Die Botschaft Der Novizin
ihm. Ihre Kutte hatte sie zusammengefaltet und hielt sie mit einer Hand auf dem Kopf fest. In der anderen trug sie die Lampe. Die Kerze darin war zu einem Stumpen heruntergebrannt.
Padre Antonio starrte auf Isabellas Brüste, die sich spannten und deren Warzenhöfe ihn wie Augen spöttisch zu betrachten schienen. Ihre dunkle Scham spiegelte sich im trüben Wasser der Zisterne, das ihr bis zu den Oberschenkeln reichte.
»Was ...« Er musste sich räuspern. »Was soll das? Was wollt Ihr von mir?«
»Ihr dürft Eure Soutane ruhig anlassen, ich empfehle es jedoch nicht. Hier ist der Ausgang.« Isabella leuchtete mit ihrer Lampe in eine Nische hinein, deren niedriges Bogengewölbe beinahe vollständig mit Wasser angefüllt war. Nur ein schmaler Spalt, vielleicht eine Handspanne hoch, war frei. Als Isabella die Lampe in die Öffnung hielt, flackerte die Kerze. »Der Weg nach draußen!«, verkündete sie. »Ich will nur nicht tropfnass am anderen Ende ankommen. Also habt Euch nicht so – oder werdet durchweicht.« Mit diesen Worten ging sie in die Knie. Der Pater sah, wie sie fröstelte; das Wasser war kühl. Sie ließ sich auf die Knie nieder und schlüpfte in das Gewölbe. Das Zisternenwasser, durch die Schwebstoffe milchig trübe geworden, verschluckte den hellen Schimmer ihrer Haut.
Der Pater verfolgte anhand des Lichts, wie Isabella immer tieferunter den Bogen abtauchte, der sich tatsächlich als eine Art Kanal erwies. Plötzlich vernahm er einen erschreckten Ausruf, ein Gurgeln, und das Licht erlosch.
Der Schreck des Ereignisses ließ ihn erstarren. Erst nach einigen panischen Herzschlägen war er in der Lage zu rufen. Er leuchtete den Spalt mit seiner Laterne aus. »Isabella? Isabella! Ist Euch etwas zugestoßen?«
Er erhielt keine Antwort. Und plötzlich kam Bewegung in ihn. Isabella war dort in diesem Kanal ein Unglück geschehen. Sie war untergetaucht und kam nicht mehr hoch. Mit fliegenden Händen knöpfte er die Soutane auf und streifte sie sich über den Kopf. Er nahm sie in die eine Hand, drückte sie auf den Kopf, wie er es bei Isabella gesehen hatte und leuchtete mit der anderen Hand in das Gewölberund hinein. Ein kleiner Ruck, und er stand auf den Knien und stieß sich vorwärts, das Licht auf Augenhöhe. Ihm war, als würde er vor sich ein Plätschern vernehmen, ein wildes Schlagen und Klatschen, als kämpfe jemand gegen das Ertrinken an. Padre Antonio verstärkte seine Anstrengungen. Er konnte kaum etwas erkennen, denn das Licht zeigte ihm zwar den Weg, blendete jedoch gleichzeitig seine Augen. Er stieß sich mit Zehen und Knien vorwärts. Plötzlich sackten seine Knie ins Leere. Dort war nichts mehr. Da er sich mit den Zehen bereits vorwärtsgetrieben hatte, kippte er nach vorn. Verzweifelt versuchte er die Beine auszustrecken, doch die geringe Höhe des Ganges verhinderte dies. Er verlor den Halt, die Laterne fiel ins Wasser, die Kerze erlosch. In völliger Finsternis kippte er nach vorn, schluckte Wasser, musste prusten, versuchte gleichzeitig Halt zu finden, strampelte mit den Beinen, ließ seine Soutane los, die ins Wasser klatschte, und glitt in die Tiefe. Wo war oben, wo unten? Wo links oder rechts? Wild schlug er um sich, trat mit den Beinen das Wasser, bis er spürte, wie er Boden unter die Sohlen bekam. Er stemmte sich hoch und schoss aus dem Wasser, holte einen tiefen Atemzug, hustete, spuckte und stand bis über dieHüfte im Wasser. Etwas berührte seine Gesäßbacken. Er griff danach und hielt seine Soutane in der Hand. Die Lampe hatte er im Kampf mit dem Wasser verloren.
»Isabella?«, fragte er in die Dunkelheit hinein. »Isabella, wo seid Ihr? Antwortet!« Er lauschte, hörte jedoch nichts. Das konnte aber auch daran liegen, dass Wasser in seine Ohren eingedrungen war. Er tastete sich vorwärts und fühlte, wie der Boden anstieg. Kurz darauf stieß er auf eine Treppenstufe. »Isabella!«, rief er jetzt lauter. »Sagt schon etwas!«
Als er erneut nichts hörte, drehte er sich um und ließ sich zurück ins Wasser gleiten. Wo war Isabella? Hatte sie den Weg hierher nicht geschafft? War sie ertrunken?
KAPITEL 53 Isabellas Beine verloren den Halt, und sie sackte unter die Wasseroberfläche. Zischend verlosch ihre Laterne. Geistesgegenwärtig hielt sie die Luft an und streckte die Arme hoch, um das Habit zu schützen. Sie schlug mit den Beinen, ruderte mit einem Arm und fand wieder festen Boden, den Beginn einer Treppe. Obwohl vom Geschehen überrascht, hatte sie etwas in der Art
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