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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Gesicht. »Als Hauptschuldigen?«, echote er.
    »Ganz recht.« Über das Gesicht von Remigius, aus dem die pure Verachtung sprach, huschte ein schmieriges Lächeln. »Gelingt es, diese kleine Metze wieder einzufangen, wird es mir ein Leichtes sein, sie zu jeder gewünschten Aussage zu bewegen.«
    Venantius fröstelte. »Und dann?«, fragte er.
    »Dann wird sich erweisen, ob Hilpert von Maulbronn derjenige ist, für den ihn viele halten. Eine Anklage wegen Hexerei, Anstiftung zum Mord und Übertretung des Keuschheitsgelübdes ist ja wohl beileibe keine Kleinigkeit.«
    »Habe ich da richtig gehört, Ihr behauptet, er habe …«
    »Hat er!«, fuhr Remigius dazwischen, worauf der Vestiarius verdutzt zurückprallte. »Wenngleich ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts darüber verlauten lassen möchte. Eine alte Geschichte, purer Zufall, dass ich darauf gestoßen bin. Zu gegebener Zeit, spätestens beim morgigen Kapitel, werde ich detaillierte Angaben darüber machen.«
    »Ich verstehe.«
    »Das bezweifle ich. Sonst hättet Ihr die Maßnahmen zur schnellstmöglichen Ergreifung der Komplizin unseres sauberen Herrn Bibliothekarius längst getroffen. Ungeachtet dessen, was der Prior oder Letzterer dazu sagen. Oder wollt Ihr bis an Euer Lebensende Vestiarius bleiben?«
    Venantius schüttelte den Kopf. »Was immer Ihr wünscht, wird geschehen.«
    »Warum nicht gleich, Bruder.« Remigius zupfte sein Habit zurecht, ließ den Vestiarius einfach stehen und begab sich auf den Weg in die Kirche. »Lasset uns beten«, sprach er, ein verächtliches Lächeln im Gesicht. »Auf dass sich das Thema Hilpert schnellstmöglich erledigen möge.«

Komplet
     
    [Klosterkirche, 15:55 h]
     
     
    Worin sich ein Vorfall ereignet, welcher Bruder Hilpert stutzig werden lässt.
     
    Der Vorfall, mit dem niemand gerechnet hatte, ereignete sich am Ende der Komplet. Eigentlich nichts Besonderes, eher ein Missgeschick. Bei Bruder Simplicius, dem Sakristan, war so etwas an der Tagesordnung.
    Dabei hatte Bruder Hilpert gehofft, wenigstens eine Viertelstunde lang von unliebsamen Überraschungen verschont zu bleiben. Zumindest was den Beginn der Komplet betraf, sollte sich diese Hoffnung auch erfüllen. Der Hymnus erscholl kraftvoller denn je, von ein paar schrägen Tönen des Sakristans einmal abgesehen. An dergleichen hatte man sich gewöhnt, und als die Psalmen, die Lesung und das Nunc dimittis [23] hinter ihm lagen, sah es so aus, als würde Bruder Hilperts Wunsch in Erfüllung gehen.
    Zu seinem Leidwesen wurde ihm jedoch ein Strich durch die Rechnung gemacht.
    Der Vorfall ereignete sich am Ende des Gebets, unmittelbar vor dem Segen für die Nacht. Da der Prior immer noch das Bett hüten musste, fiel diese Aufgabe Bruder Hilpert zu. Er erledigte sie mit voller Konzentration, und als die Komplet zu Ende war, atmete er hörbar auf.
    In Gedanken längst bei Mechthild, deren Flucht ihm erhebliches Kopfzerbrechen bereitete, war er einer der Letzten, welcher das Chorgestühl verließ. Im selben Moment geschah es. Bruder Simplicius, dem es oblag, die Kerzen auf dem Altar zu löschen, hantierte derart ungeschickt mit dem Löschhütchen herum, dass der Kelch mit dem Messwein umkippte und sich sein Inhalt über das Altartuch ergoss.
    Ein Missgeschick eben. Am heutigen Tage, welcher den Fratres reichlich Ungemach beschert hatte, allerdings viel mehr als das.
    Man musste kein Prophet sein, um zu erkennen, was in den Anwesenden vorging, ein Blick auf ihre Gesichter genügte vollauf. Stand in ihnen doch nur eines geschrieben: Furcht. Wohl wissend, wie es um ihre Psyche bestellt war, rang Bruder Hilpert nach Worten. Er wusste, was auf dem Spiel stand, ahnte, dass das Missgeschick als böses Omen gedeutet würde, befürchtete das Schlimmste. Eine allgemeine Hysterie war genau das, was er am wenigsten gebrauchen konnte. Ob sie noch abzuwenden war, die bange Frage. Mit Ausnahme des Priors waren sämtliche Fratres versammelt, was bedeutete, dass sich der Mörder von Bruder Severus unter ihnen befand.
    Mitten unter ihnen, genau jetzt, in diesem Moment.
    Wie immer in derartigen Situationen war auf den Cellerar auch dieses Mal Verlass. Bruder Gervasius, mit reichlich Körperfülle, jedoch umso weniger Gespür ausstaffiert, trat vor den Altar, riss die Hände empor und rief: »Brüder in Christo – hört mich an! Das Böse weilt unter uns, inmitten unserer Reihen. Es steckt voller Tücke, ist schlau und skrupellos, und wenn wir uns nicht vorsehen, wird es uns alle verderben.

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