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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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das Spiel noch nicht beendet war.
    Die Reiter zügelten ihre Pferde und stellten sich hart an den rechten Rand der Straße. Sie wandten ihre Köpfe Magdalenas Gruppe zu und beobachteten sie, wie sie näher kamen. Immaculata stöhnte leise. Magdalena drückte ihre Hand, bis es ihr selbst wehtat.
    »Schwester Radegundis«, sagte sie halblaut.
    »Ich bin hier.«
    »Alles wird gut.«
    »Wenn du es sagst, Schwester Magdalena.« Zu anderen Zeiten wäre Magdalena über den Sarkasmus in Radegundis’ Stimme bestürzt gewesen, jetzt hoffte sie, dass er ihr half, die Furcht zu unterdrücken.
    »Bruder Girolamo?«
    »Wir sind alle in Gottes Hand«, sagte der Mönch.
    Sie passierten aufs Neue die beiden Reiter, die sie offen von oben bis unten musterten.
    »Wohin führt euch der Weg, meine Herren?«, fragte Magdalena, ohne anzuhalten.
    »Das ist noch nicht ganz raus, Schwester«, erwiderte der erste Reiter. »Vielleicht schließen wir uns ja deiner Gruppe an?«
    »Jeder ehrliche Weggefährte ist willkommen«, sagte Magdalena. Sie musste den Kopf drehen, um ihren Gesprächspartner weiterhin anblicken zu können. »Und es heißt: Ihrer Gruppe.«
    »Was?«
    »Es heißt: Vielleicht schließen wir uns ja Ihrer Gruppe an. Auch ein so kräftiger Mann wie du erinnert sich sicherlich daran, was seine Mutter ihm einmal als gute Manieren beigebracht hat.«
    Sie löste sich von seinem Blick. Weitergehen, einfach weitergehen. In ihrem Hirn hallte die Sprachlosigkeit, die die zwei Reiter, aber auch ihre gesamte Gruppe ausstrahlte. Gut so, dachte sie grimmig. Kerle wie die sind stets drei Augenblicke weit von der Gewalt entfernt. Solange du sie aus dem Gleichgewicht bringen kannst, fangen die drei Augenblicke immer wieder von vorne an.
    »Um Vergebung, Schwester«, sagte der Reiter schließlich.
    Sie winkte nach hinten, ohne sich umzudrehen. »Bete ein Ave Maria, um die Vergebung des Herrn zu erlangen.«
    Sie lauschte im Weitergehen. Das Hufgetrappel blieb aus. Sie stehen immer noch neben der Straße, dachte sie. Heilige Maria Mutter Gottes, ich habe sie tatsächlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Lass sie nur noch ein paar Augenblicke länger zaudern, dann haben wir gewonnen!
    In diesem Moment versteifte sich Immaculata. Magdalena blickte auf. Das Hufgeräusch hinter ihnen erklang aufs Neue und folgte ihnen. Aber es spielte ohnehin keine Rolle mehr. Weiter vorn auf der Straße stand ein weiterer Reiter und blickte ihnen entgegen.
    »Die Sache ist die, Schwester«, sagte der kahlköpfige Mann auf dem Kutschbock. »In unserer Begleitung befinden sich unter anderem zwei Kinder und eine junge Dame. Sehen Sie sich um – wir sind lauter Männer. Wir sind nicht die Richtigen, wenn es darum geht, auf Kinder aufzupassen oder die Nöte einer Frau zu beachten. Ich möchte Sie daher bitten, für eine Weile mit uns zu reisen. Außerdem«, er lächelte und entblößte große Eckzähne, »kann ein bisschen geistiger Beistand nicht schaden.«
    Magdalena musterte ihn. Nach der lähmenden Panik, der sie ebenso wenig hatte entgehen können wie Schwester Immaculata, als die drei Reiter vor und hinter ihnen die Straße blockiert und sie am Weitergehen gehindert hatten, kehrte Stück für Stück ein wenig Ruhe in Magdalenas Seele zurück. Es war nicht die aufgesetzte Höflichkeit des Kahlkopfs, die ihr vermittelte, dass Leib und Leben ihrer kleinen Gruppe im Augenblick nicht in Gefahr waren – Höflichkeit konnte nichts weiter sein als ein zusätzliches Mittel, das Opfer zu verspotten. Nein, es waren die Signale, die sie empfing. Nicht von dem Kahlkopf – er glich, was das In-ihn-Hineinsehen betraf, der Äbtissin Giovanna; es waren die Signale der Männer um ihn herum, die anzudeuten schienen, dass sie in allem, was sie taten, auf ihren Anführer hörten, und dies nicht aus Angst oder weil es ihnen einen Vorteil brachte, sondern weil es für sie ganz natürlich war, dass er derjenige war, der sie führte. Solche Sicherheit in der Unterordnung hatte sie nicht einmal gespürt, wenn sie beobachtet hatte, wie die Mönche mit dem Vater Abt umgingen. Es war nur ein Missklang in dieser Schwingung, die sie erreichte, eine Seele, die besser zu dieser Gruppe zu passen schien als alle anderen und die sich am meisten dagegen wehrte. Sie konnte nicht ausmachen, welcher der Männer um sie herum diese Botschaft ausstrahlte, nicht ohne den Blickkontakt zu dem Kahlkopf zu unterbrechen, und sie hatte nicht vor, diesen Kontakt abreißen zu lassen. Seine blauen Augen warteten

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