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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Männer näher aneinander.
    »Sie haben jetzt schon mehr Pferde als Leute, die sie reiten können«, hörte Bandini sich sagen. »Falls Sie nicht Gäule zum reinen Vergnügen sammeln, sollten Sie mit dem Leben von Männern, die sich auf einem Pferderücken zurechtfinden, nicht so verschwenderisch umgehen.«
    Konrad von Landau musterte Bandini eine lange Weile über die rauchgeschwängerte, hitzeflirrende Distanz hinweg, dann winkte er ihn heran. Zwei der Bewacher gesellten sich links und rechts zu ihm, packten seine Arme und trugen ihn fast nach vorn. Sie zwangen ihn nicht auf die Knie vor dem Thronsessel, und Landau stand auch nicht auf, um den Größenunterschied wettzumachen. Bandini blickte auf den Mann hinab, und es bescherte ihm keinerlei Gefühl der Überlegenheit. In den Augen Landaus spiegelte sich das Feuer, die Hitze in seiner Nähe ließ Bandinis unrasierte Wangen knistern und die Luft in seiner Nase brennen.
    »Hören die Männer auf Sie?«, fragte Landau.
    »Ich bin ihr capitano .«
    »Eine bunte Mischung.«
    »So bunt wie das Leben, Herr Konrad«, sagte Bandini und versuchte, den Namen ohne Akzent auszusprechen. Er hatte stets gedacht, dass er damals in Florenz nach Onkel Bernardos Verrat aus dem tiefsten Quell seiner Furcht geschöpft hatte und dass er keine größere Angst mehr empfinden könnte. Bislang war er mit dieser Annahme nicht von der Wirklichkeit eingeholt worden, nicht einmal in den beiden scheinbar aussichtslosen Situationen, die ihn sein Auge und die Finger seiner Hand gekostet hatten. Nun stellte er fest, dass er zu zuversichtlich gewesen war. Der schmale Mann in seinem mitten im Inferno stehenden Thronsessel und seine schweigsame, wie ein mechanisches Uhrwerk funktionierende Truppe ließen sein Fleisch kribbeln und seine Hoden schrumpfen vor Angst.
    Landau lächelte schwach. »Legen Sie Wert darauf, capitano Bandini?«, fragte er und bewies, dass auch er das Ohr im Wind hatte, wenn es darum ging, seine Gegner zu kennen. »Auf das Leben?«
    »Solange es mir etwas nützt«, sagte Bandini heiser und schwor sich, nicht einzuknicken, »das Leben.«
    Landau nickte langsam. »Ich lege auch Wert darauf, solange es mir etwas nützt – Ihr Leben.«
    Bandini erwiderte nichts. Der Speichel in seinem Mund erstickte ihn fast, aber er würde den Teufel tun, jetzt zu schlucken. Er bohrte seinen Blick in den Landaus, aber der condottiere erwiderte die Herausforderung nicht. Seine Augen schienen auf etwas anderes fokussiert als auf das Gesicht seines Gesprächspartners, als blickte er diesen nicht an, sondern in ihn hinein, und der Fokus seines Blicks lag nicht auf den Pupillen seines Gegenübers, sondern einen Zoll dahinter, in seinem Hirn.
    »Was tun Sie hier mit Ihrem Haufen?«, fragte Landau.
    Bandini wagte es. »Das Gleiche, das Sie tun. Ich jage jemanden.«
    Landau lehnte sich zurück. Bandini, der selbst sein Blinzeln unterdrückt hatte, hatte das Gefühl, seine Augäpfel würden in der Hitze vertrocknen. Landau schwitzte nicht einmal. Das Dach einer der brennenden Hütten stöhnte plötzlich, sank in sich zusammen, blähte sich auf, als würde es noch einmal Atem holen, dann krachte es endgültig in das Feuer hinein. Lodernde Riedgrasbüschel wirbelten in die Höhe; einzelne brennende Halme tanzten mit einem langen Flammenschweif durch den Rauch und gaukelten über die Straße. Landau spähte müßig nach hinten und verfolgte die aufstiebenden Funken mit den Blicken. Ein Feuerhauch strich Bandini über das Gesicht und trieb einen neuen Schweißausbruch auf seine Stirn. Landau wandte sich wieder ihm zu. Er legte die Finger vor dem Gesicht wie ein Dach zusammen und spähte darüber hinweg zu Bandini nach oben.
    »Vielleicht jagen wir ja die gleiche Beute?«, fragte er.
    »Dann …«, sagte Bandini und wusste, dass jetzt begann, was er stets verabscheut hatte und dessen Preis diesmal sein eigenes und das Leben seiner Männer war: die Verhandlungen. Er hatte gedacht, nicht tiefer sinken zu können, als er T. G. und sein Gesindel angeheuert hatte. Er hatte sich geirrt. »… lassen Sie uns von Jäger zu Jäger miteinander sprechen.«

Kapitel 35.
    R evere erhob sich aus der verregneten Dämmerung als ein kompakter Haufen Mauerwerk mit Dächern, über das sich der wuchtige Turm des Stadtpalasts mit seinen rechteckigen Welfenzinnen und dem Glockenhaus reckte. Über allem thronte die atemberaubende Form des Damms. Von Lorenzos Position aus schien er selbst das Dach des Glockenhauses zu überragen. Der

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