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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Plötzlich wusste Isabella, um wen es sich bei der Frau vor dem Holzpaneel handelte: Suor Anna! Aber wer war der Mann?
    Die Kleine schrie, und Isabella konnte sich ausmalen, was draußengeschah, denn kurze Zeit später wurde das Geschrei durch schmatzende Saugbewegungen abgelöst. Suor Anna gab dem Kind die Brust und beruhigte es auf diese Art.
    »Warum musstest du das Kind Francesca nennen?«, knurrte der Mann, als hätte er ein Mitspracherecht dabei.
    »Ich nenne mein Kind, wie ich will!«, fauchte Suor Anna den Mann an.
    » Unser Kind!«, ergänzte der Kerl, und Isabella musste sich mit der Hand den Mund zuhalten.
    »Außerdem war es mit meiner Mutter vereinbart«, fuhr Suor Anna fort. Der Einwand wirkte trotzig, als wollte sie dem Mann bewusst wehtun.
    »Deiner Mutter, dieser ... dieser ... «, spottete der Fremde, doch wagte er offenbar nicht, dem Satz ein Schimpfwort anzuhängen.
    »Ihr wagt es nicht, sie zu beleidigen! Ihr nicht!«, konterte Suor Anna, jetzt selbstbewusst, und sogar das Kleinkind schien aufbegehren zu wollen, denn es begann lautstark zu schreien. Dort draußen standen nicht nur Suor Anna und Francesca, sondern auch der Vater des Kindes. Nur zu gerne hätte sie ihn gesehen, doch das Paneel enthielt keinen Spalt, durch den sie hätte spähen können. Sogar von Suor Annas Mutter war die Rede. Zu gerne hätte sie gewusst, wer damit gemeint war. Isabella war hin-und hergerissen. Sollte sie weiter lauschen oder sich nach unten begeben? Die beiden Personen im Raum vor ihr nahmen ihr die Entscheidung ab.
    »Ihr werdet von meinen Leuten auf die Terra ferma gebracht. Geld steht zur Verfügung. Versteckt euch in der Fischerhütte, bis ich Weiteres veranlasse. Und jetzt fort!« Der Mann duldete keinen Widerspruch. »Ich kann kein Kind in San Lorenzo gebrauchen, solange die Untersuchung hier läuft.« Türen schlugen, und Isabella gewann den Eindruck, als würden beide den Raum verlassen.
    Mühsam versuchte sie das, was sie gehört hatte, mit den Ereignissender letzten Tage in Einklang zu bringen. Demnach war die Horde der Galeotti nicht zufällig in den »Roten Ochsen« eingefallen. Sie hatten Anna und das Kind gesucht. Doch warum sollten die beiden auf die Terra ferma gebracht werden? Eine Nonne, die nicht nur schwanger, sondern niedergekommen war und einen Säugling versorgte. Das sollte offenbar nicht öffentlich werden. Es hätte Fragen nach dem Vater aufgeworfen, Verhöre nach sich gezogen – und womöglich hätte Suor Anna den Namen preisgegeben. Ob es sich um einen der Provveditori handelte, die mit dem Patriarchen ins Kloster gekommen waren? Schimpf und Schande wäre gewesen, was er zu erwarten hätte – wochenlang Tagesgespräch, Kichern hinter vorgehaltener Hand und womöglich eine Exkommunikation durch den Patriarchen oder den Papst. Das hätte zwar niemanden wirklich gestört, und der Kirchenbann gegen einen venezianischen Adligen war ein lächerliches Instrument, doch vielleicht handelte der Geschäftsmann mit Rom, vielleicht sollte sein Sohn Kardinal werden oder eine der Töchter Äbtissin oder Priorin in einem der unzähligen Klöster hier in der Stadt oder auf dem Festland. Die Möglichkeit wäre auf absehbare Zeit verbaut gewesen.
    Oder hatte man vielleicht auch sie gesucht? Sollte sie ebenfalls gefangen genommen und auf das Festland gebracht werden? Aber warum? Und wie hingen die Morde in der Abtei damit zusammen, sofern es überhaupt eine Verbindung dazu gab? Irgendwie passte das alles nicht zusammen, irgendwo fehlte ihr noch ein wichtiger Schlussstein, um ein tragfähiges Gedankengebäude zu errichten. Lag die Verbindung vielleicht bei dem umbekannten Mann, dem Vater der kleinen Francesca? Angestrengt dachte Isabella nach, doch sie konnte sich beim besten Willen nicht denken, wer Suor Anna geschwängert haben mochte, obwohl ihr die Stimme merkwürdig vertraut vorgekommen war.
    Schließlich wandte sie sich ab und stieg die Wendeltreppe hinunter.Sie wunderte sich ohnehin, wo der Pater blieb. Wenn er sich Sorgen um sie gemacht hätte, wäre er längst ... Ein Schreck durchzuckte sie. Während sie auf die Vertiefung am Grund vorbereitet gewesen war, konnte der Pater von ihr überrascht worden sein. Wenn er sich dabei den Kopf gestoßen oder die Orientierung verloren hatte, dann hätte er ertrinken können. Die Tatsache, dass sie kein Sterbenswörtchen von ihm hörte, ließ das Schlimmste befürchten.
    So schnell es ging, stieg sie die Stufen hinab, doch die Dunkelheit hinderte sie dabei.

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