreckens. Der Gondoliere lenkte sie mit wenigen Ruderschlägen auf den Canal Grande zu und ließ sie in den Schilfgürtel der hölzernen Duckdalben und der das Wasser bevölkernden Boote eintauchen.
    Ebenso rasch entschloss sich Isabella. Sie brauchte einen Verbündeten, auf den sie sich verlassen konnte. Jemanden, der sie verstand und ihr selbst in die dunkle Zisterne hinunterfolgte. Sie musterte Marcello aus der Felze heraus. Er hatte durchaus Mut gezeigt und Abenteuerlust bewiesen, hatte sich sogar ins Kloster geschlichen, um nach ihr zu suchen. Aber sie hatte nach wie vor Bedenken, einen Mann von außerhalb, der kein Kleriker war, in das Reich der Frauen mitzunehmen. Er fiel zu leicht auf. Von ihm würde sie sich nur ins Kloster zurückbringen lassen, mehr nicht.
    Bei Suor Anna lag das Problem anders. Ihre Rolle in der Gruppe um ihre Tante war zu undurchsichtig, sodass Isabella kein rechtes Zutrauen zu der Nonne fassen konnte. Außerdem musste sie sich um die kleine Francesca kümmern. Deren Bedürfnis nach Schlaf und Milch und Geborgenheit band die Mutter zu sehr.
    Folglich blieb nur noch eine Person: Padre Antonio. Er hatteein ausreichendes Interesse an den Geheimnissen San Lorenzos, und er war ihr gefühlsmäßig zugetan. Er würde ihr deshalb bedingungslos folgen. Auch wenn er ein Bücherwurm war und eher in das Skriptorium eines Kloster passte als in eine Zisterne.
    Die Gondel beschrieb einen Bogen, fuhr den Canal Grande hinauf, zwängte sich wieder in einen der schmaleren Kanäle und erreichte schließlich nach einigen Windungen und Biegungen den Ponte di San Lorenzo. Die ganze Zeit über blieb Isabella stumm und betrachtete einzig die Nonne neben ihr, die ihr Kind wiegte und in sich und ihr Mutterglück versunken war. »Isabella«, begann Marcello, der von ihrer Sprachlosigkeit wohl enttäuscht war, »wie kann ich dir helfen?«
    Stumm betrachtete Isabella den jungen Mann, der nur um weniges älter war als sie. Vor wenigen Tagen noch hätte sie kein größeres Glück gekannt, als mit Marcello vor den Traualtar zu treten. Doch in diesen Tagen war eine Welt um sie zusammengebrochen, und Isabella hatte das Gefühl, dass die Erfahrung sie um Jahre hatte altern lassen. War dies der Grund, dass sie sich nun eher zu dem reiferen Padre Antonio hingezogen fühlte? Sie wusste es nicht. Aber sie wollte Marcello, der in seinem jungenhaften Übereifer so viel für sie getan hatte und noch mehr zu tun gewillt war, auch nicht vor den Kopf stoßen.
    Sie wusste nicht, welcher Teufel sie ritt, doch sie stand auf und trat ganz nahe an ihn heran. Die Gondel schwankte ein wenig, obwohl der Ruderer sofort das Gleichgewicht wiederherstellte. Sie nahm dieses Stehen auf schwankendem Grund als ein Zeichen für ihre momentane Situation.
    »Komm morgen in aller Frühe mit der Glocke zur Prim in den hinteren Garten. Dorthin, wo wir das Kloster ... «, mehr sagte sie nicht, weil sie bemerkte, dass Suor Anna die Ohren spitzte. »Sei pünktlich.«
    Warum sie das sagte, obwohl sie kaum mehr eine Anziehung verspürte, wusste sie selbst nicht. Es war aus einem Bauchgefühl,einer bloßen Laune heraus geschehen. Vielleicht lag es einfach daran, dass Frauen spielen wollten und sich Männer so leicht in ihren Netzen verfingen.
    Doch Marcello strahlte und war glücklich.

KAPITEL 49 Padre Antonio schreckte hoch. Er wusste noch, wie er

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