Die Bourne Intrige
erwartungsvollen Anspannung gewichen, in der nichts mehr Platz hatte, was nicht seinem Ziel diente, so dass seine Gedanken so klar waren wie der Himmel über ihm und so ruhig wie der Wald, in dem er wie eine Viper in einem Baum auf seine Beute lauerte. Er hatte die Operation sorgfältig geplant und wartete nur noch darauf, dass ihm der Indonesier sein Opfer vor die Flinte hetzte, wie ein Treiber es für den Jäger tat.
Plötzlich kam ein Motorrad auf die Lichtung vor dem Tempel gebraust, und Arkadin atmete tief durch, während er Bourne ins Visier nahm. Und als er die Umrisse von Bournes Körper so klar und deutlich vor sich sah, kostete er bereits den süßen Geschmack der Rache aus.
Plötzlich befanden sie sich auf einer ruhigen Lichtung, vor ihnen drei Tempel, ein großer in der Mitte und zwei kleinere zu beiden Seiten. Kein Laut war zu hören außer dem rhythmischen Brummen des Motorrads und dem Sprechgesang, der aus dem Inneren der Tempel drang.
In diesem Augenblick drückte Arkadin, auf dem nahezu waagrechten Ast eines Baumes lauernd, den Abzug, und Bourne wurde rücklings vom Motorrad gerissen. Moira schrie auf.
Arkadin warf das Gewehr weg und zog ein Jagdmesser mit gezackter Schneide. Er sprang vom Baum, wollte zu dem Getroffenen hin, ihm die Kehle durchschneiden, um sicherzugehen, dass er tot war. Doch er wurde von einer Rinderherde am Vorwärtskommen gehindert. Hinter den Tieren gingen Frauen, die Opfergaben auf dem Kopf trugen – Früchte und Blumen –, gefolgt von einer Prozession von Kindern aus dem Dorf, die alle zum Tempel pilgerten. Arkadin versuchte die Menge zu umgehen, doch eine Kuh wurde durch seine schnellen Bewegungen aufgeschreckt und wandte sich ihm zu. Sie schüttelte ihre langen spitzen Hörner, und die ganze Prozession erstarrte. Einer nach dem anderen wandten die Leute sich ihm zu, bis alle Augen auf ihn gerichtet waren. Arkadin warf einen letzten Blick auf Bourne, der reglos und blutend am Boden lag, dann machte er kehrt und verschwand im Dschungel.
Die Leute liefen zu Bourne hinüber und ließen ihre Opfergaben auf die Erde fallen. Er versuchte aufzustehen, doch es gelang ihm nicht. Moira kniete bei ihm, und er zog sie zu sich herunter, bis ihr Ohr an seinem Mund war. Sein Blut durchtränkte das Hemd und färbte die Erde dunkelrot.
ERSTES BUCH
Eins
Drei Monate später
In einem noblen Münchner Vorort begleiteten zwei junge Leibwächter mit durchdringendem Blick und 9-mm-Glock-Pistolen unter der Achsel einen dünnen hyperaktiven Mann, als er aus einem Haus trat. Ein älterer Mann mit dunkler Haut und tiefen Falten an den Mundwinkeln tauchte in der Tür hinter ihnen auf und schüttelte dem dünnen Mann kurz die Hand. Dann eilten die drei Männer die Stufen hinunter und stiegen in ein wartendes Auto. Einer der Leibwächter saß vorne, der andere setzte sich mit dem Mann auf die Rückbank. Die Besprechung war intensiv, aber kurz gewesen, und der Motor des Wagens schnurrte bereits wie eine wohlgenährte Katze. Die Gedanken des dünnen Mannes waren bei dem Bericht, den er seinem Chef Abdulla Khoury über die jüngsten Entwicklungen in der Türkei liefern würde.
Der Morgen war völlig still, so als wäre der Tag noch gar nicht richtig zum Leben erwacht. Gepflegte Bäume tauchten den Bürgersteig in dunkle Schatten. Die Luft war kühl und frisch und noch unberührt von der Sonne, die in wenigen Stunden alles in ihr grelles Licht tauchen würde. Die frühe Stunde war ganz bewusst gewählt. Wie erwartet gab es noch kaum Verkehr, nur ein kleiner Junge am anderen Ende des Häuserblocks übte mit seinem Fahrrad. Ein Reinigungswagen bog um die Ecke und wischte mit seinen Bürsten über die ohnehin makellos saubere Straße. Die Bewohner des Viertels hatten einigen Einfluss, sie legten Wert darauf, dass ihre Straßen stets als erste gereinigt wurden.
Als der Wagen Fahrt aufnahm, wendete das große Reinigungsfahrzeug, so dass es dem sich nähernden Wagen die Breitseite zuwandte und die Straße blockierte. Ohne einen Augenblick zu zögern, bremste der Fahrer, legte den Rückwärtsgang ein und stieg aufs Gas. Mit quietschenden Reifen brauste der Wagen zurück, weg von dem Reinigungsfahrzeug. Der kleine Junge blickte auf, als er das Quietschen hörte. Er stand mit seinem Fahrrad da, als wolle er wieder losfahren. Doch als der Wagen sich ihm näherte, griff er plötzlich in den Fahrradkorb und zog eine seltsam aussehende Waffe mit einem ungewöhnlich langen Lauf heraus. Die raketengetriebene
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