Die Bourne Intrige
… die Erdklumpen, feucht vom Regen und von Tränen …
Das Bewusstsein kehrte langsam zurück, so als würde der Nebel über ein Moor hinwegziehen, und dann, so plötzlich, als würde man einen Scheinwerfer einschalten, war sie wieder ganz da. Als wäre sie aus einem Traum erwacht, wusste sie auf einmal wieder, wo sie war und was passiert war. Sie spürte, dass der Tod sie gestreift hatte. Jeder Atemzug fühlte sich an wie Feuer und Eis, doch sie lebte. Sie bewegte ihre Finger und Zehen. Alles da; alles funktionierte.
»Jay«, sagte sie in das Gesicht des Sanitäters, der sich über sie beugte. »Wie geht es Jay?«
»Wer ist Jay?«, fragte eine Stimme außerhalb ihres Blickfelds.
»Da war sonst niemand in Ihrem Wagen.« Der Sanitäter hatte ein freundliches Gesicht. Er sah zu jung aus für eine solche Arbeit.
»Nicht in meinem Wagen«, brachte sie mühsam hervor. »Vor mir.«
»Oh Gott«, sagte die Stimme von der Seite.
Das freundliche Gesicht über ihr sah sie traurig an. »Ihr Freund … Jay. Er hat es nicht überlebt.«
Tränen traten ihr in die Augen. »Oh Gott«, sagte sie. »Oh, verdammt.«
Sie beugten sich wieder zu ihr, um sich um sie zu kümmern, und sie sagte: »Ich will mich aufsetzen.«
»Das wäre keine gute Idee, Ma’am«, sagte das freundliche Gesicht. »Sie stehen unter Schock und …«
»Ich setze mich auf«, beharrte Moira, »mit oder ohne Ihre Hilfe.«
Er griff ihr unter die Arme und setzte sie auf. Sie saß neben dem Auto. Als sie sich umzublicken versuchte, zuckte sie zusammen, und Lichter explodierten hinter ihren Augen.
»Helfen Sie mir auf die Beine«, presste sie zwischen den Zähnen hervor. »Ich muss ihn sehen.«
»Ma’am …«
»Ist etwas gebrochen?«
»Nein, Ma’am, aber …«
»Dann helfen Sie mir auf meine verdammten Beine!«
Sie waren jetzt zu zweit, der zweite Sanitäter sah sogar noch jünger aus als der erste.
»Rasieren Sie sich überhaupt schon?«, fragte sie, als sie sie vom Asphalt hochzogen. Ihre Knie wackelten, und es wurde ihr wieder schwarz vor den Augen, so §dass sie sich einige Sekunden an die beiden anlehnen musste.
»Ma’am, Sie sind ganz weiß im Gesicht«, sagte das freundliche Gesicht. »Ich meine wirklich …«
»Sagen Sie nicht Ma’am zu mir. Ich heiße Moira.«
»Die Cops werden gleich da sein«, warf der andere leise ein.
Sie spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte.
»Moira«, sagte das freundliche Gesicht, »mein Name ist Dave, und mein Partner heißt Earl. Da sind Polizisten, die Sie gern fragen würden, was passiert ist.«
»Es war ein Polizist, der das alles verursacht hat«, erklärte Moira.
»Was?«, fragte Dave. »Was haben Sie gesagt?«
»Ich will Jay sehen.«
»Glauben Sie mir«, erwiderte Earl, »das sollten Sie wirklich nicht.«
Moira griff hinunter und klopfte auf ihre Lady Hawk. »Ich mein’s ernst, Leute.«
Ohne ein weiteres Wort führten sie sie die Straße hinunter. Überall lagen Autoteile und glitzernde Glasscherben. Sie sah ein Feuerwehrauto und einen Krankenwagen bei dem völlig zerstörten Unfallwagen. Niemand konnte aus diesem Auto lebend herauskommen. Mit jedem Schritt gewann sie an Kraft und Sicherheit. Sie hatte sicher am ganzen Körper blaue Flecken und stand möglicherweise unter Schock, aber sie hatte keine schweren Verletzungen. Sie hatte Riesenglück gehabt. Sie musste an den Schweine-Geist auf Bali denken, der sie offenbar immer noch beschützte.
»Da kommen die Freunde und Helfer«, bemerkte Earl.
»Leute«, sagte sie. »Ich möchte kurz mit meinem Freund allein sein, und das lassen die Cops sicher nicht zu.«
»Wir sollten es auch nicht zulassen«, erwiderte Dave skeptisch.
»Ich rede mit den Typen«, sagte Earl und ging den Polizisten entgegen.
»Okay, schön vorsichtig.«
Dave hielt sie etwas fester, als sie ohne Earls Unterstützung auf der anderen Seite ins Wanken kam. Sie atmete ein paarmal tief durch, um einen klaren Kopf zu bekommen und das Gleichgewicht wiederzufinden. Sie wusste, ihr blieb nur wenig Zeit, denn lange würden sich die Cops nicht aufhalten lassen.
Sie kamen zu dem kaum noch als Auto erkennbaren Blechhaufen. Sie holte noch einmal tief Luft, dann gingen sie zu Jay Westons Leiche weiter. Er sah eher aus wie ein Stück rohes Fleisch als wie ein Mensch.
»Wie habt ihr ihn überhaupt da herausgebracht?«
»Mit der Rettungsschere. Ihn hat das leider nicht gerettet.« Dave half ihr, als sie in die Knie ging, und stützte sie, als sie das Gleichgewicht zu verlieren
Weitere Kostenlose Bücher