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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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Mädchen,
das da vor ihm stand, kein gewöhnliches Kind war. Auch wenn Ali Pascha nur dem Namen nach ihr Vater war, so besaß sie doch dieselbe innere Kraft, der Byron bisher nur selten begegnet war und die er beinahe schon vergessen hatte. Wie einer von den tapferen grauäugigen Soldaten des Paschas, die aus den albanischen Bergen stammten. Wie Arslan der Löwe, Ali Pascha selbst.
    Wie stark Ali Pascha und Vasia gewesen sein mussten, dass sie im Angesicht des Todes die Geistesgegenwart besessen hatten, Byron seine Tochter zu schicken, damit er sie unter seine Fittiche nahm, und ihr die wertvolle schwarze Dame mit auf den Weg zu geben. Byron hoffte, dass er ebenfalls genug Kraft besaß, um zu tun, was er jetzt zweifellos tun musste. Aber er kannte auch besser als jeder andere die Gefahr, die es mit sich brachte - nicht nur für ihn, sondern auch für Haidée.
    War er bereit, seine Tochter, die er gerade erst gefunden hatte, so schnell wieder aufzugeben? Sie zu verlieren wie die anderen?
    Aber Byron sah noch etwas - dass der Pascha diesen Augenblick von langer Hand geplant haben musste, schon bei Haidées Geburt. Denn hatte er ihr nicht den Namen gegeben, den sie als geheimen Code benutzt hatten, Byrons Kosenamen für ihre Mutter Vassiliki? Dabei hatte Byron nicht einmal etwas von der Existenz seiner Tochter gewusst und erst recht nichts von der Rolle, für die sie von Anfang an auserwählt und womöglich sogar ausgebildet worden war.
    Doch was genau beinhaltete diese Rolle? Warum war Haidée ausgerechnet hier, in diesem römischen Palazzo im Herzen Roms - und ausgerechnet heute, am Tag des Feuers? Wer waren die anderen? Welche Rolle spielten sie? Warum hatten sie Byron mithilfe geheimer Codes hierhergelockt, anstatt Haidée samt Schachfigur zu ihm zu bringen?

    War das eine Falle?
    Und ebenso dringend musste Byron in seiner Rolle als »Alba« in Erfahrung bringen - und zwar möglichst schnell -, welche Rolle ihm in diesem Spiel zugedacht war.
    Denn wenn er jetzt versagte, bestand für die weiße Mannschaft wahrscheinlich keine Hoffnung mehr.

Porto Ostia, Rom
22. JANUAR 1823
    Haidée wusste kaum, wie sie all der Gefühle Herr werden sollte, die in ihrem Inneren miteinander rangen. Sie versuchte es schon seit dem Morgen vor mehreren Wochen, als sie in Fes Kauris Gesicht neben denen der anderen entdeckt hatte, die von der Brüstung aus zu ihr heruntergeschaut hatten, seit dem Morgen, als ihr, nachdem sie schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, klar geworden war, dass er sie endlich gefunden hatte und sie retten würde. Jetzt war sie frei, entlassen in eine fremde, exotische Stadt, Rom, von der sie noch nie etwas gehört hatte, und in die Obhut eines Vaters, dessen Existenz ihr mindestens ebenso unbegreiflich erschien.
    Allerdings hatte Byron, erschöpft von dem langen und beschwerlichen Ritt, der ihn in Anbetracht seines angeschlagenen Gesundheitszustandes besonders mitgenommen hatte, und darauf bedacht, sich von den zahlreichen Bewohnern des Palazzo fernzuhalten, in einer Hotelsuite übernachtet, die Fletcher ihm organisiert hatte. Sie hatten ausgemacht, dass Haidée sich zusammen mit ihrem Beschützer Kauri vor der Morgendämmerung aus dem Haus schleichen würde, um sich
mit Byron zu treffen, ehe sie mit den anderen wie verabredet an der Pyramide zusammenkamen.
    Jetzt gingen die drei, Haidée an Byrons Hand, im silbrigen Frühnebel durch die verlassenen Straßen. Nach allem, was sie seit ihrer Abreise aus Marokko erfahren hatte, nach allem, was Charlot und Schahin ihnen auf dem Schiff erzählt hatten, wusste Haidée, dass Lord Byron womöglich der einzige noch lebende Mensch war, der den Schlüssel zum Geheimnis von Ali Paschas schwarzer Dame in Händen hielt. Und sie wusste, dass dieses heimliche Treffen mit ihrem Vater vielleicht ihre einzige Chance war, herauszufinden, was sie unbedingt wissen musste.
    Als die drei an den alten öffentlichen Bädern vorbei in Richtung Stadtrand gingen, wo sich die Pyramide befand, berichteten Kauri und Haidée Lord Byron, wie die schwarze Dame aus ihrem Versteck in Albanien geborgen worden war, wie der alte Baba Schemimi über die Berge zu ihnen gekommen war, von der Geschichte, die der Baba ihnen über al-Dschabir und die Entstehung des Tarik’at -Schachspiels erzählt hatte, und schließlich von Ali Paschas letzten Worten und heldenhaften Taten im Kloster St. Pantaleon, kurz bevor die Türken es gestürmt hatten.
    Byron hörte ihnen aufmerksam zu. Dann, nachdem sie geendet

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