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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Zeit damit beschäftigt war, dort Holz aufzuschichten. Da der Heizraum von der Klausur aus nicht zugänglich ist, muss der Betreffende sie verlassen, den Hof überquert und den Zugang auf der Nordseite benutzt haben. Ein aussichtsloses Unterfangen, legt man es darauf an, dies unbemerkt zu tun. In jedem Fall wäre das Risiko, jemandem über den Weg beziehungsweise dem Kalefaktor direkt in die Arme zu laufen, beträchtlich gewesen.«
    »Hm, weiß nicht, vielleicht kann der Kerl ja zaubern. Auf den Kopf gefallen scheint er mir jedenfalls nicht zu sein.«
    Bruder Hilpert zog die Brauen hoch und ließ seinen Blick auf dem Infirmarius ruhen. »Wo wir gerade von intellektueller Brillanz reden, Bruder –«, setzte er zu einem überraschenden Themenwechsel an, »wie lange seid Ihr eigentlich Mitglied dieses Konvents?«
    »Seit dem vergangenen Sommer. Wieso?«
    »Weil ich bislang kaum Gelegenheit hatte, Euch näher kennenzulernen.«
    Die verhärmten, von Falten durchzogenen Züge des Infirmarius erstarrten. »Ich fürchte, da gibt es nicht viel Interessantes zu erfahren.«
    »Westfale, hab ich recht?«
    Bruder Marsilius nickte.
    »Anatom, oder?«
    »Unter anderem.« Der Blick des Infirmarius verengte sich. »Ich wüsste nicht, aus welchem Grund das alles für Euch von Interesse …«
    »Aus keinem anderen als dem, Euch näher kennenzulernen«, fuhr der Bibliothekarius seinem Mitbruder in die Parade. »Oder habt Ihr etwas zu verbergen?«
    »Nicht mehr und nicht weniger als jeder andere hier«, erwiderte Marsilius in rüdem Ton, stellte die Laterne ab und wandte sich demonstrativ seinem Stehpult zu. »Und jetzt entschuldigt mich, ich habe nämlich noch allerhand zu …«
    Der Rest von seiner Antwort ging in ohrenbetäubendem Geschrei unter, und vor Schreck hätte der Infirmarius beinahe die Laterne umgestoßen.
    »Bruder Hilpert, Bruder Hilpert!«, tönte es von draußen, wobei es sein unverwechselbares Idiom war, durch das sich Bruder Thaddäus sofort verriet. »’s Mädle aus’m Dorf isch fort!«
    Selbst als die Tür krachend aufflog, der Pförtner ins Laboratorium stürmte und mit krebsrotem Gesicht vor Bruder Hilpert stand, konnte es dieser immer noch nicht glauben. »Was sagt Ihr da, Bruder?«, stieß er hervor, bemüht, ein Minimum an Contenance zu wahren. »Sagt das noch mal.«
    »’s Mechthildle isch fort!«, japste Bruder Thaddäus und schlug die Hände vors Gesicht. »Oifach fort! Und i alter Grasdaggl [22] bin schuld!«

Vor der Komplet
     
    [Mönchsfriedhof, 15:45 h]
     
     
    Worin sich der Mörder von Bruder Severus einer trügerischen Hoffnung hingibt.
     
    »Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub. « Allein die Vorfreude auf den morgigen Tag trieb ihn zur Eile an, und als existiere die Welt um ihn herum nicht, wiederholte er den Satz immer wieder. Er tat dies mit Inbrunst, ohne die Stimme zu dämpfen, ohne Skrupel. Im Verlauf des Tages war seine Zuversicht immer mehr gewachsen, bis zu dem Punkt, an dem sie in Überheblichkeit umgeschlagen war. Dies freilich war ihm verborgen geblieben, und so gab es nichts, was seinen Argwohn erweckt hätte.
    Hier draußen, eingehüllt von Nebel, Kälte und Dunkelheit, fühlte er sich am wohlsten, und das trotz der Plackerei, welcher er sich unterzog. Allein, mit jedem Spatenstich wuchs seine Euphorie, und als die Grube, in die man Bruder Severus betten würde, fertig war, hätte er vor Freude laut aufjauchzen mögen. Das hier war sein Werk, von Anfang bis Ende, und wenn es etwas gab, das ihn mit unbändiger Freude erfüllte, dann die Aussicht auf seinen endgültigen Triumph.
    Bis dahin war es nicht mehr weit. Nur noch ein paar Stunden, und die Mission, mit der er betraut worden war, wäre erfüllt. Ein Kinderspiel, hatte sein Meister gesagt, und er, der er ihm bedenkenlos folgte, hatte ihm geglaubt. Nur noch diese eine Tat, dieser Auftrag, der letzte Schritt. Und dann, in weniger als ein, zwei Stunden, wäre seine Arbeit getan. Für immer und bis in alle Ewigkeit.
    Amen.
    Dermaßen in seine Gedanken vertieft, hatte er die Ratte, welche hinter dem Erdhaufen auftauchte, zunächst nicht bemerkt und sich wieder seiner Arbeit zugewandt. Ekelgefühle jeglicher Art, auch vor Ratten, waren ihm fremd, und selbst dann, als er sie erspäht hatte, zeigte er keinerlei Reaktion.
    Mit dem Auftauchen des einen missgünstig blinzelnden Nagers war es allerdings nicht getan. Nicht lange, und der zweite folgte ihm auf dem Fuß. Kurz darauf der dritte. Dreist, gefräßig, durchtrieben. Und

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