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Die Bourne Intrige

Die Bourne Intrige

Titel: Die Bourne Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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ankamen, blieb Arkadin bei Joškar im Wagen. Schließlich stiegen sie beide aus, um sich die Beine zu vertreten, während die Mädchen auf der Rückbank saßen und mit den bemalten hölzernen Babuschka-Puppen spielten, die Arkadin während eines Zwischenstopps für sie gekauft hatte.
    Ihr Gesicht war teilweise von ihm abgewandt, als sie zu ihren Kindern zurückblickte. Die Verletzungen in ihrem Gesicht waren jetzt, wo es dunkel war, nicht mehr so deutlich zu erkennen, doch ihre leicht exotischen Gesichtszüge traten in dem fahlen Licht auf dem Parkplatz umso stärker hervor. Ihr Gesicht war für ihn eine interessante Mischung aus asiatischen und finnischen Merkmalen. Sie hatte große Augen und schöne volle Lippen. Im Gegensatz zu ihrer kräftigen Nase, die dafür geschaffen schien, ihr Gesicht vor den schweren Schlägen des Lebens zu schützen, strahlte ihr Mund eine Sinnlichkeit aus, die ans Erotische grenzte. Dass ihr das selbst überhaupt nicht bewusst zu sein schien, machte die Wirkung nur noch stärker.
    »Haben Sie die Geschichten erfunden, die Sie Ihren Kindern erzählt haben?«, fragte er.
    Joškar schüttelte den Kopf. »Ich habe sie selbst gehört, als ich ein kleines Mädchen war und auf die Wolga hinausblickte. Meine Mutter hat sie von ihrer Mutter gehört und so weiter.« Sie wandte sich ihm zu. »Es sind Geschichten aus unserer Religion. Ich bin vom Volk der Mari, wissen Sie.«
    »Mari? Das habe ich noch nie gehört.«
    »Mein Volk wird von Wissenschaftlern finnisch-ugrisch genannt. Wir sind, was ihr Christen Heiden nennt. Wir glauben an viele Götter, die Götter in den Geschichten, die ich erzähle, und auch an Halbgötter, die als gewöhnliche Menschen unter uns sind.« Als sie wieder zu ihren Mädchen zurückblickte, passierte etwas Unerklärliches mit ihrem Gesicht – es war, als wäre sie plötzlich zu einer von ihnen geworden, zu einer ihrer eigenen Töchter. »Vor langer Zeit lebten meine Vorfahren in Ostfinnland und verheirateten sich mit Einwanderern aus dem Süden und Osten. Nach und nach zogen sie an die Wolga, wo unser Land schließlich zu Russland kam. Aber die Russen haben uns nie akzeptiert, sie hassen es, andere Sprachen zu lernen, und haben Angst vor anderen Bräuchen und Traditionen. Wir Mari haben ein Sprichwort: ›Das Schlimmste, was deine Feinde dir antun können, ist, dich zu töten. Das Schlimmste, was deine Freunde dir antun können, ist, dich zu verraten. Aber wirklich fürchten musst du vor allem die Gleichgültigen – denn ihr stilles Einverständnis ist der Boden, auf dem Verrat und Tod gedeihen.‹«
    »Das ist eine ziemlich trostlose Einstellung, sogar für dieses Land.«
    »Nicht wenn man unsere Geschichte hier kennt.«
    »Ich habe nicht gewusst, dass Sie von Ihrer Abstammung her nicht Russin sind.«
    »Das hat keiner gewusst. Mein Mann hat sich immer für meine Herkunft geschämt, er hat sich auch dafür geschämt, dass er mich geheiratet hat. Natürlich hat er das keinem gesagt.«
    Wenn er sie so sah, konnte er sich gut vorstellen, warum Lew Antonin sich in sie verliebt hatte. »Warum haben Sie ihn überhaupt geheiratet?«, fragte er.
    Joškar lachte bitter. »Was glauben Sie denn? Weil er eben Russe ist – und nicht nur das, noch dazu ein mächtiger Mann. Er beschützt mich und meine Kinder.«
    Arkadin griff nach ihrem Kinn und drehte ihr Gesicht ins Licht. »Aber wer beschützt Sie vor ihm?«
    Sie wich zurück, als hätten seine Finger sie verbrannt. »Ich habe dafür gesorgt, dass er meine Kinder nicht anrührt. Das war das Einzige, was mir wichtig war.«
    »Aber sollten sie nicht einen Vater haben, der sie wirklich liebt, nicht so wie Antonin?« Arkadin dachte an seinen eigenen Vater, der entweder stockbetrunken oder nicht zu Hause war.
    Joškar seufzte. »Im Leben muss man eben Kompromisse machen, Leonid, vor allem wenn man eine Mari ist. Ich habe überlebt, er hat mir Kinder geschenkt, die §ich liebe, und er hat geschworen, dass er sie immer beschützen wird. Das war mein Leben, wie sollte ich mich beklagen, nachdem meine Eltern von den Russen ermordet wurden, nachdem meine Schwester verschwand, als ich dreizehn war, wahrscheinlich entführt und gefoltert, weil mein Vater Journalist war und sich offen gegen die Unterdrückung der Mari ausgesprochen hat? Damals hat mich meine Tante von der Wolga weggeschickt, damit wenigstens ich überlebe.«
    Arkadin betrachtete eines der Mädchen, das auf dem Rücksitz des Autos spielte. Ihre beiden Schwestern waren

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