Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
Vom Netzwerk:
besser das Motto des US-Marine-Corps?«
    »›Viele sind berufen, aber nur wenige sind auserwählt‹?«,
riet ich lahm, da ich Keys Vorliebe für Sinnsprüche kannte. Ausnahmsweise ließ ich mich diesmal gern auf ihr Spiel ein, doch an meinem Gesicht erkannte sie, dass etwas nicht stimmte.
    »Nein«, sagte sie mit hochgezogenen Brauen. »›Wir suchen nur ein paar gute Männer‹.«
    »Wovon zum Teufel redet ihr eigentlich?«, fragte Lily, als sie den Raum betrat. Sie trug hautenge Skikleidung, die sich ihr an die üppigen Kurven schmiegte.
    »Fraternisierung mit dem Feind«, antwortete ich und zeigte auf Wartan. Ich packte Lily am Arm, zog sie zur Seite und zischte: »Leidest du plötzlich an Gedächtnisverlust? Was hast du dir dabei gedacht, ihn mit hierherzubringen? Abgesehen davon, dass er dein Sohn sein könnte!«
    »Großmeister Asow ist mein Protegé«, erklärte Lily empört.
    »Ach, so nennt man das also heutzutage«, stichelte ich.
    Außerdem klang das ziemlich unglaubwürdig, denn Asows Elo-Bewertung lag zweihundert Punkte höher, als Lilys jemals gewesen war.
    »Er ist ein Großmeister?«, fragte Key. »In welcher Disziplin denn?«
    Da meine Mutter jedes Wort über Schach in ihrem Haus verboten hatte, enthielt ich mich eines Kommentars. Aber Lily ließ sich nicht beirren und präsentierte meinem bereits völlig überforderten Gehirn eine weitere unerwartete Information.
    »Ich bin nicht verantwortlich für seine Anwesenheit hier«, sagte sie ruhig. »Deine Mutter hat ihn hierher eingeladen, und ich habe ihm nur eine Mitfahrgelegenheit angeboten.«
    Noch während ich dabei war, mich von dieser Breitseite zu erholen, stürmte ein kleiner, nasser Vierbeiner herein - mit
einer Schulterhöhe von etwa zwölf Zentimetern und pinkfarbenen Schleifchen am Kopf. Das widerliche Vieh machte einen Satz, sprang Tante Lily in die Arme und leckte ihr mit seiner rosa Zunge das Gesicht ab.
    »Zsa-Zsa, mein Liebling«, gurrte Lily, »ich habe dich Alexandra noch gar nicht vorgestellt! Sie würde dich gern eine Weile halten, nicht wahr?« Ehe ich dazu kam zu protestieren, hatte sie mir das sich windende Bündel bereits in die Arme gedrückt.
    »Dazu ist mir bisher noch kein passender Spruch eingefallen«, gestand Key, während sie die Vorstellung amüsiert beobachtete.
    »Wie wär’s mit ›Aufdringlichkeit erzeugt Verachtung‹?«, schlug ich vor. Aber es war ein Fehler gewesen, den Mund aufzumachen, denn der Köter versuchte, mir seine Zunge zwischen die Zähne zu schieben. Angewidert gab ich ihn Lily zurück.
    Während wir drei mit unseren Kindereien beschäftigt waren, hatte mein Erzfeind Wartan Asow sich ebenfalls seines Pelzmantels entledigt und war hereingekommen. Er war ganz in Schwarz gekleidet - Rollkragenpullover, schmal geschnittene Hose - und trug ein Goldkettchen um den Hals, das mehr gekostet haben musste als jede Schachturnierprämie, von der ich je gehört hatte. Er fuhr sich mit der Hand durch die struppigen schwarzen Locken und ließ seinen Blick durch den riesigen Wohnraum und über die Totemschnitzereien an den Pfosten schweifen.
    Dass alle verstummt waren, als er das Mother Lode betreten hatte, konnte ich mir lebhaft vorstellen. Offenbar hatte mein ehemaliger Schachgegner in den vergangenen zehn Jahren nicht nur am Schachbrett trainiert. Aber Schönheit ist, was sie bewirkt, wie Key sagen würde, und die seine machte
mir seine Anwesenheit - vor allem unter den gegebenen Umständen - kein bisschen angenehmer. Warum in aller Welt hatte meine Mutter den Mann hierherbestellt, der, als er das letzte Mal in unser Leben getreten war, meine Schachkarriere beendet und meinem Vater den Tod gebracht hatte?
    Wartan Asow durchquerte den Raum und kam direkt auf mich zu, und da ich vor dem Kamin stand, gab es keine Fluchtmöglichkeit.
    »Was für ein ungewöhnliches Haus«, bemerkte er mit seinem weichen ukrainischen Akzent und seiner Stimme, die immer so düster geklungen hatte, als er noch ein Junge gewesen war. Er schaute zu den Oberlichtern hoch, durch die rosiges Licht hereinfiel. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Die Eingangstür, der gemauerte Kamin, die geschnitzten Tierköpfe in den Pfosten. Wer hat dieses Haus errichtet?«
    Nokomis erzählte ihm die Geschichte, die hier in der Gegend jeder kannte.
    »Dieses Haus ist legendär«, sagte sie. »Es war das letzte gemeinsame Projekt - vielleicht sogar das einzige - der Diné und der Hopi. Seitdem kämpfen sie gegen Viehzüchter und Ölsucher um den Besitz

Weitere Kostenlose Bücher