Die Braut aus den Highlands
Obgleich es schwer zu glauben war, dass ein Räuber sich von einer einsamen Frau an der Seite eines ohnmächtigen Mannes eingeschüchtert fühlen sollte.
Womöglich hatte er befürchtet, sie könne schreien und dadurch Hilfe herbeiholen, dachte Merry und drängte die Angelegenheit vorerst beiseite. Sie schob sich ein Stück Brot in den Mund und kaute, wobei ihr Blick zu ihrem Gemahl glitt. Zwar hatte er sie aufgefordert zu essen, nahm aber selbst, wie sie sah, nichts zu sich. Sie hob die Brauen.
âSeid Ihr etwa nicht hungrig?â, wollte sie wissen, nachdem sie Brot und Käse geschluckt hatte.
âDoch, aber mein Hunger kann bis nach dem Mahl wartenâ, erwiderte er mit dem Anflug eines Grinsens.
Merrys Augen wurden groÃ, und sie spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Und sie hatte geglaubt, dass er noch viel zu angeschlagen sei und sich erst erholen wollen werde, ehe er sich an etwas derart Kräftezehrendem versuchen würde wie â¦
Ihre Gedanken liefen ins Leere, als ihr Blick auf seine Lenden fiel und sie die Wölbung bemerkte, die den Stoff zwischen seinen gekreuzten Beinen spannte. Mochten ihm auch Arm und Kopf wehtun, so waren andere Körperteile doch ganz sicher nicht betroffen. Sie schluckte den Bissen, den sie gerade kaute, und griff rasch nach dem Wein, um ihn ihre plötzlich trockene Kehle hinunterzuspülen, während sie sich die bevorstehende Nacht ausmalte.
Sie wurde jäh aus ihren Betrachtungen gerissen, als vom Zelteingang her ein lautes Räuspern ertönte.
âNur hereinâ, rief Alex.
Er und Merry blickten sich neugierig um. Als die Zeltklappe sich hob, erkannten sie Gerhard. Der Mann lieà den Blick durchs Zelt gleiten und schlieÃlich auf Alex ruhen. âAllan sagt, mit der Stute stimmt etwas nichtâ, verkündete er.
âMit Beauty?â, fragte Merry alarmiert. Sie sprang auf.
âSchon gut, bleibt hier und beendet Euer Mahlâ, versuchte Alex sie zu beruhigen und erhob sich ebenfalls. âIch werde nach ihr sehen.â
Merry schnaubte nur. Was für ein Ansinnen. Beauty war ihr Ein und Alles. Sie war dabei gewesen, als die Stute sich aus dem Leib ihrer Mutter in diese Welt gestrampelt hatte. Es war für Fohlen und Stute gleichermaÃen eine schwierige Geburt gewesen, und eine Weile hatte das Leben der beiden am seidenen Faden gehangen. Merry hatte gerade erst ihre Mutter verloren und war nicht gewillt, die Mitteilung des Stallmeisters einfach so hinzunehmen. Stattdessen kam sie mit hinunter in die Stallungen und kämpfte um das Leben der beiden Pferde. Als feststand, dass zumindest das Fohlen überleben würde und es überdies eine kleine Stute war, beanspruchte Merry sie für sich. Sie hatte das Tier aufgezogen, zugeritten und keinen Schritt mehr ohne es getan, seit es alt genug war, sie zu tragen. Wenn Beauty krank war, dann würde sie heute genauso wie damals für sie da sein und tun, was immer sie konnte.
Als sie an Alex vorbei auf die Zeltöffnung zuschritt, schüttelte er nur den Kopf über so viel Starrsinn, ehe er ihr folgte. Sie hatten den feuchtkalten Lagerplatz halb überquert, als einer der Männer am Feuer nach Gerhard rief.
âGeh nurâ, sagte Alex. âAllan kann uns berichten, was dem Tier fehlt.â
âAllan ist gerade ⦠nun, er ist kurz in den Wald gegangenâ, endete Gerhard mit einer Grimasse. Das Unbehagen des Mannes einzuräumen, dass sich jemand habe erleichtern müssen, belustigte Merry. Zwar galt es als unschicklich, so etwas in Gegenwart einer Dame auszusprechen, doch ihr Vater und ihre Brüder hatten sich auch nie die Mühe gemacht, in ihrem Beisein auf ihre Worte zu achten, und im Grunde erschien es ihr albern, ein solches Getue um ein natürliches Bedürfnis zu machen. Gerhard sammelte sich und fuhr fort: âIhr solltet die Wunde auch selbst ausfindig machen können. Die Stute hat einen kleinen Schnitt etwa hier.â Er wies auf seine eigene Schulter. âSie ist nicht entzündet, aber Allan wollte Eure Erlaubnis einholen, ehe er eine Salbe aufträgt, damit die Stelle gar nicht erst brandig wird.â
âWir werden die Verletzung schon findenâ, erwiderte Alex.
Gerhard nickte knapp, wandte sich ab und ging zum Feuer, während sie beide weiter zu den Pferden gingen, die am Rande der Lichtung standen.
Wie Gerhard gesagt hatte, machte die Stute keinen kranken Eindruck,
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