Die Bourne Intrige
zart gebaute Mädchen in seinen Armen, sein seidiges Haar streifte seine Haut, seine kleine Faust hatte sich um seinen schwieligen Zeigefinger geschlossen. Er spürte sein gleichmäßiges Atmen, und es war ihm, als hätte er tief in seinem Inneren einen unschuldigen Kern zurückbekommen.
Ohne sich zu ihm umzudrehen, sagte Joškar leise: »Schick mich nicht zu ihm zurück.«
»Niemand schickt dich zurück. Wie kommst du darauf?«
»Dein Freund will uns nicht hier haben. Ich weiß es, ich sehe es an der Art, wie er mich ansieht, ich spüre seine Verachtung. Wenn du nicht wärst, dann hätte er uns schon unterwegs hinausgeworfen, und mir würde nichts anderes übrigbleiben, als zu Lew zurückzugehen.«
»Du gehst nicht zu ihm zurück«, sagte Arkadin und hörte den Herzschlag des schlafenden Mädchens an seinem Herz. »Ich sterbe eher, bevor ich das zulasse.«
»Hier trennen sich unsere Wege«, sagte Bourne am nächsten Morgen zu Tracy. Nach seiner Einschätzung waren sie fünf Häuserblocks von der El Gamhuria Avenue 779 entfernt. »Ich habe gesagt, dass ich Sie nicht in Gefahr bringen will. Ich werde allein in das Haus reingehen.«
Sie waren aus ihrer Dreirad-Rikscha ausgestiegen, als sie sahen, dass die El Gamhuria Avenue durch eine Massenveranstaltung der Armee blockiert war, die eine große Menschenmenge angezogen hatte. Mittendrin standen auf einem Podium mehrere Offiziere in khakifarbenen, dunkelgrünen und blauen Uniformen. Diese Offiziere, deren frisch rasierte Gesichter in der Sonne glänzten, winkten der Menge wie gutmütige Onkel mit einem breiten Lächeln zu. Bei dem Lärm ringsum war es unmöglich zu verstehen, was eigentlich gefeiert wurde. In einer Seitenstraße stand ein schwer bewaffneter bemannter Panzer, wie ein fetter Kater, der sich das Maul leckt. Sie zahlten für die Fahrt und umgingen die aufgeregte Menge, um auf der von Palmen gesäumten Straße weiterzukommen.
Bourne sah auf seine Uhr. »Wie spät haben Sie’s?«
»Neun Uhr siebenundzwanzig.«
»Tun Sie mir einen Gefallen. Geben Sie mir fünfzehn Minuten, dann gehen Sie durch die Haustür von Nummer 779 und melden sich unten an. Bitte verwickeln Sie die Leute am Empfang in ein Gespräch, bis Noah Sie rufen lässt oder bis er selbst runterkommt, um Sie zu holen.«
Sie nickte. Ihre Nervosität war wieder spürbar. »Ich will nicht, dass Ihnen etwas passiert.«
»Hören Sie, Tracy. Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich Noah Perlis nicht traue. Besonders komisch kommt mir vor, dass er nicht schon gestern ins Hotel kommen wollte, um das Geschäft abzuwickeln.«
Sie hob kurz ihren Rock, unter dem sie eine Pistole in einem Oberschenkelhalfter trug. »Wenn man kostbare Objekte transportiert, kann man gar nicht vorsichtig genug sein.«
»Wenn es in dem Haus irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen gibt, werden sie das Ding finden«, meinte er.
»Nein, werden sie nicht.« Sie klopfte auf den Griff der Pistole. »Sie ist aus Keramik.«
»Kluges Mädchen. Ich nehme an, Sie wissen auch, wie man damit umgeht.«
Sie lachte nur und sagte: »Bitte, seien Sie vorsichtig, Adam.«
»Sie auch.«
Dann verschwand er in der Menge.
Siebenundzwanzig
Das Haus in der El Gamhuria Avenue 779 war ein großes dreistöckiges Gebäude aus Beton und grünem Glas. Das erste und zweite Stockwerk lagen jeweils leicht zurückgesetzt, wie bei einer Stufenpyramide. Das Gebäude wirkte wie eine Festung, ein Eindruck, der wohl auch beabsichtigt war und der durch den Dachgarten kaum gemildert wurde.
Doch es war der Garten, den Bourne als Schwachstelle ausmachte, nachdem er, im hektischen Verkehr der Straße verborgen, das Haus zweimal umrundet hatte. Es gab natürlich noch andere Zugänge als den von vorne, doch die beiden Lieferanteneingänge waren zu exponiert und noch dazu bewacht.
Bei einem dieser Eingänge stand ein Lastwagen mit einem Kühlaggregat auf dem Führerhaus, das wie ein Buckel aussah. Zwei Männer luden große Kisten von der Ladefläche ab, unter dem grimmigen Blick eines Wachmanns. Bourne prägte sich die Positionen der Leute ein, als er an dem Laster vorbeiging.
Einige Hundert Meter weiter lehnte ein Mann in einem Türeingang und rauchte eine Zigarette. Er betrachtete Bourne gelangweilt und gleichzeitig misstrauisch, als er auf ihn zukam.
»Führung?«, fragte er in sehr schlechtem Englisch. »Bester Führer in ganz Khartum. Alles, was Sie sehen wollen, auch verbotene Sachen.« Sein Grinsen sah mehr aus wie ein Gähnen. »Sie mögen verbotene
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