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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Isabella zu seiner Überraschung. »Ihre Kutte zeigte denselben Schmutzrand, der sich bei mir einstellen wird, wenn das Gewand wieder trocken ist. Seht Ihr? Der aufgewirbelte Schmutz ist so fein, dass er sichim Stoff absetzt. Wenn das Wasser abtrocknet, bleibt er zurück. Bei meiner Tante sah es genauso aus. Sie war also hier unten, nachdem sie das letzte Steinchen des Mosaiks gefunden hatte.« Der Pater war plötzlich hellwach. Jetzt interessierte ihn das Gewölbe ebenfalls. »Dann hat sie gefunden, was wir suchen?«
    »Vermutlich nicht, sonst wäre sie nicht in ihre Zelle zurückgekehrt.«
    Der Pater watete zurück zu dem steinernen Steg, stemmte sich auf den Rand und setzte sich ins Trockene. Er zog die Beine an und versuchte seine Soutane auszuwringen. Isabella tat es ihm gleich, ließ jedoch weiter ihren Blick über die Decke und die Säulen wandern.
    »Wie habt Ihr das gemeint?«, fragte der Pater schließlich. Langsam schien Isabella innerlich in die Kaverne zurückzukehren. Sie musterte den Pater, als sehe sie ihn zum ersten Mal. Verlegen blickte der auf den Stein, auf dem er saß, ertappt wie ein Schuljunge, der versuchte, mit dem Fingernagel seine Initialen in die Oberfläche zu ritzen.
    »Warum sucht Ihr nach diesem Manuskript?«, fragte sie zurück. »Diesem apokryphen Evangelium. Erzählt mir bitte nicht, weil Ihr in den Vatikanischen Bibliotheken arbeitet und Euch alte Handschriften interessieren. Deshalb wurdet Ihr nicht aus Rom hierher entsandt.«
    »Ich ... ich habe kein persönliches Interesse daran. Kardinal Aleander, der ehemalige Leiter der Vaticana, hat mich mit diesem Auftrag betraut.«
    »Und Euch offenbar in ein Wespennest geschickt. Ihr habt mir jedoch keine Antwort auf meine Frage gegeben.«
    Sie drehte sich zu ihm um und setzte sich so, dass er ihre Augen sehen konnte. Padre Antonio blickte in deren dunkle Abgründe und verstand, warum die Bibel der Frau nicht nur Schönheit und Anziehungskraft zusprach, sondern ebenso Diabolisches. Diese Augen konnten einen Mann verschlingen. Mit Haut und Haaren.
    »Warum sucht Ihr wirklich danach?«, stellte er die Gegenfrage, in der Hoffnung, sie würde nicht weiter in ihn dringen. »Doch nicht nur, um Suor Anna zu helfen!«
    »Meine Tante wollte das Kloster verlassen. Sie hätte das Manuskript vermutlich benutzt, um sich eine Zukunft aufzubauen. Jeder Drucker in dieser Stadt hätte sich die Finger danach geleckt. Die Gelehrten hungern nach neuen Manuskripten, und die Offizinen drucken sie ihnen.«
    »Wenn ich es recht verstanden habe, dann besitzt Euer Vater eine solche Druckerei.«
    Jetzt lächelte Isabella für einen kurzen Moment. »Mein Vater hat mich deshalb in das Kloster gesteckt. Tante Francesca wusste, mein Vater würde für das Manuskript jeden Preis bezahlen – vielleicht sogar den, sie auf das Festland zu bringen und sie mit einer ausreichenden Summe auszustatten, damit sie neu beginnen könnte.«
    »Vielleicht«, sagte der Pater und zog die Augenbrauen hoch. Isabella stand auf und leuchtete mit der Laterne wieder umher. »Solange wir nicht wissen, wo genau wir suchen müssen, bleibt alles Spekulation.«
    Er sah sie nur mürrisch an, mit einem Blick wie ein gefangener Wolf – und ein hungriger obendrein. Oder eher wie ein Hund, den man ohne einen Bissen in einen Käfig gesperrt hatte. Der Gedanke erheiterte sie so, dass sie laut auflachte. Ihr Lachen klang hell und zugleich dumpf, weil das Wasser es weithin trug und die Wände es zurückwarfen wie eine Drohung.
    »Kommt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Tante den Brunnenschacht hinuntergeklettert ist. Sie muss demnach auf einem anderen Weg in diese Zisterne gekommen sein.«
    Padre Antonio, der sich ertappt fühlte, wollte ihr zuerst nicht folgen. Diese Frau war ihm mit ihrer Art unheimlich geworden. Es gehörte sich nicht für eine Educanda, so gegenüber dem Mann aufzutreten, dem sie als Vorgesetztem Gehorsam schuldig war. Fast reute es ihn in diesem Moment, an ihre Augenblickegemeinsamer Lust zu denken. Hatte er sich damit in ihre Hand gegeben?
    Er führte den Gedanken nicht zu Ende. Isabella befand sich bereits außerhalb des Lichtkreises seiner Laterne, sodass er sich ins Wasser zurückgleiten ließ. Vor sich konnte er schwach ihr Licht erkennen und den Schatten, den sie groß und Furcht einflößend gegen die Decke warf.
    »Padre!«, hörte er sie rufen. »Kommt hierher, das solltet Ihr Euch ansehen.«
    Keine zwei Minuten später war er bei ihr. Splitternackt stand sie vor

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