Die Botschaft Der Novizin
prustend und nach Luft ringend Isabella.
»Padre? Seid Ihr das?«, fragte Isabella in Stille und Dunkelheit hinein.
Der Geistliche hatte beschlossen, vorerst nichts zu sagen. Der Raum sollte auf Isabella wirken.
»Jetzt macht mich nicht nervös, Padre Antonio«, setzte Isabella hinterher, doch nur ihre Stimme brach sich an den Wänden. Der Geistliche fühlte Hände, die sich zu ihm vortasteten, seinen Arm berührten, seine Brust, die sich zu seinem Gesicht hocharbeiteten und über Mund und Nase strichen.
»Als wären wir in einer ganz anderen Welt gelandet, die unsere Sinne nur unvollständig erfahren können«, flüsterte Isabella. Ein Vibrieren lag in ihrer Sprache, das dem Pater die Härchen auf den Armen aufstellte. »Eure Haut ist eiskalt. Als hättet Ihr den Tod berührt.«
Isabella begann seinen ganzen Körper abzutasten. Er fühlte ihre schmalen Finger auf seinem Rücken, auf seinen Schenkeln, auf dem Bauch. Hatte er zuvor beschlossen, den Raum auf Isabella wirken zu lassen, wirkten nun ihre suchenden Hände auf ihn. Sie standen wie in der Zisterne nur bis knapp über die Knie im Wasser. In der absoluten Finsternis dieser Kaverne ließ Isabellas Streicheln ein Knistern entstehen, das Funken hätte schlagen können, wenn es nicht so klamm und kalt gewesen wäre.
Sie standen starr im Wasser und völlig regungslos. Padre Antonio spürte, wie er zu zittern begann, gleichzeitig mit einem Rascheln, das sich in der Kaverne gleichmäßig verteilte, ohne dass sie lokalisieren konnten, woher es kam.
»Was ist das?«, fragte Isabella.
Der Pater hatte diese Frage befürchtet. Als er zum ersten Mal hier gewesen war, hatte er den Raum abgetastet. Er war kreisrund und hatte etwa auf Augenhöhe einen schmalen, kaum fußbreiten Umlauf besessen. Der Raum war seines Erachtens leer: kein Gegenstand, kein Lebewesen. Von daher gab es nur eine einzige Erklärung für die Geräusche: »Ratten!«
Isabella schrie auf und begann sich zu schütteln. »Ruhig, sie tun uns nichts, solange wir sie nicht reizen«, versuchte der Pater sie und sich selbst zu beruhigen. In der absoluten Finsternis dieser Kaverne klang seine Stimme hohl. Obwohl er von dem, was er sagte, keineswegs überzeugt war. Er hatte einmal zwei Rattenfängern zugehört, die sich über das Ausheben von Nestern unterhielten und etwas Ähnliches gesagt hatten. Ob es der Wahrheit entsprach, konnte er nicht sagen. Er hörte Isabellas Zähne aufeinanderschlagen, sie bibberte vor Kälte und Furcht.
»Hier in dieser Kaverne könnte sich der Klosterschatz befinden«, betonte er. »Ich habe vorhin alles abgetastet, doch nichts gefunden.«
Ein Platschen ließ beide aufhorchen, und plötzlich war das
Wasser unerträglich kalt. Ein Schauer überlief ihn, und erfühlte auch bei Isabella, wie sich auf deren Körper eine Gänsehaut bildete.
»Wir sollten von hier verschwinden!«, schlug er vor, und als wäre es das Signal gewesen, tauchte Isabella ab, nur um gleich darauf wieder hochzuschnellen.
»Wo geht es raus?«, fragte sie mit panikerfüllter Stimme. »Gebt mir Eure Hand«, sagte der Pater. Dieses Problem hatte er
eben schon einmal lösen müssen, und beim Eintauchen in diesen Raum hatte er sich so gestellt, dass die Öffnung direkt hinter ihm lag. Nachdem er sich die ganze Zeit nicht gedreht hatte, brauchte er nur rückwärtszugehen und er würde den Ausgang finden. Er langte ins Dunkel und griff nach Isabellas Arm.
Vorsichtig zog er sie hinter sich her, bis er die Ummauerung zu fassen bekam. Er spürte die Öffnung hinter sich wegen der kühleren Strömung, die um seine Beine strich und die offenbar aus der Zisterne in diesen Raum quoll. Er drehte sich um und tastete mit der freien Hand umher, um eine sichere Orientierung zu gewinnen. Er hatte sich nicht geirrt. Vor ihm lag jetzt der Durchstich. Er wollte eben abtauchen, als seine Hand Bruchstücke eines Gegenstands zu fassen bekam, die ihn irritierten.
»Was ist das?«, entfuhr es ihm, und gleichzeitig ärgerte er sich über seine mangelnde Selbstbeherrschung, denn Isabella hakte sofort nach.
»Was habt Ihr entdeckt?«
Hätte er den Mund gehalten, hätte er die Gegenstände irgendwann später einmal allein untersuchen können, jetzt war es zu spät. »Hier«, sagte er rau und führte Isabellas Hand an den Fundort heran. Isabella rückte näher an ihn. Er tastete mit ihr zusammen die Gegenstände ab. Er waren kleine und größere Scherben, alle rund, eine davon groß und bauchig mit einem auskragenden Rand. Als er
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