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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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Erinnerung regte. Aber Lily war noch nicht fertig.
    »Die Figuren und das Brett lagen tausend Jahre lang in den Pyrenäen vergraben«, fuhr sie fort, »in einer Festung, die später zu einem Kloster umgebaut wurde, der Abtei Montglane. Während der Französischen Revolution wurde das Montglane-Spiel, wie man es inzwischen nannte, von den Nonnen ausgegraben, und seine Teile wurden zur Sicherheit in alle Winde verstreut. Fast zweihundert Jahre lang blieb es verschwunden. Viele haben danach gesucht, denn man glaubte,
dass das Spiel, wenn man es wieder vollständig zusammensetzte, eine unkontrollierbare Macht in die Welt bringen würde, wie eine Naturgewalt, die den Aufstieg und Fall von Zivilisationen bewirken würde.
    Am Ende gelang es tatsächlich, das Spiel fast vollständig zusammenzutragen: sechsundzwanzig der zweiunddreißig Figuren sowie ein mit Edelsteinen besticktes Tuch, worin das Spiel ursprünglich eingewickelt war. Nur sechs Figuren und das Brett selbst fehlten.«
    Lily schaute uns einen nach dem anderen mit ihren grauen Augen an, bis ihr Blick schließlich an mir haften blieb.
    »Die Person, der es schließlich gelang, nach zweihundert Jahren die Mehrzahl der Teile des Montglane-Schachspiels zusammenzutragen und die gegnerische Mannschaft zu schlagen, war dieselbe, die vor dreißig Jahren dafür gesorgt hat, dass es erneut an einem geheimen Ort vergraben wurde: deine Mutter.«
    »Meine Mutter?«, brachte ich mühsam hervor.
    Lily nickte. »Dass Kat heute verschwunden ist, kann nur eins bedeuten. Ich hatte es schon befürchtet, als ich ihre Nachricht mit der Einladung auf meinem Anrufbeantworter abhörte. Jetzt wird mir klar, dass das nur der Anfang einer Strategie war, um uns alle hier im Zentrum des Spielbretts zusammenzubringen. Und ich fürchte, dass meine Ahnungen mich nicht getrogen haben: Das Spiel hat von Neuem begonnen.«
    »Aber wenn dieses Spiel jemals existiert hat und wenn es so gefährlich war«, entgegnete ich, »warum würde meine Mutter riskieren, es wieder zu eröffnen, wie du mutmaßt, indem sie uns hierher einlädt?«
    »Weil ihr keine andere Wahl geblieben ist«, sagte Lily. »Wie bei jedem Schachspiel macht Weiß den ersten Zug. Schwarz kann nur kontern. Vielleicht ist das Auftauchen des lange gesuchten
dritten Teils des Puzzles, das deine Mutter hier für uns versteckt hat, ihr Gegenzug. Vielleicht finden wir noch ein paar weitere Hinweise auf ihre Strategie und Taktik …«
    »Meine Mutter hat in ihrem ganzen Leben noch nie Schach gespielt! Sie kann Schach nicht ausstehen!«
    »Alexandra«, sagte Lily. »Der heutige Tag - der vierte Tag des vierten Monats, Kats Geburtstag - ist ein wichtiges Datum in der Geschichte des Spiels. Deine Mutter ist die schwarze Dame.«

    Lilys Geschichte begann mit einem Schachturnier, das sie vor dreißig Jahren zusammen mit meiner Mutter besucht hatte und auf dem sie meinen Vater, Alexander Solarin, kennengelernt hatten. Während einer Spielpause war der Gegner meines Vaters unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommen; später stellte sich heraus, dass er ermordet worden war. Diese scheinbar in keinem Zusammenhang verübte Tat erwies sich als erster Zug eines Angriffs, der Lily und meine Mutter schon bald in den Strudel des Spiels ziehen sollte.
    Mehrere Stunden lang hörten wir schweigend zu, wie Lily eine lange, komplexe Geschichte erzählte, die ich hier nur zusammengefasst wiedergeben kann.

DIE GESCHICHTE DER GROSSMEISTERIN
    Einen Monat nach jenem Turnier im Metropolitan Club flog Kat Velis im Auftrag ihrer New Yorker Firma nach Nordafrika, um dort eine seit Langem geplante Beratertätigkeit aufzunehmen. Wenige Monate später schickte Mordecai, mein Großvater und Schachtrainer, mich zu Kat nach Algier.

    Kat und ich wussten nichts von diesem gefährlichsten aller Spiele, in dem wir, wie sich schon bald herausstellte, lediglich Bauern waren. Aber Mordecai gehörte schon lange zu den Spielern. Er wusste, dass Kat für eine wichtige Rolle auserwählt worden war und Hilfe brauchen würde, sobald entscheidende Spielzüge anstanden.
    In der Kasbah, der Altstadt von Algier, lernten Kat und ich eine geheimnisvolle Einsiedlerin kennen, die Witwe des ehemaligen niederländischen Konsuls in Algerien und Freundin meines Großvaters, Minnie Renselaas. Die schwarze Dame. Sie gab uns das Tagebuch aus der Zeit der Französischen Revolution, in dem die Geschichte des Montglane-Spiels beschrieben wurde und die Rolle, die die Tagebuchschreiberin, eine Nonne

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