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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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Ihre Mitglieder hielten so treu zu
einander und zum Geheimbund, daß in Italien das Sprichwort in
Umlauf war: »Auf Carbonaro-Ehre« … Um jeden Verdacht einer
sträflichen Verbindung von sich abzulenken, beschäftigten sie sich
mit Holzhauerei und Köhlerei.
    CHARLES WILLIAM HECKETHORN,
Geheime Gesellschaften, Geheimbünde und Geheimlehren
     
     
     
     
Unter den Geheimbünden Italiens verfolgte keiner so umfassende
politische Ziele wie die Carbonari. Anfang der 1820er-Jahre waren
sie nicht nur ein Machtfaktor in Italien, sondern verfügten auch
über Tochter- und Untergesellschaften in Polen, Frankreich und
Deutschland. Laut eigenen Angaben begann die Geschichte der
»Köhler« in Schottland.
    ARKON DARAUL, A History of Secret Societies
     
     
     
     
Halb schottisch von Geburt, schottisch erzogen.
    LORD BYRON, Don Juan , CANTO X, VERS 17

Viareggio, Italien
    15. AUGUST 1822
     
    Es herrschte die Hitze der Hundstage. An dem versteckten Strand an der ligurischen Küste war der Sand von der gnadenlosen Sonne bereits am späten Vormittag so stark erhitzt, dass man darauf ein paniertes Schnitzel hätte braten können. Am Horizont erhoben sich die Inseln Elba, Capraia und Gorgona wie flimmernde Erscheinungen aus dem Meer.
    In der kleinen, von Bergen umgebenen Bucht hatte sich eine Gruppe Männer versammelt. Ihre Pferde hatten sie im Schatten einiger Bäume angebunden, um ihnen das Stehen auf dem glühenden Sand zu ersparen.
    George Gordon, Lord Byron, hatte sich abseits von den anderen auf einen großen, vom Wasser umspülten Felsbrocken gesetzt, um sein berühmtes Profil, das schon auf zahlreichen Gemälden verewigt war, vor dem Hintergrund des glitzernden Wassers zur Geltung zu bringen. Allerdings war sein von Geburt an missgebildeter Fuß so geschwollen, dass er am Morgen beinahe gezwungen gewesen wäre, in seiner Kutsche zu bleiben. Sein blasses Gesicht, das ihm den Spitznamen »Alba«, der Weiße, eingetragen hatte, wurde von einem breitrandigen Strohhut beschattet.
    Von seinem Felsen aus konnte der Unglückliche die schreckliche Szene beobachten, die sich am Strand abzuspielen begann. Captain Roberts, der Kapitän von Byrons Schiff Bolivar , das in der Bucht vor Anker lag, überwachte die Vorbereitungen, die die Männer trafen. Sie waren dabei, ein großes Feuer aufzubauen. Byrons Flügeladjutant Edward John Trelawny - aufgrund seiner verwegenen Erscheinung und ausgefallenen Leidenschaften »der Pirat« genannt - hatte bereits den eisernen Käfig bereitgestellt, der als Brennofen dienen sollte.

    Die sechs Soldaten aus Lucca, die zu ihrer Unterstützung abgestellt worden waren, hoben den Toten, den man, nachdem er am Strand angespült worden war, hastig verscharrt hatte, aus seinem provisorischen Grab. Der Leichnam wies kaum noch Ähnlichkeit mit einem menschlichen Wesen auf: Das Gesicht war von Fischen bis auf die Knochen zerfressen worden, und das verwesende Fleisch hatte eine blauschwarze Farbe angenommen. Nur anhand des vertrauten kurzen Jacketts und des kleinen Gedichtbandes in seiner Brusttasche hatte man den Toten identifizieren können.
    Jetzt wurde der Leichnam in den kleinen, käfigartigen Brennofen gelegt, der inzwischen auf dem Scheiterhaufen aus Balsamholz und Treibholz stand. Man hatte Byron darüber in Kenntnis gesetzt, dass derartige Exhumierungen nur in Gegenwart von Soldaten vorgenommen werden durften, die darüber zu wachen hatten, dass alle vorgeschriebenen Maßnahmen eingehalten wurden zum Schutz gegen das Gelbfieber, das aus Amerika eingeschleppt worden war und entlang der Küste wütete.
    Byron sah, wie Trelawny Wein, Salze und Öl auf die Leiche gab. Dann loderte das Feuer in den blauen Morgenhimmel, wie die Bibel es von Gott in der Flammensäule berichtete. Eine einzelne Möwe kreiste über dem Scheiterhaufen, die die Männer mit Rufen und dem Wedeln ihrer Hemdschöße verscheuchten.
    Der aufgeheizte Sand und das prasselnde Feuer, die seltsamen, von den Salzen hervorgerufenen Farben der Flammen ließen die Atmosphäre unwirklich erscheinen. Selbst die Luft schien zu zittern und zu beben. Byron fühlte sich krank. Aber aus einem Grund, den nur er kannte, brachte er es nicht fertig, den Ort zu verlassen.
    Angewidert starrte er in das lodernde Feuer, als die Leiche
in der Hitze aufbrach und das Gehirn am rot glühenden Eisen des Brennofens zu kochen und zu blubbern begann wie in einem Kochtopf. Es hätte sich genauso gut um einen Schafskadaver handeln können, dachte er. Was für ein

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