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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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handelte, die schon bald die Herrschaft übernehmen sollten. Der Einzige, der den berühmten mythischen Krieg, über den jeder Schuljunge Bescheid wusste, überlebt hatte, war Hyperion, der Sonnengott.
    Es handelte sich um ein Gedicht, für das Byron sich nie sonderlich interessiert hatte - und das Keats selbst nicht einmal gut genug gefallen hatte, um es zu vollenden. Aber dass Percy es bis in den Tod bei sich getragen hatte, schien Byron
von großer Bedeutung zu sein. Es musste einen Grund dafür geben, dass sein Freund diese Stelle markiert hatte:
    Da rauschte hell Hyperion heran;
Sein Flammenkleid schlug ihm um seine Fersen
Mit einem Krachen wie von ird’schem Feuer,
Dass die ätherisch sanften Horen, flatternd
Auf Taubenschwingen, flohn. Er flammte weiter …
    Am Ende des für immer unvollendet gebliebenen Gedichts scheint der Sonnengott sich selbst anzuzünden und als ein aus seiner eigenen Glut entfachter Feuerball aufzusteigen - wie der Phönix. Oder wie der arme Percy, der dort auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
    Aber noch interessanter war etwas, was offenbar keiner der anderen bemerkt hatte, als das Buch gefunden wurde: An der Stelle, wo Keats seine Feder niedergelegt hatte, hatte Shelley mit der seinen ein kleines Zeichen an den Rand gekritzelt - eine Art Gemme, in deren Mitte sich einige Buchstaben befanden. Das Salzwasser hatte die Tinte fast ganz verwaschen, aber Byron war davon überzeugt, dass er die Buchstaben würde entziffern können, wenn er sich eingehender damit beschäftigte. Deswegen hatte er das Bändchen mit hierhergebracht.
    Er riss die Seite heraus, steckte das Buch wieder ein und betrachtete die kleine Zeichnung, die sein Freund an den Rand gesetzt hatte. Es handelte sich um ein Dreieck, das drei winzige Kreise oder Bälle in unterschiedlichen Farben umschloss.
    Byron kannte diese Farben sehr gut, und zwar aus mehreren Gründen. Erstens waren es seine eigenen - die Farben des Wappens der mütterlichen schottischen Linie seiner Familie,
das aus der Zeit vor der Eroberung durch die Normannen stammte. Zwar war er lediglich durch seine Geburt an das Wappen gekommen, aber es hatte seinen Aufenthalt in Italien nicht gerade erleichtert, dass es stolz auf seiner prächtigen Kutsche prangte, einer Nachbildung der Karosse des abgesetzten, verstorbenen Kaisers von Frankreich, Napoleon Bonaparte. Eigentlich müsste gerade Byron besser als jeder andere wissen, dass diese speziellen Farben seines Wappens bei Geheimbündlern und Esoterikern weit mehr bedeuteten.
    Die drei Kreise, die Shelley in das Dreieck gesetzt hatte, waren schwarz, blau und rot. Das Schwarz symbolisierte Kohle, ein Sinnbild des Glaubens. Das Blau symbolisierte Rauch, das Sinnbild für Hoffnung. Und das Rot symbolisierte eine Flamme, das Sinnbild der Barmherzigkeit. Zusammen verkörperten die drei Farben den Lebenszyklus des Feuers. Und darüber hinaus standen sie - angeordnet in einem Dreieck, dem universellen Symbol für Feuer - für die Zerstörung der alten Welt durch Feuer und den Beginn einer neuen Weltordnung, wie sie der heilige Johannes im Buch der Offenbarung prophezeit hatte.
    Dieses Symbol - die drei Kreise in Schwarz, Blau und Rot in einem gleichschenkligen Dreieck - war außerdem das verborgene Abzeichen einer Geheimgesellschaft, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, genau diese Revolution herbeizuführen, zumindest in Italien. Sie nannten sich die Carbonari - die Köhler.
    Fünfundzwanzig Jahre nach dem Terror der Französischen Revolution, nach jahrelangen Eroberungskriegen, die ganz Europa erschüttert hatten, gab es nur eins, das noch mehr Angst und Schrecken verbreiten konnte als das Gerücht von einem bevorstehenden Krieg, und das war das Gerücht von einer drohenden Erhebung im Inneren, einer Bewegung, die Unabhängigkeit von jeder Art Herrschaft verlangte.

    Seit zwei Jahren lebte Lord Byron mit seiner verheirateten venezianischen Mätresse Teresa Guiccioli unter einem Dach. Die junge Frau, die halb so alt war wie er, war zusammen mit ihrem Bruder, ihrem Vetter und ihrem Vater - aber ohne den gehörnten Ehemann - aus Venedig verjagt worden.
    Es handelte sich um die berüchtigten Gambas - die »Gambitti«, wie sie von der Presse genannt wurden -, hochrangige Mitglieder der Carbonari, der Geheimbündler, die sich geschworen hatten, jede Form der Tyrannei zu bekämpfen. Im Jahr zuvor allerdings war der Coup, mit dem sie während des Karnevals die österreichischen Herrscher aus Norditalien hatten

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