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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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einschließlich Wasser und Brot bis zum Advent. Nach meinem Dafürhalten dürfte dies vorerst genügen.«
    Da sich kein Widerspruch regte, begann sich die Miene des Novizenmeisters merklich zu entspannen. Hätte er die hasserfüllten Züge von Billung gesehen, wäre er weiter vor ihm auf der Hut gewesen. So aber dachte er, die Angelegenheit sei erledigt, der ewige Störenfried habe seine Lektion gelernt.
    Doch dem war keineswegs so, und während er zur Tagesordnung überging, hatte Billung von Steinsfurt bereits Rache geschworen.
    Rache, welche er bei nächstbester Gelegenheit in die Tat umsetzen würde.

Vesper
     
    [Spital, 15:10 h]
     
     
    Worin Bruder Hilpert einmal mehr mit der ganzen Erbärmlichkeit menschlicher Existenz konfrontiert wird.
     
    Erst das Tedeum, das bis hinüber ins Spital zu hören war, brachte Bruder Hilpert wieder auf andere Gedanken. Um sich Mut zu machen, andererseits auch um dem irdischen Jammertal zu entfliehen, summte er die Melodie mit. »Te ergo quaesumus, tuis famulis subveni …« [20] , hieß es am Ende des Hymnus, und als er in der Ferne verklungen war, hielt der Mönch nachdenklich inne.
    »Lange her, seit Ihr die Vesper zum letzten Mal versäumt habt, stimmt’s?« Es war der Infirmarius, der dafür sorgte, dass sich Bruder Hilpert aus seiner Erstarrung löste. Das war nicht gerade einfach, denn selten zuvor war er so niedergeschlagen gewesen wie jetzt. Wozu Menschen fähig waren, wusste er zwar, aber mit einem Mord wie dem an Bruder Severus hatte er noch nie zu tun gehabt.
    »Sehr lange.« Zu mehr als dieser dürftigen Antwort war Bruder Hilpert nicht fähig, wenngleich er die aufmunternden Worte des Infirmarius zu schätzen wusste. »Sehr lange.«
    Marsilius von Paderborn, selbst nicht gerade gesprächig, seufzte aus tiefster Seele. »Bei mir auch«, murmelte er und knetete seinen Nacken. Dann griff er nach seiner Feldflasche, zog den Korken heraus und bot sie Bruder Hilpert dar.
    Der Bibliothekarius ließ sich nicht lange bitten.
    »Ich glaube, das musste sein«, fügte er nach einem kräftigen Schluck an, holte tief Luft und atmete gequält aus. »Ach übrigens, Bruder, macht Ihr bisweilen auch von Giften Gebrauch?«
    Marsilius antwortete mit einem Stirnrunzeln. »Gewiss doch – wieso fragt Ihr?«
    »Einfach nur so.«
    »Wollte Euch etwa jemand ans Leder?«
    Eingedenk seiner Erfahrungen während des Mittagessens konnte Bruder Hilpert nur nicken. »So könnte man es nennen«, schnaubte er.
    Der Infirmarius sah Bruder Hilpert prüfend an, spürte jedoch, dass dieser die Details lieber für sich behalten wollte. »Und was jetzt?«, fragte er, während er das Leichentuch glättete, unter dem sich die sterblichen Überreste von Bruder Severus abzeichneten.
    »Nun ist guter Rat teuer«, antwortete Bruder Hilpert und sah sich im Laboratorium von Bruder Marsilius um. Der gewölbeartige Raum maß etwa zehn Schritt im Quadrat, war hingegen derart mit Regalen, Truhen und Kisten vollgestopft, dass man sich kaum rühren konnte. Die Kräuterbunde an der Decke, unter ihnen Schöllkraut, Baldrian und Bärlauch, taten ein Übriges, das Gefühl der Enge zu verstärken. Nichtsdestotrotz herrschte hier eine Ordnung, von der andere Brüder nur träumen konnten. Ob Phiole, Glas, Schüssel oder Kolben, alles befand sich an seinem Platz. Allem Anschein nach handelte es sich bei dem Infirmarius um einen äußerst peniblen Zeitgenossen, was Bruder Hilpert bislang entgangen war.
    »Und – schon irgendeinen Verdacht?«, fragte Bruder Marsilius in der für ihn typischen, viele Worte vermeidenden Art. Der Infirmarius wirkte zerstreut, betroffen, ja geradezu fahrig, ganz anders, als Bruder Hilpert es von ihm gewohnt gewesen war.
    Der Bibliothekarius sah ihn nachdenklich an. »Wenn ich ehrlich bin, nein«, murmelte er, was durchaus der Wahrheit entsprach. Der Pergamentfetzen in der Hand des Toten blieb vorsichtshalber unerwähnt. »Kein Verdacht, kein Hinweis und nicht die geringste Spur.«
    »Schwer vorstellbar, dass das einer von uns war. Zumindest meiner eigenen bescheidenen Meinung nach.«
    Bruder Hilpert, der den Anblick des Schragentisches immer noch mied, horchte interessiert auf. »Und wie kommt Ihr darauf?«
    »Weiß nicht. Keine Ahnung, … Oder könnt Ihr Euch vorstellen, dass einer unserer Brüder eine derart abscheuliche Tat begangen hat?«
    Bruder Hilpert gab keine Antwort. ›Ich kann mir so ziemlich alles vorstellen‹, wollte er entgegnen, besann sich jedoch eines Besseren. Auf eine

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