Die Bourne-Identität
gerade wieder bestätigt. Ein Killer würde mir das Angebot nicht machen, das du gerade gemacht hast. Und dieses Angebot, Sir, ist mit allem Respekt abgelehnt.«
»Eine Närrin bist du, eine gottverdammte Närrin!« platzte Jason los. »Ich kann dir helfen, du kannst mir nicht helfen! Um Himmels willen, gib mir doch die Chance!«
»Nein! Nicht so ...« Plötzlich verstummte Marie, nur ihre Lippen bewegten sich. »Ich glaube, ich habe sie uns gerade gegeben«, sagte sie im Flüsterton.
»Was uns gegeben?« fragte Bourne ärgerlich.
»Ich habe uns beiden die Chance gegeben.« Sie wandte sich ihm wieder zu. »Ich wollte es schon seit einiger Zeit.«
»Was, zum Teufel, soll das heißen? Ich versteh' dich diesmal wirklich nicht.«
»Deine Verbrechen ... wir werden die anderen täuschen und so tun, als kämen sie tatsächlich auf dein Konto.«
»Es sind meine Verbrechen.«
»Moment mal. Angenommen, sie existieren, aber nicht du hast sie begangen? Angenommen, die Beweise sind fabriziert worden - ebenso raffiniert und professionell, wie man gegen mich in Zürich Beweise fabriziert hat - aber die Tat hat ein anderer begangen. Jason - du weißt nicht, wann du dein Gedächtnis verloren hast.«
»Port Noir.«
»Da war es nicht, im Gegenteil, da begannst du, dich bruchstückhaft zu erinnern. Es war vor Port Noir; da liegt das Geheimnis begraben. Es zu lüften, bedeutet dir gerecht zu werden, den Widerspruch zwischen dir und dem Mann, für den die Leute dich halten, zu erklären.«
»Das stimmt nicht. Die Erinnerung hilft mir nicht weiter, es sind nur Bilder, die wie ein Film an mir vorüberziehen.«
»Vielleicht haben sie eine Gehirnwäsche mit dir gemacht«, meinte Marie. »So lange, bis da nichts anderes mehr war. Fotografien, Tonaufzeichnungen, visuelle und akustische Reize.«
»Du beschreibst da so etwas wie einen gut funktionierenden Roboter, der gehen kann, und dem man ein Gedächtnis eingepflanzt hat. Das bin nicht ich.«
Sie sah ihn an, und ihre Stimme klang weich: »Ich beschreibe einen intelligenten, sehr kranken Mann, dessen Vergangenheit einigen Männern sehr gelegen kam. Weißt du, wo man einen solchen Mann mit Leichtigkeit finden kann? In Krankenhäusern, in Privatsanatorien, in militärischen Krankenstationen.« Sie hielt inne, um dann hastig weiterzusprechen. »Jener Zeitungsartikel hat noch etwas Wahres berichtet. Ich kenne mich einigermaßen gut mit Computern aus; wie jeder in meinem Beruf. Wenn ich ein Kurvenbeispiel suchen würde, das einzelne voneinander isolierte Faktoren verbindet, wüßte ich wie. Umgekehrt könnte jemand, der einen Menschen sucht, der sich wegen Amnesie im Krankenhaus befindet, einen Mann, der über gewisse Fähigkeiten, Sprachkenntnisse und äußerliche Merkmale verfügt, in den medizinischen Datenbanken geeignete Kandidaten finden. Weiß Gott, sicher nicht viele in deinem Fall; vielleicht nur ein paar. Vielleicht sogar nur einen.«
Bourne blickte auf die Landschaft hinaus und versuchte, das Labyrinth seiner Gedanken zu durchdringen, versuchte, sich an den Hoffnungsschimmer zu klammern, den sie in ihm verursachte. »Du behauptest also, ich sei eine reproduzierte Illusion.«
»Darauf läuft es hinaus, aber das meine ich nicht. Ich sage, daß es möglich ist, daß man dich einer Gehirnwäsche unterzogen hat. Das würde vieles erklären.« Sie berührte seine Hand. »Du sagst, es gibt Zeiten, wo die Vergangenheit aus dir herausplatzen - deinen Kopf sprengen will.« .
»Worte - Namen - Orte - lösen Dinge aus.«
»Jason, ist es nicht möglich, daß sie die falschen Dinge auslösen? Die Dinge, die man dir immer wieder eingetrichtert hat, die du aber nicht nachempfinden kannst, weil sie nicht du sind.«
»Das bezweifle ich. Ich habe gesehen, was ich tun kann. Und das war nicht das erste Mal.«
»Da gibt es andere Gründe! ... Verdammt, ich kämpfe um mein Leben - um unser Leben! ... Schön! Du kannst denken, du kannst fühlen. Dann denke jetzt, fühle jetzt! Sieh mich an und sag mir, daß du in dich hineingesehen hast, in deine Gedanken und Gefühle, und daß du weißt, daß du ein Mörder namens Cain bist. Daß kein Zweifel darüber besteht! Wenn du das tun kannst - wirklich tun kannst - dann bring mich nach Zürich zurück, nimm alle Schuld auf dich und verschwinde aus meinem Leben! Aber wenn du es nicht kannst, dann bleibe bei mir und laß mich dir helfen. Und liebe mich, um Gottes willen. Liebe mich, Jason.«
Bourne nahm ihre Hand, hielt sie fest, so wie man die Hand
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