Die Bourne-Identität
getötet.«
»Versuchen Sie es gar nicht erst. Jacqueline ist seit zwei Stunden unterwegs. Sie hat mich vom Flughafen Orly aus angerufen. Sie trifft sich mit Bergeron -«
»Zum Stoffe-Einkaufen in Südfrankreich?« unterbrach Jason.
D'Anjou hielt inne. »Die Frau, die angerufen und sich nach René erkundigt hat. Ich habe es mir doch gedacht. Das ändert nichts. Ich habe mit ihr gesprochen; sie rief von Orly aus an.«
»Sie hatte Auftrag, Ihnen das zu sagen. Klang ihre Stimme so, als hätte sie sich unter Kontrolle?«
»Sie war erregt, und niemand weiß besser als Sie, warum. Sie haben hier Beachtliches geleistet, Delta. Oder Cain. Oder wie Sie sich sonst hier nennen mögen. Natürlich war sie außer sich, deshalb geht sie ja auf eine Weile weg.«
»Deshalb ist sie tot. Sie sind der nächste.«
»Die letzten vierundzwanzig Stunden waren Ihrer würdig. Das jetzt nicht.«
»Man hat sie verfolgt; man verfolgt auch Sie. Beobachtet Sie jeden Augenblick.«
»Wenn das geschieht, dann zu meinem eigenen Schutz.«
»Warum ist die Lavier dann tot?«
»Ich glaube nicht, daß sie tot ist.«
»Würde sie Selbstmord begehen?«
»Niemals.«
»Dann rufen Sie doch in der Kirche des Geheiligten Sakraments in Neuilly-sur-Seine an. Erkundigen Sie sich nach der Frau, die sich im Beichtstuhl getötet hat. Was haben Sie denn zu verlieren? Ich rufe Sie wieder an.«
Bourne legte auf und verließ die Telefonzelle. Er trat auf die Straße und sah sich nach einem Taxi um. Wenn er Philippe d'Anjou das nächste Mal anrief, würde er das wenigstens zehn Häuserblocks entfernt tun. Der Mann von Medusa würde sich nicht leicht überzeugen lassen, und bis dahin würde Jason kein Risiko eingehen.
Delta? Ich glaube, daß ich Ihre Stimme überall erkennen wurde - Paris ist nicht Tam Quan. Tam Quan ... Tam Quan, Tam Quan! Cain ist für Charlie und Delta für Cain. Medusa!
Hör auf damit! Du darfst nicht an Dinge denken, die ... an die du nicht denken kannst. Konzentriere dich auf das, was ist, jetzt. Du. Nicht auf das, was andere sagen, das du bist - nicht einmal auf das, was du glaubst, das du bist. Nur das Jetzt. Und das ist ein Mann, der dir Antworten geben kann.
Wir arbeiten für unterschiedliche Auftraggeber ...
Das war der Schlüssel.
Sag es mir! Um Himmels willen, sag es mir doch! Wer ist er? Wer ist mein Auftraggeber, d'Anjou?
Ein Taxi bremste gefährlich nahe seiner Kniescheibe. Jason öffnete die Tür und stieg ein. »Place Vendome«, sagte er, weil er wußte, daß das nahe bei der Rue Saint-Honore war. Es war von großer Wichtigkeit, daß er so nahe wie möglich am Ort des Geschehens war, um dort die Strategie in Gang zu setzen, die ihm immer klarer wurde. Der Vorteil lag auf seiner Seite; es kam jetzt darauf an, ihn zu einem doppelten Ziel einzusetzen. D'Anjou mußte überzeugt werden, daß jene, die ihn verfolgten, seine Henker waren. Aber was jene Männer nicht wissen konnten, war, daß ein anderer sie verfolgte.
Der Place Vendome war wie immer überfüllt, der Verkehr wie immer mörderisch. Bourne sah die Telefonzelle an der Ecke und stieg aus dem Taxi. Er betrat die Zelle und wählte die Nummer von Les Classiques; seit seinem Anruf aus Neuilly-sur-Seine waren vierzehn Minuten verstrichen.
»D'Anjou?«
»Eine Frau hat sich während der Beichte das Leben genommen, das ist alles, was ich weiß.«
»Kommen Sie schon, damit würden Sie sich niemals begnügen. Medusa würde sich damit nicht begnügen.«
»Lassen Sie mir einen Augenblick, bis ich hier auf einen anderen Apparat umschalte.«
Ein kurzes Knacken - dann nichts mehr.
Die Leitung war knapp vier Minuten tot. Dann kehrte d'Anjou zurück. »Eine Frau in mittleren Jahren mit silbernem und weißem Haar, teurer Kleidung und einer Yves St. LaurentHandtasche. Das beschreibt zehntausend Frauen in Paris. Woher weiß ich denn, daß Sie sich nicht eine gesucht und sie getötet haben, um damit diesem Anruf eine Grundlage zu verschaffen?«
»O sicher. Wie eine Pieta habe ich sie in die Kirche getragen, und das Blut ist aus ihren offenen Stigmata auf den Gang zwischen den Stühlen getropft. Seien Sie doch vernünftig, d'Anjou. Wollen wir mit den konkreten Beweismitteln beginnen. Die Handtasche war nicht die ihre; sie trug eine weiße Ledertasche. Schließlich würde sie ja nicht Reklame für eine Konkurrenzfirma machen.«
»Das bestätigt ja nur meine Ansicht. Es war nicht Jacqueline Lavier.«
»Es bestätigt eher die meine. Die Papiere in jener Tasche haben sie als
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