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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie können sie ja nicht einsperren.«
    »Ich flehe Sie an, uns in Ruhe zu lassen«, sagte Marianne leise. »Ich gebe auch meine Stellung bei Ihrem Vater auf, ich will alle Brücken hinter mir abbrechen und von vorn beginnen. Ein ganz anderes Leben … nur für Rose.«
    »Und alles, weil ein Mädchen eine braune Haut hat? Sind wir denn Termiten, die jede Ameise anderer Farbe töten?« schrie er.
    »Ja, Bert. Sehen Sie, schon bei den Ameisen fängt es an. Sie sagen es selbst. Um wie feiner kann der Mensch mit seiner Intelligenz die sogenannte ›Auslese‹ treffen. In den Augen meiner Mitmenschen bin ich ein Dreck, weil ich vor siebzehn Jahren nicht gestorben bin, als mich ein farbiger riesiger Sergeant –« Sie schwieg und wandte sich zur Seite. »Bitte gehen Sie, Bert. Es ist alles sinnlos, was wir reden. Es ist nicht zu ändern. Wir müssen uns einfach damit abfinden.«
    »Nie, Koeberle, nie!« Bert Schumacher starrte auf die Tür zum Wohnzimmer. »Sie wissen nicht, was ich Papa gesagt habe.«
    »Es interessiert mich auch nicht, Bert. Bitte, gehen Sie.«
    Bert Schumacher trat wieder hinaus in das Treppenhaus. Er hielt Mariannes Hand fest.
    »Das ist nicht das Ende, Koeberle.«
    »Ich hoffe, doch.«
    »Nein! Jetzt beginnt es erst!«
    »Lassen Sie uns unsere Ruhe, Bert. Bitte, bitte.«
    Schumacher ließ ihre Hand los. Er riß sich den Kragen auf, als ersticke er. »Ich beuge mich nicht der Dummheit und der sauren Moral meiner Umwelt«, sagte er fest. »Ich weiß, ich werde Mauern einrennen müssen, aber ich fühle mich stark genug, mich dagegen werfen zu können.«
    Er rannte die Treppen hinunter, zwei Stufen auf einmal nehmend, als übe er schon seinen Anlauf gegen die Masse von Verachtung und rassischer Ressentiments.
    In der Diele stand Harriet-Rose, als Marianne in die Wohnung zurückkehrte. Sie hatte starre Augen und einen schmalen Mund.
    »Ich habe alles gehört, Mutti«, sagte sie stockend. »Ich stand hinter der Tür. Ich … ich werde ihn nie wiedersehen? Ich darf nie mehr mit ihm sprechen?«
    »Nein, Rose.«
    Plötzlich war es, als zerspringe der Körper Harriets. Und dann kam es über sie, mit einer Wildheit, die raubtierhaft war. Sie stürzte sich auf Marianne, krallte sich an ihr fest und schüttelte sie mit unwahrscheinlicher Kraft.
    »Warum bin ich nicht weiß?« schrie sie grell. »Warum bin ich schwarz … schwarz … so ekelhaft schwarz? Ich will sein wie andere Menschen … ich bin doch auch ein Mensch … ein Mensch … ein Mensch!« Und ebenso plötzlich, wie die Wildheit sie wegriß, brach sie zusammen und legte laut schluchzend den Kopf an Mariannes Schulter. »Mach mich weiß, Mutti«, stammelte sie. »Bitte, bitte, Mutti … mach mich weiß.«
    Dann brach sie endgültig zusammen. Marianne fing sie auf und trug sie ins Zimmer auf die Couch. Ein kleines, heulendes, wimmerndes braunes Bündel.
    *
    Bert Schumacher machte es wahr: Er bezog Posten vor dem Hause und wartete auf Harriet. Bis zum Einbruch der Dunkelheit stand er gegenüber in einer Haustürnische oder ging vor dem Hause hin und her, von einer Straßenkreuzung bis zur anderen. Harriet-Rose beobachtete ihn am Fenster hinter der Gardine. Als es Nacht wurde, sah sie ihn nicht mehr, aber sie ahnte, daß er noch in ihrer Nähe war und nur den Platz gewechselt hatte.
    Sie aß auch am Abend nichts und lag später wach im Bett, gegen die Decke starrend, auf die die Scheinwerfer auf der Straße vorbeisurrender Autos bizarre Lichtornamente malten.
    »Schlaf, mein Liebling«, sagte Marianne zärtlich und zog Harriet zu sich an ihre Seite. »Komm … schlaf ein!«
    Harriet lag steif wie ein Stock neben ihrer Mutter. Die warme Zärtlichkeit empfand sie nicht; es war ihr, als sei sie innerlich leergebrannt und zu keiner anderen Regung mehr fähig als zu hassen. Alles zu hassen, was lebte. Als Marianne schlief, rollte sie sich leise aus ihren Armen in ihr Bett und setzte sich auf. Der Gedanke, in das Waisenhaus nach Konstanz zurückzukehren und sich dort zu vergraben, kam ihr wieder. Aber gleichzeitig wußte sie, daß es unmöglich war, dort zu leben, nachdem sie die Freiheit kennengelernt hatte und Bert begegnet war.
    In der Nacht wachte Marianne auf. Die Nachttischlampe Harriets brannte, aber sie hatte den Schein mit einem über den Schirm gebreiteten Schal abgedeckt. Ihr Bett war leer. Aber unter der Tür des Badezimmers schimmerte ein Lichtstreifen und kroch über den Boden.
    Leise erhob sich Marianne und schlich zum Badezimmer. Sie legte das

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