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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Koeberle, was ist in Sie gefahren? So waren Sie doch früher nicht.«
    »Nennen Sie es Mutterinstinkt oder sonst was. Meine Harriet ist mir zu schade, die Gespielin eines Industriellensohns zu werden. Heiraten wird er sie nie können.«
    »Es ist viel wert, wenn Sie das klar erkennen, Koeberle«, sagte Schumacher wieder jovial. »Ihr alter logischer Geist ist also noch da. Übrigens hat mir Bert nicht erzählt, daß Sie ihn hinausgefeuert haben. Er hat nur, der dumme Junge, die ganze Nacht vor Ihrem Haus. Wache gehalten. Und das als Angehöriger einer Generation, die sich die ›zornige und nüchterne‹ nennt. So idiotisch war selbst ich nicht in meiner Jugend.« Er hob wieder wie ein Hund schnuppernd die Nase. »Sagen Sie mal … Ihre braune Venus räumt doch nicht den Kaffee weg? Ich möchte eine gute Tasse. Seit vier Wochen trinke ich besseres Spülwasser.«
    Marianne überhörte die Bezeichnung Harriet-Roses. Sie sollte witzig und onkelhaft klingen; sie kannte Arnold Schumacher und wußte, daß es auch so gemeint war. Nichts lag ihm ferner, als damit Harriet zu beleidigen. Es fiel ihm eben ein, sie eine braune Venus zu nennen, und er fand dies lustig und sagte es ebenso unbekümmert.
    »Bitte, kommen Sie herein, Herr Direktor.«
    Marianne ging voraus und stieß die Tür auf. Harriet hatte den Tisch abgeräumt, nur ein frisches Gedeck stand auf einem bunten Set; von der Küche her zog der Duft neu aufgebrühten Kaffees durch das Zimmer. Schumacher blieb tief einatmend stehen.
    »Das ist Duft!« sagte er. »Ist es nicht merkwürdig, wie wenig Frauen wirklich guten Kaffee kochen können? Darüber hat man noch nie geschrieben.« Er sah Harriet aus der Küche kommen und winkte ihr mit einer geradezu familiären Freundlichkeit zu. »Ah, unsere Rose! Guten Morgen! Wirklich, das Kind sieht blendend aus. Koeberle – mein Kompliment.«
    Harriet machte die Andeutung eines Knickses, wie sie ihn im Waisenhaus bei hohem Besichtigungsbesuch gelernt hatte. Dann stand sie an der Wand, in einem hellen, großgeblümten Kleid, schlank, von fremdartigem Reiz, ein Körper voll erwachter Fraulichkeit. Arnold Schumacher begann im stillen seinen Sohn zu verstehen. Als Mann wohlgemerkt … als Vater sah er eine andere Zukunft seines einzigen Sohnes.
    »Guten Morgen«, sagte Harriet-Rose mit ihrer samtweichen Stimme. »Der Kaffee ist gleich fertig.«
    Schumacher setzte sich hinter das frische Gedeck. Immer wieder sah er Harriet an, die neben der Küchentür stand und auf das Durchlaufen des Filters wartete. Wo soll man beginnen, dachte er. Es ist eine verteufelte Situation. Sie sind so nette Menschen, und meine Koeberle ist eine Perle … aber was nutzt das alles, wenn der häusliche Frieden explodiert? Erika hat nun mal bestimmte Ansichten. Und sie setzt sie durch, weil ihr väterliches Erbteil den Grundstock der Schumacher-Werke bildet. So ist das nun mal … die Außenstehenden können das nicht wissen. Schumacher seufzte.
    »Ich wollte morgen zu Ihnen kommen und kündigen«, sagte Marianne in die drückende Stille hinein. Harriet verließ schnell das Zimmer und ging in die Küche. Arnold Schumacher verzog das Gesicht. Fast konnte man Mitleid mit ihm haben.
    »Warum denn, Koeberle? Es gibt doch noch andere Auswege.«
    »Ich möchte keinen Ausweg, sondern einen geraden Weg.«
    »Klammern wir uns nicht an Worte, Koeberle. Ich komme mit konkreten Vorschlägen. Ich habe mir alles reiflich überlegt. Zunächst hat meine Frau gar nichts gegen Sie.«
    »Zu gütig, Herr Direktor.«
    Schumacher spürte den dicken Spott. Er wußte, wie lächerlich er sich machte, und im geheimen sprach er Verwünschungen aus, die seine Frau wie in Schwefelsäure auflösen würden, wenn sie erfüllt werden könnten.
    »Es geht nur um Ihre Tochter und um meinen Sohn.«
    »Das ist bereits geregelt. Ich sagte es schon.«
    »Sie kennen Bert nicht. Zu seiner Verliebtheit kommt jetzt der Trotz. Das ist immer eine gefährliche Mischung, aus der Tragödien entstehen können. Um das zu vermeiden, bin ich gekommen. Kurzum: Ich bin bereit, Ihre Tochter in einem guten Töchterinstitut erziehen zu lassen. Es gibt da sehr gute Heime, meistens Schlösser, in denen Mädchen ihres Alters alles lernen und haben, was ihnen Spaß macht. Tennis, Reiten, Schwimmen, Opernbesuch, Konzerte, gesellschaftliche Ausbildung, Kunsterziehung … sie kann dort bleiben, bis sie zwanzig Jahre ist … das sind noch drei Jahre. Wer weiß, was in diesen drei Jahren alles geschehen ist. Vor allem

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