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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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sein. Wenn es ihm nur gelänge, die Vorhänge zurückzuschieben, könnte er die Figur im Inneren des Pavillons erkennen. Aber jedes Mal, wenn er einen Versuch unternahm, sah er nur noch grelles Licht.
    Unter großer Anstrengung gelang es ihm schließlich, die Augen zu öffnen und seine Umgebung zu betrachten. Er befand sich in einem undefinierbaren Raum, ganz erfüllt von seltsamem, weißlich flackerndem Licht. Jenseits des Lichts konnte er undurchdringliche braune Schatten ausmachen, und aus der Ferne kam ein Geräusch, das er nicht einordnen konnte. Es klang wie strömendes Wasser.

    Jetzt sah er seine Hand, die immer noch auf seiner Brust ruhte wie ein bleiches Blütenblatt. Sie wirkte unwirklich, als hätte sie sich aus eigenem Antrieb dorthin gelegt, als wäre sie die Hand eines anderen.
    Wo war er?
    Er wollte sich aufsetzen, stellte jedoch fest, dass er viel zu schwach war. Sein Hals war rau und trocken. Er konnte nicht schlucken.
    In der Nähe hörte er flüsternde Frauenstimmen .
    »Wasser«, versuchte er zu sagen, doch das Wort kam nur mit Mühe über seine gesprungenen Lippen.
    » Ich verstehe dich nicht«, sagte eine der Stimmen in einer fremden Sprache.
    Aber er hatte sie verstanden.
    »Wie spät ist es?«, fragte er in der Sprache, in der die Stimme ihn angesprochen hatte, auch wenn er nicht wusste, welche es war.
    Obwohl er in dem flackernden Dämmerlicht nach wie vor keine Formen und Gesichter ausmachen konnte, sah er die schlanke Frauenhand, die sich zärtlich auf seine Hand legte, die immer noch auf seiner Brust ruhte. Dann hörte er ihre Stimme - eine andere als die erste - gleich neben seinem Ohr. Sie klang leise und sanft und tröstend wie ein Schlaflied.
    »Mein Sohn«, sagte die Stimme. »Endlich bist du zurückgekehrt.«

Der Koch
     
     
     
     
Aber der Mensch, ob wild oder zivilisiert, muss essen.
    ALEXANDRE DUMAS,
Le Grand Dictionnaire de Cuisine
     
     
     
     
Es genügt zu wissen, wie man isst.
    BASKISCHES SPRICHWORT

Washington, D.C.
7. APRIL 2003
    Um halb elf am Montagmorgen fuhr ich in Rodos VW Touareg durch den Nieselregen die River Road hinauf nach Kenwood, nördlich vom District, wo die palastartige Villa meines Chefs, Euskal Herria , »das Baskenland«, stand.
    Er hatte mich als Fahrerin bestimmt, um sicherzustellen, dass die frischen Lebensmittel unversehrt eintrafen. Auf Rodos Befehl hin, den er mir auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte, hatte ich bereits bei Cannon Seafood in Georgetown die tiefgefrorenen Krustentiere und im Eastern Market auf dem Kapitolshügel das frische Gemüse abgeholt. Das alles sollte für die geheime Dinnerparty, die am Abend im Sutalde stattfinden
würde, unter Rodos persönlicher Aufsicht, von seinen Küchensklaven gewaschen, geschält, gehackt, gewürfelt, durch den Fleischwolf gedreht, geraffelt und gemahlen werden.
    Zwar hatte ich ein paar Stunden geschlafen, und Leda hatte mir am Morgen einen frischen Kaffee aus dem Sutalde vor die Tür gestellt, aber meine Nerven lagen immer noch so blank, dass ich alle Mühe hatte, dafür zu sorgen, dass ich selbst unversehrt eintraf.
    Während ich die nasse, gewundene Straße hochfuhr und die Scheibenwischer gegen das Wasser ankämpften, nahm ich mir aus der kleinen Holzschachtel auf dem Beifahrersitz, die ich mir stibitzt hatte, eine Handvoll von den für das Menü vorgesehenen frischen Stachelbeeren, schob sie mir in den Mund und spülte sie mit einem Schluck von Ledas inzwischen kaltem, sirupartigem Kaffee hinunter. Mein erstes frisches Obst seit Tagen. Und es war auch das erste Mal seit Tagen, dass ich allein war und Zeit zum Nachdenken hatte.
    Ein Gedanke, der mir immer und immer wieder durch den Kopf ging, lautete, wenn Key ihn formulieren würde: Viele Köche verderben den Brei. Diese Bouillabaisse aus Zufällen und widersprüchlichen Hinweisen enthielt zu viele potenziell tödliche Zutaten, um leicht verdaulich zu sein. Und zu viele Leute fügten immer noch etwas hinzu.
    Wenn zum Beispiel die Livingstons und Tante Lily mit Taras Petrossian, dem Organisator des Schachturniers, bei dem mein Vater getötet worden war, bekannt waren, warum hatte dann beim Abendessen niemand - nicht einmal Wartan Asow selbst - geruht, die Kleinigkeit zu erwähnen, dass es sich bei dem kürzlich in London Verblichenen um Wartans Stiefvater handelte?
    Und wenn alle, die in der Vergangenheit in das Spiel verwickelt gewesen waren, in Gefahr geraten oder ums Leben gekommen
waren - einschließlich Lilys und meinen Angehörigen

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