Die Bourne-Identität
ja gar nicht«, sagte er und holte Hosen und ein Hemd aus seinem Koffer. »Das Kleid bitte.«
Fünfzehn Minuten später war das Zimmer von Mr. und Mrs. Briggs, sechs Türen entfernt und auf der anderen Korridorseite von Zimmer 341, fertig. Die Kleider waren richtig placiert, einige Lampen eingeschaltet, andere funktionierten nicht, weil er die Glühbirnen herausgeschraubt hatte.
Jason kehrte in ihr Zimmer zurück; Marie stand am Telefon.
»Wir sind soweit. Du kannst jetzt anrufen.«
»Es ist schon sehr spät. Hoffentlich ist er noch da.«
»Ich glaube schon, daß er da sein wird. Wenn nicht, wird man dir seine Privatnummer geben.« Marie hob den Hörer ab und wählte. Sieben Sekunden später war Dennis Corbelier am Apparat. Es war fünfzehn Minuten nach ein Uhr.
»Du großer Gott, wo sind Sie?«
»Sie haben also meinen Anruf erwartet?«
»Das kann man wohl sagen! Hier ist alles in Aufruhr, ich warte schon seit fünf Uhr nachmittags hier.«
»Das hat Alan auch getan. In Ottawa.«
»Welcher Alan? Wovon sprechen Sie? Wo zum Teufel sind Sie?«
»Zuerst möchte ich wissen, was Sie mir sagen sollen.«
»Ihnen sagen?«
»Sie haben eine Nachricht für mich, Dennis. Wie lautet sie?«
»Wie lautet was? Welche Nachricht?«
Maries Gesicht wurde bleich. »Ich habe in Zürich niemanden getötet. Ich würde nie ...«
»Dann kommen Sie doch um Himmels willen hierher«, unterbrach sie der Attaché. »Hier bekommen Sie allen Schutz, den wir Ihnen geben können. Niemand kann Sie hier behelligen!«
»Dennis, hören Sie mir zu! Sie haben doch auf meinen Anruf gewartet, oder?«
»Ja, natürlich.«
»Jemand hat Ihnen gesagt, daß Sie warten müssen, stimmt das?«
Pause. Als Corbelier wieder sprach, klang seine Stimme gedämpft. »Ja, das hat er. Das haben sie.«
»Was hat man Ihnen gesagt?«
»Daß Sie unsere Hilfe brauchen. Daß Sie sie sogar sehr dringend brauchen.«
Marie atmete jetzt wieder. »Und Sie wollen uns helfen?«
»Ja«, erwiderte Corbelier, »er ist doch bei Ihnen, oder?«
Bournes Gesicht war dicht neben dem ihren, er hatte den Kopf etwas zur Seite gelegt, um Corbelier hören zu können. Er nickte.
»Ja«, antwortete sie, »wir sind zusammen hier, er ist gerade auf ein paar Minuten weggegangen. Das was in der Zeitung steht, ist alles Lüge; das haben die Ihnen doch gesagt, oder?«
»Die haben nur gesagt, daß wir Sie finden und schützen müssen. Die wollen Ihnen wirklich helfen und Ihnen einen Wagen von uns schicken, ein Diplomatenfahrzeug.«
»Wer sind diese >sie«
»Ich kenne sie nicht namentlich; das brauche ich nicht. Ich kenne nur ihren Rang.«
»Rang?«
»Spezialisten, FS-Fünf. Höhere gibt es eigentlich nicht.«
»Sie vertrauen denen also?«
»Mein Gott, ja! Die haben über Ottawa mit mir Verbindung aufgenommen. Ihre Anweisungen kamen aus Ottawa.«
»Sind sie jetzt in der Botschaft?«
»Nein, auf einem Außenposten.« Corbelier hielt inne, offensichtlich strengte ihn das Gespräch an. »Herrgott, Marie, wo sind Sie?«
Bourne nickte wieder. Jetzt sprach sie.
»Wir sind in der >Auberge du Coin<, in Montrouge. Unter dem Namen Briggs.«
»Ich schicke Ihnen den Wagen jetzt gleich.«
»Nein, Dennis!« protestierte Marie und sah dabei Jason an, dessen Augen sie aufforderten, seinen Instruktionen zu folgen. »Schicken Sie am Morgen einen, gleich in der Früh - in vier Stunden, wenn Sie wollen.«
»Das kann ich nicht. Ihretwegen.«
»Sie müssen; Sie verstehen nicht. Man hat ihn in eine Falle gelockt und jetzt hat er Angst; er will fliehen. Geben Sie mir Zeit, ich kann ihn dazu überreden, sich zu stellen. Ich brauche nur noch ein paar Stunden. Er ist noch ganz durcheinander, tut aber alles, was ich sage.« Marie sprach die Worte aus und sah Bourne dabei an.
»Was für ein Schweinehund ist er denn?«
»Einer, der Angst hat«, antwortete sie. »Einer, den man fertiggemacht hat.«
»Marie ...?« Corbelier hielt inne. »Also gut, gleich am Morgen. Sagen wir ... sechs Uhr. Und, Marie, die wollen Ihnen wirklich helfen.«
»Ich weiß, gute Nacht.«
»Gute Nacht.« Marie legte auf.
»So, jetzt warten wir«, sagte Bourne.
»Ich weiß nicht, was du beweisen willst. Natürlich wird er die FS-Fünfer anrufen und natürlich werden die hier erscheinen. Womit rechnest du denn? Er hat es ja zugegeben.«
»Und diese FS-Fünfer sind diejenigen, die uns die Nachricht schicken?«
»Ich vermute, daß sie uns zu demjenigen bringen, der sie geschickt hat. Oder dafür sorgen werden, daß wir
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