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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Leinwand eindrücken ließ. Natürlich. Das erklärte auch die merkwürdige Art des Durchgangs. Es war einfach ein alter Zugang, den man stillgelegt hatte. Die Außenseite war mit einer Scheintür verdeckt worden, nur von innen wurde daraus ein geheimer Ausgang.
    Das Hallen von Schritten schreckte sie auf. Die Person kam zurück. War es doch eine nächtliche Wächterin, eine Nonne auf Kontrollgang – oder war die Novizin ihr wieder nachgeschlichen?
    Isabella blickte nach links und rechts. Noch war keine Seele
zu sehen, noch beobachtete sie niemand. Dann drückte siedie Klinke. Die Tür blieb verschlossen. Energisch drückte sie ein zweites Mal, doch der Zugang gab den Weg nicht frei. Die Schritte wurden lauter. Jeden Augenblick musste die Nonne oder wer immer es war um die Ecke biegen. Sie durfte nicht aufgeben, nicht so kurz vor dem Ziel. Gab es für den Zugang einen Schlüssel? Natürlich! Sie zog ihren geheimen Schlüssel aus der Innentasche und wollte ihn in das Schlüsselloch stecken. Er passte nicht. Einer letzten Eingebung folgend suchte sie den Rahmen ab, ob man dort einen Schlüssel für diese Tür versteckt hatte: die Seiten, den Obersims. Nichts fand sich. Die Schritte hallten bereits so nahe an ihrem Ohr, dass Isabella glaubte, die Nonne sehen zu müssen. Doch nur die Einbildung verstärkte ihre Wahrnehmung. War die Tür vor einigen Stunden nur deshalb offen gewesen, weil sie beobachtet worden war und der Beobachter in der Eile vergessen hatte abzuschließen? Undenkbar, denn sie war zu langsam gewesen. Er hätte Zeit genug besessen, um abzusperren.
    Sie überlegte, wie sie die Tür von innen geöffnet hatte. Sie hatte diese Eisenstange gesehen und sie nach oben gedrückt. Beinahe hätte sie laut gelacht. Wie kann man verhindern, dass Unbefugte eine Tür öffnen, die eigentlich ein Zugang zu einem Geheimgang ist? Man lässt den Öffnungsmechanismus verkehrt herum wirken. Isabella nahm den Griff in die Hand und drückte ihn nach oben. Er ließ sich bewegen, und ein Klicken verriet ihr, dass sie Erfolg gehabt hatte. Die Bildertür schwang auf. Isabella schlüpfte hinein und zog die Tür hinter sich zu. Keine Sekunde zu früh, denn die Schritte näherten sich dem Zugang. Isabella dankte der bereits fortgeschrittenen Dämmerung, die in den Gängen des Klosters herrschte. Nur deshalb war sie nicht entdeckt worden. Jetzt durfte sie keinen Laut von sich geben, denn die Nonne dort draußen würde durch die dünne Tür hindurch selbst das Knurren ihres Magens hören können. Dennoch musste sie durch eine der Öffnungen sehen. Es interessierte sie, wer dort draußen Wache lief.
    Die Durchstiche in der Leinwand waren deutlich zu sehen, denn draußen war es noch immer heller als im stockfinsteren Gang, sodass ein wenig Licht ins Innere fiel. Isabella drückte ihr Auge an eine der Öffnungen und spähte hindurch.
    Signora Artella stand mit verschränkten Armen vor der Tür und starrte sie an.
    Isabella zuckte zurück. Unwillkürlich hielt sie die Luft an. Wusste die Nonne von dieser geheimen Tür? Ahnte sie, wer sich dahinter aufhielt? Warum musterte sie die Scheintür so genau? Vorsichtig legte Isabella ihr Auge wieder an die Öffnung. Diesmal war niemand zu sehen. Isabella hatte keine Schritte gehört. Nervös ließ sie ihren Blick von links nach rechts pendeln, als sich plötzlich etwas Dunkles über die Öffnung schob: ein Auge.
    Am liebsten hätte Isabella geschrien, so sehr erschrak sie. Doch tatsächlich wich sie nur ein kleines Stück zurück. Niemand würde von außen in den Gang hineinschauen können. Sie musste nur ruhig bleiben.
    Isabella glaubte, ihr Herz würde sie verraten, so laut klopfte es gegen ihre Brust, und ihr Atem hörte sich an wie das Schnaufen eines Lastesels.
    Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis sich Schritte von der Tür entfernten und Isabella die Gewissheit hatte, dass Signora Artella ihren Rundgang wieder aufnahm.
    Jetzt konnte sie sich endlich ihrem Schlüssel und der Neumenhandschrift widmen.

KAPITEL 21 Der Nonnenchor wirkte bei der sich wie eine Katze anschleichenden Dämmerung bedrohlich. Vom Beichtstuhl aus hatte Isabella den Raum im Blick und vergewisserte sich, dass sie allein war. Langsam schloss sie die Tür hinter sich. Sie nestelte in ihrer Tasche, um den Schlüssel herauszunehmen, und geriet für einen kurzen Augenblick in Panik, da sie ihnnicht fand und sich erschrocken fragte, ob sie ihn im Schloss an der Außenpforte hatte stecken lassen oder ob Julia Contarini ihn

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