Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007
sich plötzlich ein Mann, orientierte sich kurz und lief dann auf Fabio zu. Die beiden steckten die Köpfe zusammen. Unwillkürlich blickte Magdalena zu Clarice. Auf der Stirn der jungen Frau stand eine steile Falte; ihre Blicke folgten Fabio und dem Neuankömmling, als diese beiseitetraten.
Fabio blickte auf. Über die Entfernung hinweg trafen sich seine Blicke mit denen Magdalenas. Sie zuckte zusammen, als er mit langen Sätzen zu ihr und Giallo herüberhastete.
»In den Wagen, sofort!«, zischte er. Als Magdalena nicht sogleich reagierte, packte er sie am Arm und zerrte sie hoch. »Machen Sie schon, Schwester.«
Magdalena riss sich los. Giallo gaffte und erhielt einen Fußtritt, der ihn in die Höhe trieb. Fabio schubste und stieß beide vor sich her, bis sie beim Trosswagen waren. Fabio schwenkte wortlos seinen Bogen, und die Cantafini-Burschen fuhren zurück, um ihn nicht über die Nasen zu bekommen. Giallo strampelte mit den Beinen, um die Rückwand des Wagens zu erklimmen. »Um Gottes willen, um Gottes willen!«, hörte Magdalena ihn stöhnen.
»Was ist passiert?«, fragte sie.
Fabio warf ihr einen Blick zu. »Sehen Sie zu, dass Sie in den Wagen kommen, Schwester. Ich werde gleich mit den meisten der Männer aufbrechen. Die, die übrig bleiben, um Sie und die anderen zu bewachen, haben Befehl, jeden Unsinn Ihrerseits im Keim zu ersticken.« Er vollführte eine Bewegung, die ein Mann machen mochte, der einem anderen seine Pike in den Leib rammte. »Passen Sie auf die Jungs und auf die anderen auf, wenn Sie kein Blut sehen wollen.« Dann hob er den Kopf und rief über sie hinweg: »Kommt mit dem Wagen nach, wenn ihr fertig seid!«
Fabio wandte sich ab und rannte davon. Magdalena war schockiert über seine Grobheit und die offensichtliche Hektik, die ihn befallen hatte. Sie sah nach oben und in die Augen Clarice Tintoris. Dann riss Clarice ihren Blick los und schaute Fabio hinterher, der sich ungeschickt auf eines der Pferde schwang. In ihrer unmittelbaren Nähe konnte Magdalena die Schwingungen der jungen Frau wieder spüren. Sie waren voller Angst. Seltsamerweise aber hatte Clarice Tintori nicht Angst um sich selbst oder ihre Mitgefangenen.
Magdalena wandte sich um und sah Fabio zu, wie er in einem Pulk mit den anderen Berittenen davonsprengte, während der Großteil der Männer ihnen zu Fuß hinterherrannte. Sie drehte sich wieder um und starrte Clarice an, aber die Augen der jungen Frau hingen an Fabios Rücken, bis dieser mit den anderen Wölfen verschwunden war.
Kapitel 18.
E s war tatsächlich ein Tanz, das wurde Lorenzo später klar. Die Musik war lautlos und spielte in ihren Köpfen, und sie spielte in jedem Kopf einen anderen Rhythmus, aber allen gemeinsam war: Der Rhythmus war schnell. Sie rannten um die Hausecke in das Dorf hinein, Corto neben Lorenzo, sie beide mitten in der Gruppe, die sich um sie herum geformt hatte, die Piken in die Höhe und nach vorn gereckt, die vordere Hand am Drittelpunkt, die hintere fast am Ende des Schafts; das Wippen der langen Stange war Lorenzo nur zu vertraut. Sie rannten, ohne einen Ton von sich zu geben, kein Kriegsgeheul, kein triumphierendes Gebrüll, kein Grölen, um die Angst herauszuschreien – ein kompakter, keuchender kleiner Haufen, der den Tod zum Ziel hatte. Worauf sie zurannten, war dies:
Ein halbes Dutzend braun und grau gekleideter Menschen, hauptsächlich alte Frauen und Männer; fünf davon standen in einer Gruppe zusammen an der Ecke eines Gebäudes, bewacht von bunt angezogenen, in die Hände klatschenden und singenden Plünderern. Eine hagere Frau mit aufgelöstem Haar rannte die Längsseite des Hauses entlang. Vor ihr und hinter ihr schlugen Armbrustbolzen in den Riet, abgefeuert von einer Linie lachender Männer, die gleichzeitig schossen und Anfeuerungsrufe brüllten. Die Frau erreichte unverletzt das andere Ende der Hütte und fiel dort vor einem wartenden Landsknecht auf die Knie; von der Gruppe am Startpunkt erhielt einer der alten Männer einen groben Kopfstoß, er taumelte nach vorn, während die Plünderer in der Feuerlinie hastig ihre Waffen spannten. Alle Dörfler sahen so aus, als hätten sie schon mehrere Durchgänge hinter sich. Lorenzo wusste, dass die Fehlschüsse beabsichtigt waren, es machte keinen Sinn, das Spielzeug zu vernichten, solange es noch in der Lage war, zum Gaudium beizutragen. Der alte Mann torkelte an der Längsfront des Hauses entlang, unverständlich stammelnd und um sein Leben bettelnd.
Sie waren fast
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