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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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notierte mir die Nummer,
die sie auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen hatte, wo jeder sie abhören konnte. Sollte sie sich wirklich in ernsthaften Schwierigkeiten befinden und versuchen, ausschließlich mich zu erreichen, konnte ich nur beten, dass ich die Nachricht als Erste entschlüsselte.
    »Ich bin erreichbar unter der Nummer 615 263 94 …«, sagte die Stimme meiner Mutter.
    Mit zitternden Fingern schrieb ich die Ziffern auf meinen Notizblock.
    Sie hatte mir acht Ziffern gegeben anstatt der zehn, die für ein Ferngespräch nötig waren. Aber ich hatte das Gefühl, dass die Zahl ebenso wenig mit einem Telefon zu tun hatte wie die Rätsel meines Onkels Slawa. Ich hatte es mit einem zehnstelligen Code zu tun, dem die letzten zwei Ziffern fehlten. Und diese beiden fehlenden Ziffern waren die geheime Nachricht für mich.
    Ich brauchte ungefähr zehn Minuten, um das Rätsel zu lösen - viel länger als damals, als mein verrückter, wunderbarer Onkel mich ständig mit solchen kryptischen Botschaften herausforderte. Wenn man die Ziffernfolge in Zweiergruppen aufteilte (Hinweis: Es fehlten zwei Ziffern), bekam man als Ergebnis: 61 52 63 94.
    Sofort fiel mir auf, dass man, wenn man die Ziffern umkehrte, vier Quadratzahlen erhielt, angefangen mit dem Quadrat von vier. Also, jeweils vier, fünf, sechs und sieben zum Quadrat: 16 25 36 49.
    Die nächste Zahl in der Reihe - also die fehlende Zahl - war die 8, und damit wäre die letzte zweistellige Zahl in der Reihe 8 zum Quadrat, also 64. In einem echten Rätsel müsste man die Zahl natürlich umkehren, und dann würde die Lösung 46 lauten - aber so war es nicht.
    Ich wusste - ebenso wie meine Mutter -, dass die Zahl 64
eine ganz besondere Bedeutung für mich hatte. Es war die Anzahl der Quadrate auf einem Schachbrett.
    Auf den Punkt gebracht, war das das Thema, über das wir nie sprachen.
    Meine unglückliche und eigensinnige Mutter weigerte sich standhaft, über das Schachspielen zu reden - ja sie lehnte es sogar kategorisch ab, überhaupt ein Schachspiel in ihrem Haus zu haben. Nach dem Tod meines Vaters (das andere Thema, über das wir nie sprachen) hatte sie mir streng verboten, jemals wieder Schach zu spielen - das Einzige, was ich konnte, das Einzige, was mir half, mit der Welt, die mich umgab, in Kontakt zu treten. Genauso gut hätte sie mir, als ich elf Jahre alt war, befehlen können, autistisch zu werden.
    Schach war für meine Mutter ein einziges rotes Tuch. Zwar hatte ich ihre Logik nie nachvollziehen können - wenn es sich denn um Logik handelte -, aber meine Mutter war davon überzeugt, dass Schach sich für mich als ebenso gefährlich erweisen könnte, wie es für meinen Vater gewesen war.
    Doch jetzt schien es, als würde sie mich, indem sie mich zu ihrem Geburtstag herbestellte und mir diese rätselhafte Botschaft hinterließ, wieder ins Spiel zurückholen.

    Ich habe auf die Uhr gesehen: Ich brauchte genau siebenundzwanzig Minuten und - da ich den Motor dieses Spritfressers hatte laufen lassen - fünf Liter Benzin, bis ich raushatte, wie ich ins Haus gelangte.
    Inzwischen hätte jeder halbwegs intelligente Mensch erkannt, dass es sich bei den zweistelligen Zahlen um Kombinationen an einem Zahlenschloss handelte. Aber es gab kein einziges Zahlenschloss am Haus. Nur eins in der Scheune. An
einem Safe. Darin bewahrte sie normalerweise die Autoschlüssel auf.
    Wie konnte ich nur so blöd sein …
    Ich schaltete den Motor ab, stapfte durch den Schnee zur Scheune, und - voilà , das Schloss klickte, die Tür des Safes öffnete sich, und vor mir lag der Schlüssel. Als ich wieder vor der Haustür stand, dauerte es einen Augenblick, bis mir wieder einfiel, dass das Schloss sich hinter der linken Klaue des Adlers befand. Ich steckte den Schlüssel hinein, drehte ihn um, und die Tür ging einen Spaltbreit auf.
    Nachdem ich mir die Stiefel an dem verrosteten alten Kamingitter abgeklopft hatte, das zu diesem Zweck neben der Tür angebracht war, drückte ich die schweren alten Türflügel auf und schlug sie dann hinter mir wieder zu. Durch den Luftzug waren ein paar Schneeflocken mit hereingeschwebt, die im streifigen Morgenlicht tanzten.
    In dem kleinen Windfang, der nicht viel mehr Platz bot als ein Beichtstuhl, streifte ich meine nassen Stiefel ab und zog mir ein Paar von den dicken Schaffellpantoffeln an, die immer auf unserer Tiefkühltruhe standen. Nachdem ich meinen Anorak aufgehängt hatte, betrat ich den riesigen, achteckigen Raum, der von dem mächtigen

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