Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
Muttersprache, aber deine Eltern waren Engländer. Selbst wenn ich dir mein Vermögen vererbte, könnte man dir nach meinem Tod alles streitig machen. Frankreich und England waren niemals über längere Zeit hinweg enge Freunde, wie du weißt.«
Sie hatte schließlich genickt, fassungslos über das Angebot, das ihr hier gemacht wurde. Sie hatte bisher keinen Gedanken daran verschwendet, dass sie eines Tages nicht mehr mit ihm leben würde, dass sie nur eine Fremde war, ohne verwandtschaftliche Beziehung zu ihrem väterlichen Freund. Aber nun begann sie plötzlich zu ahnen, dass dieses schöne Leben eines Tages zu Ende sein könnte.
Sie war betroffen gewesen über die Freude in Alberts Augen, als sie seinem Vorschlag zugestimmt hatte. Er hatte sich vor sie hingekniet, ihre Hand genommen und zärtlich geküsst. Es war das erste Mal gewesen, dass seine Lippen sie berührt hatten …
Eine junge Stimme schreckte Vanessa aus ihren Erinnerungen. »Darf ich etwas für Sie tun, Mylady?« Sie sah hoch und blickte in die braunen Augen von Jack, einem der Schiffsjungen. Sie hatte sich schon früher mit ihm angefreundet, aber seit sie ihn vor einer grausamen Bestrafung durch den Captain gerettet und ihn sogar losgekauft und in ihren Dienst genommen hatte, verfolgte er sie wie ein Hündchen. Meist war er zu schüchtern, sich ihr zu nähern, saß nur in einiger Entfernung da und lächelte jedes Mal, wenn ihr Blick seinen traf. Und gelegentlich – so wie jetzt – kam er heran und fragte nach ihren Wünschen. »Nein, danke, Jack, aber es ist sehr liebenswürdig von dir.« Ein letzter bewundernder Blick, dann war er fort, und Vanessa lächelte still vor sich hin. Sie war diese Reaktion auf ihr Aussehen schon gewohnt, und in Jacks Verehrung mischte sich dazu noch Dankbarkeit.
In ihren eigenen Augen war sie keine schöne Frau und wohl nichts weniger als jene Art von Schönheit, die in Paris bewundert wurde, aber ihr Haar war gewiss außergewöhnlich und auffallend. Es hatte die Farbe goldglänzenden Weizens und fiel, wenn sie es offen trug, voll und lockig bis weit über ihre Schultern fast bis zu den Hüften. Albert hatte ihr Haar geliebt. Er war oft am Abend zu ihr ins Zimmer gekommen, hatte ihre Zofe hinausgeschickt, mit eigener Hand die Nadeln aus den schweren Flechten gezogen, sie ausfrisiert und dann mit der Elfenbeinbürste durch die Locken gestrichen, bis sie glänzten.
Rührung stieg in ihr auf, als sie daran dachte, wie er am Tag der Hochzeit, nachdem die Gäste das Haus verlassen hatten, zu ihr gekommen war.
»Meine liebste Vanessa«, hatte er gesagt, »du hast mich mit deinem Vertrauen heute zu einem sehr glücklichen Mann gemacht. Ich schwöre dir, dass ich dieses Zutrauen niemals enttäuschen werde. Du bist alt genug und hast vermutlich von deiner Amme oder einer Freundin schon gehört, was es bedeutet, verheiratet zu sein, einem Mann anzugehören. Es wäre mir …«, er atmete tief ein, zögerte, »… ich wäre überglücklich, wenn du dich jemals entscheiden könntest, mit mir zu leben wie Mann und Frau. Ich werde dich jedoch niemals zwingen oder dich auch nur zu überreden versuchen, wenn du es nicht wünscht. Dazu ist mir«, hatte er mit einem schmerzlichen Lächeln gesagt, »der Altersunterschied zwischen uns beiden zu sehr bewusst. Aber ich werde dir den Hof machen, meine geliebte junge Frau, und dich umwerben. Und wenn du eines Tages das Bett mit mir teilen willst, so wird dies für mich die Krönung unseres Zusammenlebens sein.«
Er hatte sie zart auf die Stirn geküsst, liebevoll in die Arme genommen und leicht an sich gedrückt. Sie hatte sich dieser unschuldigen Zärtlichkeit hingegeben und sich vertrauensvoll an ihn gelehnt, aber plötzlich hatte er sie losgelassen und war schwer atmend einige Schritte zurückgetreten. Als er seinen Schlafrock verlegen eng vor dem Körper zusammenzog, hatte sie bemerkt, dass sich der Stoff leicht nach vorne wölbte, und sie hatte – ungeachtet der Ungehörigkeit ihres Verhaltens – nicht ihren Blick davon lösen können. Albert hatte dann fast fluchtartig ihr Zimmer verlassen, und Vanessa hatte sich nachdenklich auf die samtüberzogene Bank vor ihren Frisierspiegel gesetzt und sich in dem Glas betrachtet. Schließlich war sie entschlossen aufgestanden, in die Garderobe gegangen, die beider Schlafzimmer miteinander verband, und hatte an seine Tür geklopft. Auf sein ›Herein‹ hin war sie eingetreten.
Er war am Fenster gestanden und hatte hinaus in die
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