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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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einmal einen Tiefkühlschrank oder eine Mikrowelle vorzuweisen hatte.
    Inzwischen konnte ich bereits hören, wie die Stachelbeeren, die ich dummerweise genascht hatte, mit den Säuren in meinem Magen um die Vorherrschaft kämpften. Bis zum Abendessen würde ich nicht durchhalten. Ich musste etwas essen. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich schon hier in meinem Verlies verhungern - der letzte Blick, bevor ich den Geist aufgab, auf das köstliche Lamm gerichtet, das sich über dem Feuer am Spieß drehte.

    Als ich noch einmal die Scheite begutachtete, die ich nachgelegt hatte, entdeckte ich in der Asche etwas Metallisches. Ich beugte mich vor, um besser sehen zu können. Halb verdeckt von Asche und kaum zu erkennen, lag ganz hinten in der Glut ein zusammengeknülltes Stück Alufolie. Ich schnappte mir den Schürhaken und zog es näher zu mir heran: Es handelte sich um einen großen, eiförmigen Gegenstand, den ich sofort erkannte. Ich sank auf die Knie und versuchte, ihn mit den Händen aus dem Feuer zu klauben, bis mir klar wurde, was ich da tat. Hastig zog ich mir die Asbesthandschuhe über, nahm das Ding aus der Glut und wickelte es aus der Alufolie. Ich war so glücklich und dankbar wie noch nie in meinem Leben.
    Es war ein Geschenk von Leda, unverkennbar nicht nur ihr Stil, sondern auch ihr Geschmack.
    Seelenfutter: eine doppelt gebackene, mit Fleisch, Spinat und Käse gefüllte Kartoffel.

    Erst wenn man halb verhungert ist, wird einem bewusst, wie überaus köstlich eine gefüllte Backkartoffel schmecken kann.
    Ich war drauf und dran, Leda anzurufen und mich bei ihr zu bedanken, als mir einfiel, dass sie die Nachtschicht für mich übernommen hatte und jetzt wahrscheinlich schlief. Aber ich nahm mir vor, ihr eine Magnumflasche Perrier-Jouët zu kaufen, sobald ich aus meinem Verlies entkam.
    Nach dieser Stärkung in letzter Minute war auch mein Gehirn wieder funktionsfähig, und mir fielen ein paar Dinge auf, die mir bisher entgangen waren.
    Erstens wussten Leda und Eremon offenbar mehr über diese ominöse Dinnerparty, als sie zugaben - die Beweislage war eindeutig. Der eine hatte mich hergefahren, und die andere
hatte mir eine Mahlzeit besorgt, sie wussten also, wann ich hier sein und wann ich etwas zu essen brauchen würde. Aber das war noch nicht alles.
    Als ich am Abend zuvor die Feuer vorbereitet hatte, war ich zu erschöpft gewesen, um mir über Ledas Bemerkungen den Kopf zu zerbrechen: Wie Rodo getobt hatte, als er erfuhr, dass ich unangekündigt die Stadt verlassen hatte. Dass er die Angestellten wie ein Sklaventreiber herumgescheucht hatte, seit ich »verschwunden« war. Dass er eine geheime Dinnerparty für »hohe Tiere aus der Regierung« plante, bei der ich als einzige Angestellte anwesend sein sollte. Dass er Leda dazu verdonnert hatte, an dem Abend im Sutalde zu bleiben, bis ich eintraf, und mir beim »Beschicken der Feuer« zu helfen.
    Und kaum war ich am Morgen mit den Lebensmitteln in Kenwood eingetroffen, hatte Eremon mich auch schon zurück zum Restaurant gefahren.
    Was hatte Rodo nach seinem Wutanfall gesagt, bevor er die Tür hinter sich zugeknallt hatte? Er hatte gesagt, es gäbe nichts Geheimnisvolles, weswegen ich mir Sorgen machen müsste. Und Eremon würde mir unterwegs alles Nötige erklären.
    Aber was hatte Eremon mir unterwegs tatsächlich erzählt? Dass Rodo bei diesem Abendessen gar nicht das Sagen hatte - dabei hasste mein Chef es wie die Pest, nicht alles unter Kontrolle zu haben. Dass womöglich Gäste aus dem Nahen Osten erwartet wurden. Dass Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden waren. Dass diese Dinnerparty von Anfang an von ganz hohen Tieren aus Washington arrangiert worden war.
    Ach ja, und dass er, Eremon, in Leda verliebt war.
    All das kam mir jetzt im Nachhinein wie ein raffiniertes Ablenkungsmanöver vor. Ich durfte auf keinen Fall das Gesamtbild aus den Augen verlieren, durfte unter gar keinen Umständen der Schachblindheit zum Opfer fallen - nicht
hier, eingesperrt in meinem Verlies, wo das Fallbeil jeden Moment auf mich niedersausen konnte.
    Und dann fiel der Groschen.
    Wann genau hatte Rodo am Vormittag seinen Wutanfall gehabt? Wann genau hatte er seine Baskenmütze auf den Boden geschleudert, auf Baskisch herumgetobt und mich praktisch aus seinem Haus gejagt? Stand das nicht im Zusammenhang mit allem, was Leda und Eremon angedeutet, aber nicht direkt ausgesprochen hatten?
    Es waren gar nicht meine Fragen zu der bevorstehenden Party, die Rodo aus der Fassung

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