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Die Brandungswelle

Die Brandungswelle

Titel: Die Brandungswelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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denselben! In Bronze! Hermann will noch mehr davon und auch Skulpturen.«
    Ich sah ihn an.
    Am Nachmittag hatte man das Telefon installiert. Er zeigte es mir, auch darüber war er sehr glücklich, Morgane würde ihn jeden Abend anrufen können.
    Er hatte mit ihr gesprochen. Die Arbeit in der Galerie gefiel ihr, sie hatte eine Freundin gefunden, eine Frau in ihrem Alter, mit der sie ins Kino gehen konnte. Von Männern sprach sie nicht. Sie hatte schon zwei Zeichnungen und eine Bronzeskulptur verkauft.

    Sie sagte, ihr Zimmer sei klein, aber sie sei in fünf Minuten an der Seine. Sie hatte den Louvre besucht.
    Sie sprach nicht mehr von Rückkehr.
    Raphaël erzählte mir das alles wild durcheinander, dann starrte er auf die Pappschachtel.
    »Was ist das?«
    »Nichts …«
    »Wieder deine verdammten Nester!«
    Er setzte sich an den Tisch. Die Ärmel seines Pullovers waren zu kurz, ich sah die dicken Adern unter der Haut pulsieren. Er hatte ein Tuch von Morgane um den Hals gebunden.
    »Fehlt sie dir?«, fragte ich.
    Er versuchte zu lächeln, quälte sich ein Grinsen ab. Sein Haar war grau geworden. Er sagte, das sei der Gips.
    Er hob den Kopf.
    »Und dir, wie geht es dir?«
    Was konnte ich ihm antworten?
    »Le Littoral bietet mir einen Zweijahresvertrag an.«
    »Um was zu tun?«
    »Die Küste zwischen hier und Jobourg zu überwachen. Ich müsste auch einen Tag pro Woche nach Caen fahren.«
    »Nimmst du an?«
    »Ich weiß nicht.«
    Er drehte sich um. Sah mich an.
    »Wenn du sagst, du weißt es nicht, dann nimmst du an.«
    Er zwang sich zu lächeln.
    »Wir werden uns also noch eine Weile sehen!«

I n der Nacht las ich die Briefe. Ich las und schlief. Dann las ich weiter.
    Diese Briefe enthielten einen ganzen Menschen. Worte. Eine Stimme.
    Michel hatte nichts mitgenommen, er war tagelang gelaufen. Autos hatten angehalten, aber er war nicht eingestiegen. Er hatte den ganzen Weg zu Fuß gemacht. Er hatte Dörfer durchquert, und Frauen hatten ihm zu essen gegeben. Er hatte auf Bauernhöfen geschlafen, beim Vieh. Er hatte das Kloster im Frühherbst erreicht. Hatte um Gastfreundschaft gebeten.
    Heute ist er Mönch eines kontemplativen Ordens.
    In einem Brief schrieb er:
    Ich schreibe in ein Heft, das ich immer bei mir habe, die Eindrücke, die ich bei meinen Spaziergängen bekomme. Um nicht zu vergessen.
     
    Sonntagnachmittag, es ist gerade 15 Uhr. Es ist schon Zeit, sich zu verkriechen. Die Sonne ist hinter den Gipfeln verschwunden, das Thermometer weit unter null. Ich komme in mein Arbeits- und Schlafzimmer zurück. Meine
Höhle. Gestern habe ich meine Schneeschuhe angezogen und 80 cm Pulverschnee aufgewühlt.
    Ich habe an dich gedacht, du kennst solche Schneemengen gar nicht.
    Irgendwann musst du hierherkommen.
    Ich las alle seine Briefe.
     
    Am Morgen legte ich die Briefe in die Schachtel zurück und lief hinauf zu Lambert.
    Wir gingen zu Nan, gelangten wie beim ersten Mal in das Haus, kletterten durch das Fenster und liefen den ganzen Flur entlang bis zur Tür des Wohnhauses. Ohne etwas zu sagen. Lambert öffnete den Schrank.
    Die Kleider hingen alle dicht beieinander, er schob sie beiseite. Es roch nach Naphthalin, kleine weiße Kugeln rollten über den Boden. Der Schrankboden war übersät mit Schuhen und Plastiktüten, in denen Wollknäuel und Stoffreste lagen.
    Ein Pappkarton, von der Größe wie ein Schuhkarton, lag auf dem Boden. Lambert entdeckte ihn und zog ihn hervor. Er stellte den Karton auf den Tisch. Wir sahen uns einen Moment an, dann nahm er den Deckel ab.
    Da lag das kleine Poloshirt mit den drei Booten. Lambert nahm es in die Hände. Er drückte es ans Gesicht.
    Es war das Shirt, das Paul getragen hatte, als er im Boot nach Aurigny saß. Dasselbe Shirt, in dem ihn Nan fotografiert hatte. Paul, der inzwischen Michel geworden war. Aus welchem Grund hatte sie ihm dieses Hemd nochmal angezogen?
    Sicher wollte sie das Kind damit beruhigen.
    Unter dem Shirt lag eine grüne Leinenhose mit einem auf die Tasche genähten Piratenwappen. Und vergilbte Zeitungsartikel,
die Fotos waren ausgeblichen, aber der Text noch lesbar. Ganz unten lag das Seil, von dem mir Théo erzählt hatte, mit dem Paul auf das Floß gebunden gewesen war.
    Dort fand er auch die Kette und das Medaillon. Lambert zeigte mir die vier auf der Rückseite eingravierten Namen.
    Er umklammerte das Medaillon ganz fest.
    Ich legte die Hand auf seine Schulter.
    »Nan hat ihn geliebt … Sie hat ihn großgezogen.«
    Das war das Einzige, was mir zu

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