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Die Bourne Intrige

Die Bourne Intrige

Titel: Die Bourne Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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das, was geschehen war, mit ihrem ewigen Sand zudeckte und irgendwann wieder enthüllte – aber befreit von all den Lügen der Zivilisation. Zu viel Wahrheit sei nicht gut, dachten Leute wie Amun, weil sie einem nichts mehr ließ, woran man glauben konnte, nichts, wofür man leben konnte. Sie wusste, dass sie ihn viel besser verstand als er sie. Er glaubte natürlich, dass es umgekehrt war, und dieser Glaube konnte ihr durchaus nützlich sein.
    »Delia, wie sieht es wirklich aus?«, fragte Soraya.
    »Das kann ich im Moment noch nicht sagen.« Sie sah sich um, um sich zu vergewissern, dass sie allein waren. Als sie Chalthoum in einiger Entfernung zu ihnen herüberblicken sah, sagte sie: »Dieser Mann ist mir irgendwie unheimlich.«
    Soraya ging mit ihr etwas weiter weg von dem durchdringenden Blick des Ägypters. »Keine Sorge, er kann uns nicht hören. Also, was denkst du?«
    »Diese Scheiß-Sonne.« Delia kniff die Augen hinter der Sonnenbrille zusammen und schirmte ihr Gesicht mit den Händen ab. »Meine Lippen sind schon total verbrannt.«
    Soraya wartete, während die Sonne weiter glühte und Delias Lippen weiter brannten.
    »Scheiße«, sagte Delia schließlich. »Ich wette fünf zu eins, dass der Absturz nicht durch irgendwas im Flugzeug verursacht wurde.« Sie war eine leidenschaftliche Pokerspielerin und beurteilte jede Situation nach den Chancen. »Es riecht irgendwie nach einer Explosion«, fügte sie hinzu.
    »Dann war es kein Unfall.« Soraya spürte, wie ihr das Blut in den Adern gefror. »Du hast eine Bombe ausgeschlossen – was dann, eine Luft-Luft-Rakete?«
    Delia zuckte mit den Schultern. »Könnte sein. Aber wenn du das Protokoll vom letzten Funkkontakt der Crew mit dem Tower in Kairo liest, dann steht da nichts davon, dass sie einen Jet gesehen hätten, der auf sie zukam.«
    »Was ist, wenn der Angreifer von unten oder von hinten kam?«
    »Schon, aber dann hätte ihn das Radar erfasst. Außerdem hat der Kopilot etwas Kleines kommen sehen, kleiner als ein Privatjet. Aber erst im letzten Moment. Die Explosion passierte, bevor er genauer beschreiben konnte, was es war.«
    »Wenn das stimmt, dann deutet das auf eine Boden-Luft-Rakete hin.«
    Delia nickte. »Wenn wir Glück haben, ist der Flugschreiber intakt. Der könnte uns dann mehr verraten.«
    »Wann?«
    »Du hast ja gesehen, wie es da drinnen aussieht. Es wird schon eine Weile dauern, bis wir wissen, ob wir ihn überhaupt herausbekommen.«
    In dem trockenen unheilvollen Flüstern des heißen Windes, der den Sand immer neu schichtete, sagte Soraya: »Eine Boden-Luft-Rakete würde einige ziemlich beunruhigende Möglichkeiten ins Spiel bringen.«
    »Ich weiß«, antwortete Delia. »Wie zum Beispiel, dass die ägyptische Regierung direkt oder indirekt damit zu tun hat.«
    Soraya blickte unwillkürlich zu Chalthoum zurück. »Oder der Mukhabarat.«

Sechs
    Moira erwachte und hörte das Herz ihrer Mutter schlagen. Es war so laut wie das Ticken einer Standuhr und machte ihr große Angst. Wie sie da lag, durchlebte sie noch einmal jene Momente der Wut und der Bestürzung, als die Sanitäter kamen und ihre Mutter ins Krankenhaus brachten, so wie sie es damals durch einen Schleier aus Tränen miterlebt hatte. Es war das letzte Mal, dass sie ihre Mutter lebend sah. Sie hatte keine Gelegenheit mehr, sich von ihr zu verabschieden – schlimmer noch, die letzten Worte, die sie zu ihr gesagt hatte, waren: »Ich hasse dich. Halt dich gefälligst aus meinem Leben raus!« Und plötzlich war ihre Mutter tot. Moira war gerade siebzehn.
    Dann kamen die Schmerzen, und sie begann zu schreien.
    Das tickende Geräusch hörte sie wirklich – es kam von der Motorkühlung. Hände zogen an ihr, durchschnitten den Sicherheitsgurt und die schlaffe Wolke des Airbags. Wie im Traum spürte sie, wie sich ihr Körper bewegte, das Ziehen der Schwerkraft in der Schulter und in der Magengrube. Ihr Kopf fühlte sich an, als wäre er gespalten; ihr war übel vor Schmerz. Dann, mit einem Knall, der die Watte in ihren Ohren durchdrang, war sie aus ihrem Stahlkäfig befreit. Sie spürte die Nachtluft an ihren Wangen, und da waren Stimmen um sie herum, die wie zornige Insekten summten.
    Ihre Mutter … das Wartezimmer im Krankenhaus, es stinkt nach Desinfektionsmittel und Verzweiflung … der Anblick der Wachspuppe im Sarg, erschreckend leblos … § auf dem Friedhof, der gelbe Himmel, es riecht nach Kohlengas und Trauer … der Boden, der den Sarg als Ganzes verschlingt wie eine Bestie

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