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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Auge alles aufnahm, was er zu sehen bekam, war sein Hirn bereits damit beschäftigt, es einzuordnen, zu bewerten und zu einem größeren Ganzen zusammenzufügen, und das hieß: Wie kommen wir hier wieder heraus?
    Sie hatten von ihren Pferden absteigen und ihre Waffen abgeben müssen; doch während die Waffen mit einer Art Achtlosigkeit auf einen Haufen geworfen wurden, nahm man die Pferde beim Zügel und führte sie beiseite, und die Männer, die das taten, benahmen sich nicht so, als hätten sie viel Erfahrung mit den Tieren.
    Die Hütten brannten, und es mochten Tote darin liegen, aber erschlagen auf der Straße erblickte Bandini nur einen alten Mann und eine mehrköpfige Familie. Zusammen mit dem Hund und den eventuellen Leichen in den Hütten machte das immer noch zu wenig Opfer für die Größe des Dorfes aus. Es war fast verlassen gewesen.
    Üblicherweise waren die Wege zwischen den Hütten eines geplünderten Dorfes übersät mit zerbrochenen Gegenständen und zerfetztem Stoff. Hier fand sich nichts. Wenn die Schwarze Schar zum Plündern hierhergekommen war, war sie umsonst gekommen; warum hatte man sich dennoch die Mühe gemacht, die wenigen Zurückgebliebenen zu ermorden und das Dorf in Brand zu stecken?
    Eine Gruppe von knapp einem halben Dutzend zerzauster, verschwitzter Männer kümmerte sich um Pferde, denen der Regen den Schaum in Flocken vom Fell wusch. Ein Mann lag halb aufgerichtet auf dem Boden, den Rücken seines Hemdes blutgetränkt, schwer atmend und mit jener Grauheit im Gesicht, die besagte, dass ein Bader, der ihn retten wollte, sich höllisch beeilen musste. Es waren zehn Pferde; eines davon zuckte und rollte wild mit den Augen, schlug aus und wehrte sich mit aller Kraft gegen die Versuche, ihm einen Armbrustbolzen aus der Hinterhand zu ziehen. Niemand schien zu wissen, wie man ein panisches und verletztes Pferd beruhigen konnte. Ein lockerer Ring aus Zuschauern stand um die Gruppe herum; sie machten finstere Gesichter, aber ansonsten keine Anstalten, ihnen zur Hand zu gehen. Die überzähligen Pferde waren gesattelt und aufgezäumt, als hätten auch sie zuvor Reiter gehabt.
    »Hier hat jemand was gesucht und nicht gefunden«, raunte Pietro Trovatore, der neben Bandini schritt.
    »Die da haben jedenfalls was gefunden, was sie gar nicht finden wollten«, erwiderte Bandini und wies mit dem Kopf auf die derangierte Gruppe mit den Pferden.
    Sie wechselten einen Blick miteinander. In Pietros Augen stand ganz klar: Lorenzo. Bandini schnaubte.
    Zwischen den Hütten war die Hitze so groß, dass nicht einmal der Regen hierher durchzudringen schien. Als Bandini zu fürchten begann, dass man sie einfach ins Feuer hineintreiben würde, hielt man sie an. Der Ring aus Bewachern um sie herum öffnete sich nach vorn.
    Mitten auf der Straße stand ein hochlehniger Herrenstuhl. Ein schmaler, dunkel gekleideter Mann saß darin und blickte ihnen ruhig entgegen. Hinter ihm bildete der Rauch eine pechschwarze Kulisse, in der Flammen loderten und Feuerwalzen, die aus den Hütten in die Luft gesogen wurden, rollten. Der Baum, an dem der Stuhl so nahe stand, dass der Mann kurz vorm Rösten sein musste, schwelte und rauchte. Die schwarze Kleidung des Mannes schien sich mit dem Hintergrund aufzulösen, als ob Rauch und Flammen ihn ständig neu bildeten. Bandini warf seinen Männern einen Blick über die Schulter zu. Wer nicht mit Entsetzen den Mann im Herrenstuhl anstarrte, blickte mit angstvollem Gesicht nach unten und schlug Kreuzzeichen. Pietro und Buonarotti versuchten den Eindruck zu erwecken, gelassen zu sein, schafften es aber nicht. Niccolòs Mund stand offen. Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren.
    »Das ist der Teufel«, hörte er jemanden flüstern.
    Nein, dachte Bandini, dessen Gedankenlauf am Ziel angekommen zu sein schien und der förmlich gehört hatte, wie er in seinem Gehirn einrastete. Das ist Konrad von Landau, aber es kommt auf das Gleiche raus.
    Der Mann in Schwarz stand auf und winkte einen seiner Leute heran. Dieser flüsterte ihm etwas ins Ohr. Über Landaus Gesicht huschte ein Lächeln.
    »Ich höre, Sie haben uns Pferde mitgebracht«, sagte er mit nur dem leisen Anflug eines Akzents. »Vielen Dank. Leider müssen wir uns nun von Ihnen verabschieden.«
    Die Bewacher um sie herum wandten sich ihnen zu. Armbrüste hoben sich, Äxte und Spieße, Bogen wurden gespannt und Gewehre in Anschlag gebracht. Jemand aus T. G. ’s Gruppe stieß einen entsetzten Fluch aus. Unwillkürlich drängten sich die

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