Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007
Versteck liegen, nachdem die Männer an ihm vorbeigezogen waren und die Staubwolke über der Straße langsam durchsichtiger wurde. Er fühlte das Kitzeln und Stechen der Halme überall an seinem Körper und den Schweiß, der ihm in Bahnen über die Haut lief. Nur die Tatsache, dass die Spuren vom Ort des Überfalls ihn unfehlbar hierher gewiesen hatten, und das Zeichen der Tintori ließen Lorenzo nicht daran zweifeln, dass er auf die Richtigen gestoßen war. Eine stilisierte Färberdistel auf strahlend gelbem Grund zierte den Trosswagen; offensichtlich war Clarices Familie ebenso stolz auf ihre Herkunft aus dem Färbermilieu wie auf den Grund ihres Reichtums – das Strecken von Safran mit dem Extrakt der Blütenblätter –, worauf die gelbe Farbe unverhohlen hinwies.
Kinder? Sogar mit einem Aufpasser oder Lehrer, denn als nichts anderes war ihm der aufgeregt hüpfende Mann erschienen … Was hatten sie bei dieser Truppe zu suchen?
Er wartete lange genug ab, um sicher zu sein, dass nicht noch eine Art Nachhut hinterherkam, dann arbeitete er sich aus seinem Versteck heraus, schob den Haufen mit den Füßen notdürftig wieder zusammen und machte sich auf den Weg zu einem entfernten Gebüsch, in dem er sein Pferd verborgen hatte. Da der ursprüngliche Plan nicht zum Einsatz zu bringen war, benötigte er einen zweiten Plan. Während er zu dem Gebüsch trabte, erkannte er, dass er sich die ganze Zeit über vor diesem zweiten Plan gefürchtet hatte und dass diese geheime Ahnung der wahre Grund dafür war, warum er sich allein auf den Weg gemacht hatte.
Kapitel 9.
D er Grauschimmel stand in den seitlich einfallenden Strahlen der frühen Abendsonne und warf einen langen lavendelfarbenen Schatten über das Gras. So wie er da stand, allein für sich und offenbar jedes Meisters ledig, schien er nie einen anderen Herrn gehabt zu haben als sich selbst. Sein schimmernd graues Fell ließ das Licht in goldenen Wellen über seinen Körper gleiten, wenn er ein paar Schritte machte oder wenn die Muskeln zuckten, um die Fliegen zu vertreiben. Der Grauschimmel war ein Hengst mit breitem Brustkorb, langen, kräftigen Beinen und einem fein geschnittenen Profil; er hätte am Hof eines Fürsten bei einer Parade nicht in der hintersten Reihe stehen müssen. Seine einsame, gelassen wirkende Erscheinung forderte geradezu heraus, sich ihm vorsichtig zu nähern, ihm sanfte Worte zuzuflüstern, die für das Nachtmahl vorgesehenen Reste von Hafer, Karotten und frischem Wasser zu opfern, um ihn anzulocken, sich ihm einzuschmeicheln, ihn zum Freund zu gewinnen und ihm den Zügel überzustreifen und ihn zu besitzen.
Abgesehen davon, dass er mit seinem Sattel, seinem Zaumzeug mit metallisch blitzenden Beschlägen, seinem gestutzten Schweif und seiner geflochtenen Mähne ganz offensichtlich schon jemandem gehörte und es unwahrscheinlich war, dass dieser jemand sich mit dem Verlust des prächtigen Tieres abfinden würde.
Fabio erwog all dies in wenigen Augenblicken, während er und sein Nebenmann langsam auf der Straße voranritten, beide die Köpfe nach dem abseits im Feld grasenden Schimmel gerichtet und die Unterkiefer weit herabgesunken vor der zum Greifen nahen Schönheit. Schließlich zog Fabio am Zügel und brachte sein eigenes Pferd mit einigen Schwierigkeiten zum Stehen. Er war nicht ungeschickt im Umgang mit Tieren, aber den Gaul kannte er erst seit Kurzem, und sein Vorgänger hatte ihn offenbar lange genug geritten, dass das Pferd sich nur schwer an die fremden Bewegungen des neuen Reiters gewöhnte.
»Na gut«, sagte er. »Na gut. Es besteht die Möglichkeit, dass es keinem gehört oder aus dem Stall des Papstes entlaufen ist oder seinen Reiter irgendwo einen halben Tag von hier abgeworfen und mit gebrochenem Genick am Straßenrand hat liegen lassen oder dass es ganz einfach hierhergestellt worden ist von einer unbekannten Macht, die diesen frühen Abend zum Austeilen von Geschenken nutzt.«
»Und das soll heißen, Fabio?«, fragte der andere Mann mit einem halben Lächeln.
»Dass du so schnell wie möglich zurückreitest, Giuglielmo hinter uns anhalten lässt, damit die Marschordnung nicht durcheinanderkommt, und Corto ausrichtest, dass er es bereuen wird, wenn er nicht wenigstens versucht, sich diesen Gaul zu schnappen.«
»Corto und ein Pferd«, sagte der andere Mann. Er zog am Zügel, um seinen Gaul zu wenden. Das Tier drehte sich einmal mit tänzelnden Hufen um sich selbst und stand dann wieder mit der Nase in der gleichen
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