Die Braut aus den Highlands
Merry alarmiert. Sie sprang auf.
„Schon gut, bleibt hier und beendet Euer Mahl“, versuchte Alex sie zu beruhigen und erhob sich ebenfalls. „Ich werde nach ihr sehen.“
Merry schnaubte nur. Was für ein Ansinnen. Beauty war ihr Ein und Alles. Sie war dabei gewesen, als die Stute sich aus dem Leib ihrer Mutter in diese Welt gestrampelt hatte. Es war für Fohlen und Stute gleichermaßen eine schwierige Geburt gewesen, und eine Weile hatte das Leben der beiden am seidenen Faden gehangen. Merry hatte gerade erst ihre Mutter verloren und war nicht gewillt, die Mitteilung des Stallmeisters einfach so hinzunehmen. Stattdessen kam sie mit hinunter in die Stallungen und kämpfte um das Leben der beiden Pferde. Als feststand, dass zumindest das Fohlen überleben würde und es überdies eine kleine Stute war, beanspruchte Merry sie für sich. Sie hatte das Tier aufgezogen, zugeritten und keinen Schritt mehr ohne es getan, seit es alt genug war, sie zu tragen. Wenn Beauty krank war, dann würde sie heute genauso wie damals für sie da sein und tun, was immer sie konnte.
Als sie an Alex vorbei auf die Zeltöffnung zuschritt, schüttelte er nur den Kopf über so viel Starrsinn, ehe er ihr folgte. Sie hatten den feuchtkalten Lagerplatz halb überquert, als einer der Männer am Feuer nach Gerhard rief.
„Geh nur“, sagte Alex. „Allan kann uns berichten, was dem Tier fehlt.“
„Allan ist gerade … nun, er ist kurz in den Wald gegangen“, endete Gerhard mit einer Grimasse. Das Unbehagen des Mannes einzuräumen, dass sich jemand habe erleichtern müssen, belustigte Merry. Zwar galt es als unschicklich, so etwas in Gegenwart einer Dame auszusprechen, doch ihr Vater und ihre Brüder hatten sich auch nie die Mühe gemacht, in ihrem Beisein auf ihre Worte zu achten, und im Grunde erschien es ihr albern, ein solches Getue um ein natürliches Bedürfnis zu machen. Gerhard sammelte sich und fuhr fort: „Ihr solltet die Wunde auch selbst ausfindig machen können. Die Stute hat einen kleinen Schnitt etwa hier.“ Er wies auf seine eigene Schulter. „Sie ist nicht entzündet, aber Allan wollte Eure Erlaubnis einholen, ehe er eine Salbe aufträgt, damit die Stelle gar nicht erst brandig wird.“
„Wir werden die Verletzung schon finden“, erwiderte Alex.
Gerhard nickte knapp, wandte sich ab und ging zum Feuer, während sie beide weiter zu den Pferden gingen, die am Rande der Lichtung standen.
Wie Gerhard gesagt hatte, machte die Stute keinen kranken Eindruck, sondern hatte lediglich einen kleinen Schnitt an der rechten Seite des Widerrists. Er war so winzig, dass sie ihn nicht auf Anhieb fanden. Als Merry ihn endlich entdeckte, runzelte sie die Stirn. Die Wunde war kurz, gerade und nadelfein. Sie wirkte fast, als sei sie von einer Messerklinge anstatt von einem Zweig verursacht worden, wie es der Fall gewesen sein musste. Es wunderte sie, dass Allan sie überhaupt gesehen hatte, doch zugleich war sie dankbar dafür. Tiere waren ebenso anfällig für Entzündungen wie Menschen, und die Verletzung musste behandelt werden, um eine solche zu verhindern.
„Ein wenig Salbe sollte genügen“, murmelte Alex, während sie den Schnitt betrachteten.
„ Aye “, stimmte Merry zu. Beschwichtigend strich sie Beauty über die Flanke. „Doch ich würde gerne meine eigene auftragen. Ich hole nur schnell meine Kräuter und bin gleich zurück.“
„Ja, geht zum Zelt und sucht die Salbe heraus, aber dann wartet Ihr auf Godfrey und gebt sie ihm“, entgegnete Alex entschieden.
„Aber …“
„Kein Aber“, unterbrach er sie fest. „Es fängt schon wieder an zu regnen, und ich möchte nicht, dass Ihr Euch erkältet. Allan kann die Salbe ebenso gut auftragen. Gebt sie einfach Godfrey, er wird sie uns bringen.“
Merry funkelte ihn gereizt an, drehte sich aber um und ging zum Zelt. Sie hätte die Paste lieber eigenhändig auf die Wunde gegeben, doch die Sache war es nicht wert zu streiten. Allein die Tatsache, dass Allan, der während der Reise für die Pferde verantwortlich war, den winzigen Riss entdeckt hatte, ließ darauf schließen, dass er sich mit den Tieren auskannte und gut für sie sorgte. Er konnte sie ebenso gut auftragen wie sie. Das änderte allerdings nichts daran, dass es ihr missfiel, wie ihr Gemahl sie herumkommandierte. Was ihr Missfallen ein wenig dämpfte, war, dass er es aus Sorge um ihr Wohlergehen tat. Er hatte die Anweisung nicht um des Befehlens willen erteilt, sondern weil er fürchtete, dass sie sich im
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